13.10.2025

Grundstücksverkauf an Kulturland KG genehmigt: Kein Widerspruch zu agrarpolitischen Zielen der Bundesregierung

Die Genehmigung zu einer Veräußerung eines landwirtschaftlichen Grundstücks an einen Nichtlandwirt ist dann nicht wegen § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdStVG zu versagen, wenn der mit diesem Erwerb verfolgte Zweck Maßnahmen i.S.d. § 9 Abs. 2 GrdStVG, insbesondere den in den Agrarberichten der Bundesregierung bezeichneten Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur, nicht widerspricht. Nach dem Gesamtkonzept, das dem Kauf zugrunde liegt, muss eine zweckwidrige Verwendung der landwirtschaftlichen Flächen, insbesondere zu Spekulationszwecken, ausgeschlossen sein, damit der Gesetzeszweck nicht umgangen wird. Dafür ist nicht entscheidend auf die zur Umsetzung gewählten gesellschaftsrechtlichen Formen abzustellen ist, sondern allein darauf, ob das Gesamtkonzept die Landwirtschaft fördert.

OLG Hamm v. 7.10.2025 - 10 W 127/24
Der Sachverhalt:
Die Beteiligten zu 1) und 2) begehren die grundstücksverkehrsrechtliche Genehmigung eines Erwerbs von knapp sechs Hektar landwirtschaftlichen Grundstücken. Die Beteiligte zu 2) (eine Erbengemeinschaft) wollte die landwirtschaftlichen Flächen für 615.000 € an die Kulturland KG (Beteiligte zu 1)) verkaufen. Die KG erwirbt Flächen, um sie langfristig an aktive Landwirte zu verpachten. Im konkreten Fall soll ein Ökolandwirt (der alleinvertretungsberechtigte Komplementär der KG), der die Flächen bereits seit 2022 bewirtschaftet, einen langfristigen Pachtvertrag über 30 Jahre erhalten - mit Verlängerungsoption.

Auch ein anderer Landwirt hatte Interesse am Kauf, um seinen Betrieb zu vergrößern. Die Landwirtschaftskammer lehnte deshalb die Genehmigung des Kaufvertrags zwischen den Beteiligten ab: Ein Landwirt, der Eigentum erwerben wolle, sei gegenüber einer Gesellschaft, die nur verpachte, zu bevorzugen.

Das AG gab der hiergegen gerichteten Klage der Beteiligten statt, hob den ablehnenden Bescheid der Landwirtschaftskammer auf und erteilte die Grundstücksverkehrsgenehmigung für den zu schließenden Kaufvertrag zwischen den Beteiligten. Die Beschwerde hatte vor dem OLG keinen Erfolg. Die Rechtsbeschwerde zum BGH wurde zugelassen, da es bislang keine obergerichtliche Entscheidung zum sog. "Kulturland-Konzept" gibt.

Die Gründe:
Es ist zwar in der Regel richtig, Verkäufe an Nicht-Landwirte kritisch zu prüfen. Vorliegend spricht jedoch die besondere Struktur der Kulturland KG gegen die Gefahr einer spekulativen Nutzung.

Nach dem Grundstücksverkehrsgesetz (GrdstVG) muss jeder Verkauf größerer landwirtschaftlicher Flächen von der Landwirtschaftsbehörde genehmigt werden. Der Grund: Acker- und Weideflächen sollen nicht zu Spekulationsobjekten werden, sondern in erster Linie Landwirten zur Verfügung stehen, die sie selbst bewirtschaften. Die Behörde prüft deshalb, ob ein Verkauf die landwirtschaftliche Struktur vor Ort stärkt oder schwächt - und kann ihn untersagen, wenn eine "ungesunde Verteilung von Grund und Boden" droht. Gem. § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG darf die Genehmigung nur versagt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen sich ergibt, dass die Veräußerung eine ungesunde Verteilung von Grund und Boden bedeutet. Eine ungesunde Verteilung in diesem Sinne liegt nach § 9 Abs. 2 GrdstVG in der Regel dann vor, wenn die Veräußerung Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur widerspricht.

Im Streitfall ist der Pächter, ein Ökolandwirt, zugleich alleinvertretungsberechtigter Gesellschafter der KG. Kommanditistin ist die Kulturland eG, eine Genossenschaft, die Flächen gemeinschaftlich erwerben und dauerhaft Landwirten zur Verfügung stellen will, ohne Gewinnerzielungsabsicht. Die Genehmigung zu einer Veräußerung eines landwirtschaftlichen Grundstücks an einen Nichtlandwirt ist dann nicht wegen § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdStVG zu versagen, wenn der mit diesem Erwerb verfolgte Zweck Maßnahmen im Sinne des § 9 Abs. 2 GrdStVG, insbesondere den in den Agrarberichten der Bundesregierung bezeichneten Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur, nicht widerspricht. Die Zielsetzung des Grundstückserwerbers, angehenden oder bereits tätigen Landwirten, denen angesichts der gestiegenen Bodenpreise ein eigener Flächenerwerb finanziell nicht möglich ist, Pachtland zur Verfügung zu stellen, steht mit den agrarpolitischen Zielen der Bundesregierung in dem aktuellen agrarpolitischen Bericht aus dem Jahr 2023 in Einklang.

Nach dem Gesamtkonzept, das dem Kauf zugrundeliegt, muss eine zweckwidrige Verwendung der landwirtschaftlichen Flächen, insbesondere zu Spekulationszwecken, ausgeschlossen sein, damit der Gesetzeszweck des § 9 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 GrdstVG nicht umgangen wird. Dafür ist nicht entscheidend auf die zur Umsetzung gewählten gesellschaftsrechtlichen Formen abzustellen ist, sondern allein darauf, ob das Gesamtkonzept die Landwirtschaft fördert. Die Zuwendung des Eigentums einer landwirtschaftlichen Fläche an einen Nicht-Landwirt darf nicht dazu führen, dass die Flächen Objekte der Gewinnerzielung sind und der Nicht-Landwirt-Eigentümer so in die Lage versetzt wird, die Preise für landwirtschaftliche Flächen über die Kalkulation von Pachtzinsen oder Verkaufserlösen mitzugestalten oder zu beeinflussen. Diese Gefahr besteht nicht, wenn - wie hier - die erwerbende Gesellschaft von ihrem Pächter, dem Landwirt als dem alleinigen Komplementär, beherrscht wird und bei der das Geschäft finanzierenden Genossenschaft eine Gewinnerzielungsabsicht nach ihrer Satzung ausgeschlossen ist.

Hier war die Idee einer modernen Allmende, wie sie durch die Kulturland KG und die Kulturland eG verfolgt wird, zu würdigen: Die gemeinschaftliche Sicherung von Boden als Ressource für die Allgemeinheit - insbesondere für bäuerliche Betriebe - steht hier im Vordergrund. Die Flächen sollen nicht dem freien Markt überlassen, sondern dauerhaft für eine gemeinwohlorientierte Nutzung gesichert werden.

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OLG Hamm PM vom 7.10.2025