29.08.2023

PKH-Antrag des Insolvenzverwalters einer GmbH & Co. KG

Das OLG München hat sich vorliegend mit dem Antrag des Insolvenzverwalters einer GmbH & Co. KG auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe befasst, den dieser gestellt hat, um gegen die ehemalige Wirtschafsprüferin der Insolvenzschuldnerin Haftungsansprüche wegen eines Insolvenzverschleppungsschadens geltend machen zu können.

OLG München v. 11.8.2023 - 5 W 774/23e
Der Sachverhalt:
Der Antragsteller begehrt als Insolvenzverwalter der xy-GmbH & Co. KG die Bewilligung von Prozesskostenhilfe, um gegen die Antragsgegnerin als ehemalige Wirtschafsprüferin der Insolvenzschuldnerin Haftungsansprüche wegen eines Insolvenzverschleppungsschadens geltend machen zu können.

Das LG lehnte mit Beschluss vom 22.5.2023 den Antrag des Antragstellers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ab und führte zur Begründung aus, der Hauptantrag auf Feststellung scheitere bereits am fehlenden Feststellungsinteresse, zudem lägen sowohl bzgl. des Hauptantrags als auch bzgl. des Hilfsantrags keine hinreichenden Erfolgsaussichten vor. Eine Pflichtverletzung auf Seiten der Antragsgegnerin sei aufgrund des bislang vorgetragenen Sachverhalts nicht anzunehmen, ebenso liege ein ausreichend nachvollziehbarer Sachvortrag des Antragstellers zur Kausalität einer eventuellen Pflichtverletzung nicht vor; schließlich sei ein etwaiger Schadensersatzanspruch infolge eines der Insolvenzschuldnerin analog § 31 BGB zuzurechnenden Mitverschuldens ihres Geschäftsführers nach § 254 Abs. 1 BGB ausgeschlossen.

Der Beschluss wurde dem Antragsteller am 25.5.2023 zugestellt. Mit Schriftsatz vom 23.6.2023, bei Gericht eingegangen am 26.6.2023, hat der Antragsteller sofortige Beschwerde eingelegt. Im Beschwerdeverfahren trägt der Antragsteller vor, es befänden sich eine Vielzahl von Gesellschaften der xy-Gruppe, die von privaten Anlegern Gelder mittels Nachrangdarlehen eingeworben hätten, in Insolvenz, und in all diesen Insolvenzverfahren erfolge eine Haftungsinanspruchnahme des jeweiligen Steuerberaters und ggf. auch Wirtschaftsprüfers mit identischer Begründung. Im Verfahren 4 O 16132/22 vor dem LG München I sei ebenfalls der PKH-Antrag des Insolvenzverwalters abgewiesen worden, das OLG München (15 W 526/23 e) habe jedoch den Beschluss aufgehoben und Prozesskostenhilfe bewilligt. Die Sachverhalte und Verfahren seien vollkommen identisch gelagert und sollten deshalb nicht unterschiedlich behandelt werden.

Das LG hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen. Vor dem OLG hatte sie ebenfalls keinen Erfolg.

Die Gründe:
Zunächst ist klarzustellen, dass der vom Antragsteller behauptete Gleichlauf mit Sachverhalt und Verfahren der Beschwerdeentscheidung des OLG München, Az. 15 W 526/23 e, nicht vorliegt. Die Gefahr divergierender Entscheidungen besteht daher nicht. Mit dem LG ist davon auszugehen, dass nach dem bisherigen Parteivortrag eine Pflichtverletzung der Antragsgegnerin nicht vorliegt und schon deshalb eine hinreichende Erfolgsaussicht nicht besteht.

Der mit der Erstellung eines Jahresabschlusses für eine GmbH beauftragte Steuerberater hat die Mandantin auf einen möglichen Insolvenzgrund und die daran anknüpfende Prüfungspflicht ihres Geschäftsführers hinzuweisen, wenn entsprechende Anhaltspunkte offenkundig sind und er annehmen muss, dass die mögliche Insolvenzreife der Mandantin nicht bewusst ist. Das OLG Düsseldorf hat eine entsprechende Pflicht auch für Wirtschaftsprüfer bejaht. Vorliegend scheidet eine Pflichtverletzung der Antragsgegnerin aber bereits deshalb aus, weil sie aufgrund der eindeutigen Formulierung im Lagebericht davon ausgehen konnte, dass der Geschäftsleitung das Insolvenzrisiko in Abhängigkeit von der Wirksamkeit der Rangrücktrittsklauseln in den Nachrangdarlehen bekannt war.

Die Frage, in welcher Form qualifizierte Nachrangdarlehen auch gegenüber Verbrauchern wirksam sein können, ist bis heute nicht abschließend geklärt, zumal der BGH in seiner Entscheidung vom 6.12.2018 (IX ZR 143/17) in Rn. 36 die Bedingungen aufzählt, die für eine hinreichende Transparenz einer solchen Klausel erfüllt sein müssen, was darauf schließen lässt, dass es aus Sicht des 9. Zivilsenats durchaus gegenüber Verbrauchern wirksame qualifizierte Nachrangvereinbarungen geben kann. Die Unwirksamkeit der von der Insolvenzschuldnerin verwendeten Nachrangklauseln war auch unter Zugrundelegung der genannten BGH-Entscheidung für die Antragsgegnerin nicht ohne weiteres erkennbar.

Schließlich liegt eine hinreichende Erfolgsaussicht auch deshalb nicht vor, weil der Antragsteller weder nachvollziehbar vorgetragen noch erfolgversprechend unter Beweis gestellt hat, dass die Geschäftsführung bei einem entsprechenden Hinweis der Beklagten umgehend, jedenfalls nicht erst wie geschehen am 5.4.2022, einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt hätte. Prozesskostenhilfe darf nach gefestigter Rechtsprechung des BVerfG dann versagt werden, wenn konkrete und nachvollziehbare Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Beweisaufnahme mit großer Wahrscheinlichkeit zum Nachteil des Antragstellers ausgehen würde. Die herrschende Auffassung der Rechtsprechung der Fachgerichte, dass eine Beweisantizipation in eng begrenztem Rahmen zulässig ist, hat das BVerfG bereits mehrfach unbeanstandet gelassen.

Vorliegend hat der damalige Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin selbst nach den für die xy-Gruppe nachteiligen erstinstanzlichen Urteilen gegenüber zwei ebenfalls vom ihm als Geschäftsführer geleiteten Gesellschaften der xy-Gruppe keinen Insolvenzantrag gestellt, sondern stattdessen Rechtsgutachten erholt und auf deren Grundlage Berufung eingelegt und im Übrigen die von ihm geleiteten Gesellschaften der xy-Gruppe fortgeführt; der Antragsgegnerin hat er die Rechtsgutachten mit Schreiben vom 20.8.2020 zugeleitet und mitgeteilt: "Wir haben daher bei allen Festzinsprodukten weiterhin mit dem Ansatz der Wirksamkeit der Nachrangklauseln bilanziert." Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass bei Erteilung des vom Antragsteller geforderten Hinweises (oder bei Erteilung eines Versagungsvermerkes) durch die Antragsgegnerin seitens des Zeugen genauso verfahren worden wäre.

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