Nachreichung einer der Anmeldung einer Umwandlung beizufügenden Schlussbilanz des übertragenden Rechtsträgers
BGH v. 18.3.2025 - II ZB 1/24
Der Sachverhalt:
Die Beteiligte, eine im Handelsregister des AG Düsseldorf eingetragene GmbH, beantragte am 30.8.2023, ihre Verschmelzung zum Stichtag 31.12.2022 unter Auflösung der Gesellschaft ohne Abwicklung im Wege der Aufnahme durch Übertragung des Gesellschaftsvermögens als Ganzes auf ihren (bisherigen) Geschäftsführer und Alleingesellschafter (§ 2 Nr. 1, § 120 UmwG) in das Handelsregister einzutragen. Dem Antrag beigefügt waren die Anmeldung durch den Geschäftsführer und der Verschmelzungsvertrag samt Verschmelzungsbeschluss, jeweils datierend vom 29.8.2023, sowie eine auf den Stichtag 31.8.2022 aufgestellte, am 24.3.2023 festgestellte Bilanz der Beteiligten.
Das AG - Registergericht - wies die Beteiligte mit Zwischenverfügung vom 1.9.2023 darauf hin, dass der Anmeldung nicht entsprochen werden könne, weil hinsichtlich der Bilanz die Achtmonatsfrist des § 17 Abs. 2 Satz 4 UmwG nicht eingehalten sei. Nach fruchtlosem Ablauf der der Beteiligten gesetzten Stellungnahmefrist von einem Monat wies das AG den Eintragungsantrag mit Beschluss vom 10.10.2023 unter Bezugnahme auf die Zwischenverfügung zurück. Die Beteiligte legte gegen den Beschluss am 8.11.2023 Beschwerde ein, mit der sie eine am 27.10.2023 von der Gesellschafterversammlung festgestellte und vom Geschäftsführer unterzeichnete Bilanz zum Stichtag 31.12.2022 einreichte. Das AG half der Beschwerde nicht ab, das OLG wies sie zurück.
Die Rechtsbeschwerde der Beteiligten hatte vor dem BGH keinen Erfolg.
Die Gründe:
Das OLG hat die Beschwerde der Beteiligten gegen die Ablehnung der Eintragung ihrer Verschmelzung mit unzutreffender Begründung, im Ergebnis aber zu Recht zurückgewiesen.
Die Annahme des OLG, § 17 Abs. 2 Satz 1 und Satz 4 UmwG erforderten zwingend eine am Tag der Handelsregisteranmeldung bereits vorhandene Schlussbilanz des übertragenden Rechtsträgers, trifft nicht zu. Es entspricht allgemeiner Meinung, dass die Anmeldung einer Verschmelzung nicht so vollständig bei Gericht eingehen muss, dass sie ohne Weiteres zur Eintragung der Verschmelzung führen kann, sondern fehlende Unterlagen auch - ggf. auf entsprechende Zwischenverfügung des Gerichts - noch nachgereicht werden können. Dem liegt zugrunde, dass es rechtsstaatlich mit Blick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz geboten ist, dem Antragsteller vor einer endgültigen Antragszurückweisung die Möglichkeit zu geben, etwaige behebbare Fehler und Mängel kurzfristig bzw. binnen einer angemessenen Frist zu beheben. Streitig ist allerdings, ob und unter welchen Voraussetzungen das auch für die nach § 17 Abs. 2 UmwG einzureichende Schlussbilanz des übertragenden Rechtsträgers gilt, d.h. ob ihr Fehlen bei der Anmeldung einer Verschmelzung ein behebbares Eintragungshindernis darstellt.
Eine Auffassung verneint dies, weil die Schlussbilanz zu den essentialia eines Umwandlungsvorgangs gehöre, die "innerhalb der Frist des § 17 Abs. 2 Satz 4 UmwG beim Registergericht eingegangen" sein müssten und deren Nachreichung der Intention des Gesetzgebers und der Funktion der Schlussbilanz widerspräche. § 17 Abs. 2 Satz 4 UmwG sei eine Ausschlussfrist, so dass selbst eine geringfügig verspätete Vorlage schade und auch eine Wiedereinsetzung grundsätzlich ausscheide. Die wohl überwiegende Meinung hält dagegen eine Nachreichung der Schlussbilanz für zulässig, sofern diese Nachreichung alsbald oder kurzfristig bzw. zeitnah erfolgt. Nach dieser Ansicht gehören nur der Verschmelzungsvertrag, die Verschmelzungsbeschlüsse und die erforderlichen Zustimmungserklärungen zu den zwingend mit der Anmeldung einzureichenden essentialia einer Verschmelzung, die dem Registergericht die Prüfung ermöglichen (sollen), ob eine eintragungsfähige Tatsache vorliegt, wohingegen der Schlussbilanz keine vergleichbare grundlegende Bedeutung für den Umwandlungsvorgang beizumessen sei.
Soweit eine Nachreichung der Schlussbilanz danach grundsätzlich für zulässig erachtet wird, ist weiter streitig, ob und ggf. inwieweit die nachgereichte Bilanz zum Zeitpunkt der Anmeldung bereits erstellt gewesen sein muss. Nach einer Ansicht ist nur die zeitnahe Nachreichung einer innerhalb der Achtmonatsfrist festgestellten Bilanz zulässig, weil § 17 Abs. 2 UmwG gewährleisten solle, dass sich die Eintragung der Verschmelzung nicht aufgrund von im Verantwortungsbereich der verschmelzenden Rechtsträger liegender Verzögerungen zeitlich zu weit vom Umwandlungsstichtag bzw. von der mit der Schlussbilanz erstellten Information über den Vermögensstand des übertragenden Rechtsträgers entferne. Nach der Gegenansicht kann eine als solche stichtagsgerechte Schlussbilanz bei rechtzeitiger Anmeldung auf entsprechende Zwischenverfügung des Registergerichts auch dann noch nachgereicht werden, wenn sie zum Zeitpunkt der Anmeldung noch nicht erstellt war.
Der Senat schließt sich der letztgenannten Ansicht an. Die nach § 17 Abs. 2 Satz 1 UmwG der Anmeldung einer Umwandlung beizufügende Schlussbilanz des übertragenden Rechtsträgers kann auch nachgereicht werden, sofern dies zeitnah nach der Anmeldung geschieht. Das gilt unabhängig davon, ob die nachgereichte Schlussbilanz im Zeitpunkt der Anmeldung bereits erstellt war. Die Achtmonatsfrist des § 17 Abs. 2 Satz 4 UmwG gilt nur für den Abstand zwischen dem Stichtag der einzureichenden Bilanz und der Anmeldung der Umwandlung, nicht aber auch für den Abstand zwischen dem Stichtag der Bilanz und ihrer Erstellung oder Einreichung bei Gericht.
Das AG hat hier die Eintragung der Verschmelzung der Beteiligten im Ergebnis zu Recht abgelehnt. Die Beteiligte hat die stichtagsgerechte Schlussbilanz vom 27.10.2023 nicht zeitnah nach der Anmeldung nachgereicht. Die Nachreichung ist als zeitnah anzusehen, wenn sie innerhalb einer durch Zwischenverfügung nach § 382 Abs. 4 Satz 1 FamFG, § 25 Abs. 1 Satz 3 HRV gesetzten angemessenen Frist erfolgt. Die mit einem Monat bemessene Frist, deren Verlängerung die Beteiligte nicht beantragt hat, war vorliegend angemessen.
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Die Beteiligte, eine im Handelsregister des AG Düsseldorf eingetragene GmbH, beantragte am 30.8.2023, ihre Verschmelzung zum Stichtag 31.12.2022 unter Auflösung der Gesellschaft ohne Abwicklung im Wege der Aufnahme durch Übertragung des Gesellschaftsvermögens als Ganzes auf ihren (bisherigen) Geschäftsführer und Alleingesellschafter (§ 2 Nr. 1, § 120 UmwG) in das Handelsregister einzutragen. Dem Antrag beigefügt waren die Anmeldung durch den Geschäftsführer und der Verschmelzungsvertrag samt Verschmelzungsbeschluss, jeweils datierend vom 29.8.2023, sowie eine auf den Stichtag 31.8.2022 aufgestellte, am 24.3.2023 festgestellte Bilanz der Beteiligten.
Das AG - Registergericht - wies die Beteiligte mit Zwischenverfügung vom 1.9.2023 darauf hin, dass der Anmeldung nicht entsprochen werden könne, weil hinsichtlich der Bilanz die Achtmonatsfrist des § 17 Abs. 2 Satz 4 UmwG nicht eingehalten sei. Nach fruchtlosem Ablauf der der Beteiligten gesetzten Stellungnahmefrist von einem Monat wies das AG den Eintragungsantrag mit Beschluss vom 10.10.2023 unter Bezugnahme auf die Zwischenverfügung zurück. Die Beteiligte legte gegen den Beschluss am 8.11.2023 Beschwerde ein, mit der sie eine am 27.10.2023 von der Gesellschafterversammlung festgestellte und vom Geschäftsführer unterzeichnete Bilanz zum Stichtag 31.12.2022 einreichte. Das AG half der Beschwerde nicht ab, das OLG wies sie zurück.
Die Rechtsbeschwerde der Beteiligten hatte vor dem BGH keinen Erfolg.
Die Gründe:
Das OLG hat die Beschwerde der Beteiligten gegen die Ablehnung der Eintragung ihrer Verschmelzung mit unzutreffender Begründung, im Ergebnis aber zu Recht zurückgewiesen.
Die Annahme des OLG, § 17 Abs. 2 Satz 1 und Satz 4 UmwG erforderten zwingend eine am Tag der Handelsregisteranmeldung bereits vorhandene Schlussbilanz des übertragenden Rechtsträgers, trifft nicht zu. Es entspricht allgemeiner Meinung, dass die Anmeldung einer Verschmelzung nicht so vollständig bei Gericht eingehen muss, dass sie ohne Weiteres zur Eintragung der Verschmelzung führen kann, sondern fehlende Unterlagen auch - ggf. auf entsprechende Zwischenverfügung des Gerichts - noch nachgereicht werden können. Dem liegt zugrunde, dass es rechtsstaatlich mit Blick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz geboten ist, dem Antragsteller vor einer endgültigen Antragszurückweisung die Möglichkeit zu geben, etwaige behebbare Fehler und Mängel kurzfristig bzw. binnen einer angemessenen Frist zu beheben. Streitig ist allerdings, ob und unter welchen Voraussetzungen das auch für die nach § 17 Abs. 2 UmwG einzureichende Schlussbilanz des übertragenden Rechtsträgers gilt, d.h. ob ihr Fehlen bei der Anmeldung einer Verschmelzung ein behebbares Eintragungshindernis darstellt.
Eine Auffassung verneint dies, weil die Schlussbilanz zu den essentialia eines Umwandlungsvorgangs gehöre, die "innerhalb der Frist des § 17 Abs. 2 Satz 4 UmwG beim Registergericht eingegangen" sein müssten und deren Nachreichung der Intention des Gesetzgebers und der Funktion der Schlussbilanz widerspräche. § 17 Abs. 2 Satz 4 UmwG sei eine Ausschlussfrist, so dass selbst eine geringfügig verspätete Vorlage schade und auch eine Wiedereinsetzung grundsätzlich ausscheide. Die wohl überwiegende Meinung hält dagegen eine Nachreichung der Schlussbilanz für zulässig, sofern diese Nachreichung alsbald oder kurzfristig bzw. zeitnah erfolgt. Nach dieser Ansicht gehören nur der Verschmelzungsvertrag, die Verschmelzungsbeschlüsse und die erforderlichen Zustimmungserklärungen zu den zwingend mit der Anmeldung einzureichenden essentialia einer Verschmelzung, die dem Registergericht die Prüfung ermöglichen (sollen), ob eine eintragungsfähige Tatsache vorliegt, wohingegen der Schlussbilanz keine vergleichbare grundlegende Bedeutung für den Umwandlungsvorgang beizumessen sei.
Soweit eine Nachreichung der Schlussbilanz danach grundsätzlich für zulässig erachtet wird, ist weiter streitig, ob und ggf. inwieweit die nachgereichte Bilanz zum Zeitpunkt der Anmeldung bereits erstellt gewesen sein muss. Nach einer Ansicht ist nur die zeitnahe Nachreichung einer innerhalb der Achtmonatsfrist festgestellten Bilanz zulässig, weil § 17 Abs. 2 UmwG gewährleisten solle, dass sich die Eintragung der Verschmelzung nicht aufgrund von im Verantwortungsbereich der verschmelzenden Rechtsträger liegender Verzögerungen zeitlich zu weit vom Umwandlungsstichtag bzw. von der mit der Schlussbilanz erstellten Information über den Vermögensstand des übertragenden Rechtsträgers entferne. Nach der Gegenansicht kann eine als solche stichtagsgerechte Schlussbilanz bei rechtzeitiger Anmeldung auf entsprechende Zwischenverfügung des Registergerichts auch dann noch nachgereicht werden, wenn sie zum Zeitpunkt der Anmeldung noch nicht erstellt war.
Der Senat schließt sich der letztgenannten Ansicht an. Die nach § 17 Abs. 2 Satz 1 UmwG der Anmeldung einer Umwandlung beizufügende Schlussbilanz des übertragenden Rechtsträgers kann auch nachgereicht werden, sofern dies zeitnah nach der Anmeldung geschieht. Das gilt unabhängig davon, ob die nachgereichte Schlussbilanz im Zeitpunkt der Anmeldung bereits erstellt war. Die Achtmonatsfrist des § 17 Abs. 2 Satz 4 UmwG gilt nur für den Abstand zwischen dem Stichtag der einzureichenden Bilanz und der Anmeldung der Umwandlung, nicht aber auch für den Abstand zwischen dem Stichtag der Bilanz und ihrer Erstellung oder Einreichung bei Gericht.
Das AG hat hier die Eintragung der Verschmelzung der Beteiligten im Ergebnis zu Recht abgelehnt. Die Beteiligte hat die stichtagsgerechte Schlussbilanz vom 27.10.2023 nicht zeitnah nach der Anmeldung nachgereicht. Die Nachreichung ist als zeitnah anzusehen, wenn sie innerhalb einer durch Zwischenverfügung nach § 382 Abs. 4 Satz 1 FamFG, § 25 Abs. 1 Satz 3 HRV gesetzten angemessenen Frist erfolgt. Die mit einem Monat bemessene Frist, deren Verlängerung die Beteiligte nicht beantragt hat, war vorliegend angemessen.
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