Streitwertfestsetzung nach § 247 AktG bei einer SE
OLG München v. 10.9.2025 - 33 W 1034/24 e
Der Sachverhalt:
Die Antragstellerin begehrte mit Antrag vom 14.5.2025 von der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Verfügung, es zu unterlassen, den in der Hauptversammlung vom 12.5.2025 gefassten Gewinnverwendungsbeschluss über die Ausschüttung einer Dividende von 30 Mio. € zu vollziehen. Das Verfahren endete durch Rücknahme des Antrags.
Die Antragsgegnerin ist eine Gesellschaft in der Rechtsform der SE mit einem Grundkapital von rd. 144.000 €. Die Antragstellerin ist an der Antragsgegnerin mit 32.850 Aktien beteiligt, welche rd. 22,8% des Grundkapitals repräsentieren.
Das LG setzte den Streitwert des Verfügungsverfahrens auf 2,28 Mio. € fest. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragsgegnerin, mit der sie die Festsetzung des Streitwerts auf 20 Mio. € erstrebt. Die Beschwerde hatte weder vor dem LG noch vor dem OLG Erfolg.
Die Gründe:
Die Streitwertfestsetzung nach § 247 AktG (der für die SE entsprechend herangezogen werden kann) richtet sich nach billigem Ermessen, wobei die Kriterien für die Ermessensausübung nach den Sätzen 1 und 2 des Absatzes 1 der Vorschrift vorgegeben sind. Ermessensfehler des LG sind nicht ersichtlich.
Nicht zu beanstanden ist der methodische Ansatz des LG, zunächst den Streitwert eines hypothetischen Hauptsacheverfahrens zu ermitteln und vom Ergebnis einen Abschlag im Hinblick darauf vorzunehmen, dass vorliegend nur eine vorläufige Regelung streitgegenständlich war. Hauptsacheverfahren für das vorliegende Verfügungsverfahren wäre eine Klage auf Nichtigerklärung des gefassten Gewinnverwendungsbeschlusses. Der vom LG vorgenommene Ansatz eines hypothetischen Streitwerts von 6,84 Mio. € erscheint nicht ermessensfehlerhaft. Insbesondere wurden dabei die Kriterien des § 247 Abs. 1 AktG zutreffend angewendet.
Zu Satz 1 des § 247 Abs. 1 AktG erkennt das LG, dass in die Ermittlung der Umstände des Einzelfalles bzw. der Bedeutung der Sache für die Parteien nicht nur die Interessen des klagenden Aktionärs und der Gesellschaft, sondern wegen der Rechtskrafterstreckung des § 248 AktG auch diejenigen der übrigen Aktionäre einzubeziehen sind. Dass das LG auf dieser Basis im Einklang mit der Rechtsprechung des erkennenden Senats den Vermögenswert der beschlussgegenständlichen Maßnahme, also die zu beschließende Gewinnausschüttung von 30 Mio. € ansetzt, lässt Ermessensfehler nicht erkennen.
Rechtsfehlerfrei hat das LG auch angenommen, dass der sich nach Satz 1 der Vorschrift ergebende Wert eine Deckelung durch Satz 2 erfährt. Rechnerisch richtig geht es davon aus, dass der hiernach maßgebliche Wert von 1/10 des Grundkapitals der Antragsgegnerin rd. 14.400 € betragen würde. Konsequent prüft es sodann, ob die Bedeutung der Sache für die Antragstellerin höher zu bewerten ist (§ 247 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 AktG), und kommt hiernach zu einer Bewertung der Hauptsache mit 6,84 Mio. €. Dieser Betrag entspricht rechnerisch dem Anteil von 22,8 % der Antragstellerin am auszuschüttenden Gewinn von 30 Mio. €. Auch dies lässt Ermessensfehler nicht erkennen. Rechtlich zutreffend geht das LG auch davon aus, dass für die Überschreitung des Deckelungsbetrags ausschließlich die Interessen des Anfechtenden maßgeblich sind. Von daher erscheint es konsequent, wenn man die Interessen aller Beteiligter nach Satz 1 der Vorschrift mit dem Vermögenswert der beschlussgegenständlichen Maßnahme bewertet, die Interessen des Anfechtenden mit seinem Anteil daran zu bewerten.
Nicht zu beanstanden ist auch der Ansatz eines Bruchteils von 1/3 des Hauptsachestreitwerts für das vorliegende Verfügungsverfahren, so dass sich ein Betrag von 2,28 Mio. € ergab. Im Verfügungsverfahren hätte die Antragstellerin allenfalls eine vorläufige Regelung, befristet bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens erreichen können (konkret: eine vorläufige Untersagung der Gewinnausschüttung). Das Interesse hieran ist denknotwendig geringer als eine im Hauptsacheverfahren abstrakt denkbare endgültige (rechtskräftige) Verhinderung der Gewinnausschüttung. Dem hat das LG konsequent durch einen Abschlag vom Hauptsachestreitwert Rechnung getragen. Die Bemessung dieses Abschlags mit 2/3 des Hauptsachestreitwerts lässt Ermessensfehler nicht erkennen.
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Bayern.Recht
Die Antragstellerin begehrte mit Antrag vom 14.5.2025 von der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Verfügung, es zu unterlassen, den in der Hauptversammlung vom 12.5.2025 gefassten Gewinnverwendungsbeschluss über die Ausschüttung einer Dividende von 30 Mio. € zu vollziehen. Das Verfahren endete durch Rücknahme des Antrags.
Die Antragsgegnerin ist eine Gesellschaft in der Rechtsform der SE mit einem Grundkapital von rd. 144.000 €. Die Antragstellerin ist an der Antragsgegnerin mit 32.850 Aktien beteiligt, welche rd. 22,8% des Grundkapitals repräsentieren.
Das LG setzte den Streitwert des Verfügungsverfahrens auf 2,28 Mio. € fest. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragsgegnerin, mit der sie die Festsetzung des Streitwerts auf 20 Mio. € erstrebt. Die Beschwerde hatte weder vor dem LG noch vor dem OLG Erfolg.
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Die Streitwertfestsetzung nach § 247 AktG (der für die SE entsprechend herangezogen werden kann) richtet sich nach billigem Ermessen, wobei die Kriterien für die Ermessensausübung nach den Sätzen 1 und 2 des Absatzes 1 der Vorschrift vorgegeben sind. Ermessensfehler des LG sind nicht ersichtlich.
Nicht zu beanstanden ist der methodische Ansatz des LG, zunächst den Streitwert eines hypothetischen Hauptsacheverfahrens zu ermitteln und vom Ergebnis einen Abschlag im Hinblick darauf vorzunehmen, dass vorliegend nur eine vorläufige Regelung streitgegenständlich war. Hauptsacheverfahren für das vorliegende Verfügungsverfahren wäre eine Klage auf Nichtigerklärung des gefassten Gewinnverwendungsbeschlusses. Der vom LG vorgenommene Ansatz eines hypothetischen Streitwerts von 6,84 Mio. € erscheint nicht ermessensfehlerhaft. Insbesondere wurden dabei die Kriterien des § 247 Abs. 1 AktG zutreffend angewendet.
Zu Satz 1 des § 247 Abs. 1 AktG erkennt das LG, dass in die Ermittlung der Umstände des Einzelfalles bzw. der Bedeutung der Sache für die Parteien nicht nur die Interessen des klagenden Aktionärs und der Gesellschaft, sondern wegen der Rechtskrafterstreckung des § 248 AktG auch diejenigen der übrigen Aktionäre einzubeziehen sind. Dass das LG auf dieser Basis im Einklang mit der Rechtsprechung des erkennenden Senats den Vermögenswert der beschlussgegenständlichen Maßnahme, also die zu beschließende Gewinnausschüttung von 30 Mio. € ansetzt, lässt Ermessensfehler nicht erkennen.
Rechtsfehlerfrei hat das LG auch angenommen, dass der sich nach Satz 1 der Vorschrift ergebende Wert eine Deckelung durch Satz 2 erfährt. Rechnerisch richtig geht es davon aus, dass der hiernach maßgebliche Wert von 1/10 des Grundkapitals der Antragsgegnerin rd. 14.400 € betragen würde. Konsequent prüft es sodann, ob die Bedeutung der Sache für die Antragstellerin höher zu bewerten ist (§ 247 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 AktG), und kommt hiernach zu einer Bewertung der Hauptsache mit 6,84 Mio. €. Dieser Betrag entspricht rechnerisch dem Anteil von 22,8 % der Antragstellerin am auszuschüttenden Gewinn von 30 Mio. €. Auch dies lässt Ermessensfehler nicht erkennen. Rechtlich zutreffend geht das LG auch davon aus, dass für die Überschreitung des Deckelungsbetrags ausschließlich die Interessen des Anfechtenden maßgeblich sind. Von daher erscheint es konsequent, wenn man die Interessen aller Beteiligter nach Satz 1 der Vorschrift mit dem Vermögenswert der beschlussgegenständlichen Maßnahme bewertet, die Interessen des Anfechtenden mit seinem Anteil daran zu bewerten.
Nicht zu beanstanden ist auch der Ansatz eines Bruchteils von 1/3 des Hauptsachestreitwerts für das vorliegende Verfügungsverfahren, so dass sich ein Betrag von 2,28 Mio. € ergab. Im Verfügungsverfahren hätte die Antragstellerin allenfalls eine vorläufige Regelung, befristet bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens erreichen können (konkret: eine vorläufige Untersagung der Gewinnausschüttung). Das Interesse hieran ist denknotwendig geringer als eine im Hauptsacheverfahren abstrakt denkbare endgültige (rechtskräftige) Verhinderung der Gewinnausschüttung. Dem hat das LG konsequent durch einen Abschlag vom Hauptsachestreitwert Rechnung getragen. Die Bemessung dieses Abschlags mit 2/3 des Hauptsachestreitwerts lässt Ermessensfehler nicht erkennen.
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