24.10.2023

Übergang von Kommanditbeteiligungen: Recht auf Abgabe von Erklärungen gegenüber dem Handelsregister?

Das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis ist notwendige Voraussetzung für eine Klage und fehlt, wenn eine Klage objektiv schlechthin sinnlos ist, wenn der Kläger unter keinen Umständen mit seinem prozessualen Begehren irgendeinen schutzwürdigen Vorteil erlangen kann. Das Handelsregister würde auf Grundlage einer privaten Rechtsauffassung nicht eine Übertragung der Anteile vornehmen, sondern nur durch eine Willenserklärung, die auch tatsächlich eine Übertragung ausspricht.

LG Bielefeld v. 7.9.2023 - 6 O 190/23
Der Sachverhalt:
Die Kläger waren mit Frau B. die drei Kommanditisten der Firma C. & D.  GmbH & Co.KG. Die Beteiligung von Frau B. betrug 5.000 € und die der Kläger jeweils 2.500 €. Der Firma lag ein Gesellschaftsvertrag vom 18.1.2015 zugrunde. Dort heißt es auszugsweise:

§ 14 Regelung der Erbfolge
(1)   Scheidet ein Gesellschafter durch Tod aus der Gesellschaft aus, so ist diese mit den bisherigen Gesellschaftern sowie mit sämtlichen Erben und Vermächtnisnehmern, die der Verstorbene als Nachfolger bestimmt hat bzw. die von Gesetzes wegen nachfolgen, als Kommanditisten fortzusetzen.

Der Erbe hat sich danach gegenüber der Gesellschaft zu legitimieren.

(2)   Die Mitgesellschafter können beschließen Erben oder Vermächtnisnehmer des verstorbenen Gesellschafters sowie Mitgesellschafter abzufinden. Eine entsprechende Erklärung muss an die Erben bzw. Vermächtnisnehmer des Verstorbenen innerhalb von 6 Monaten nach deren Legitimation abgeschickt werden. Die abzufindenden Erben und Vermächtnisnehmer sind sodann berechtigt und verpflichtet, die auf sie entfallende Beteiligung auf die Mitgesellschafter im Verhältnis ihrer Kapitaleinlagen zu übertragen. Soweit Mitgesellschafter hiervon keinen Gebrauch machen, steht das Übernahmerecht dem oder den anderen Gesellschaftern zu. (...)


Am 23.3.2021 verstarb Frau B. und der Beklagte wurde Alleinerbe. Mit Schreiben vom 28.6.2021 wandten sich die Kläger u.a. an den Beklagten und teilten ihren Entschluss mit, die Erben von Frau B. abzufinden. Der Beklagte forderte die Firma C. & D.  Immobilien GmbH & Co. KG mit Schreiben vom 10.9.2022 unter Beifügung eines Vordrucks erfolglos zur Anmeldung des Kommanditistenwechsels nach Frau B. auf. Die Kläger beantragen daraufhin mit ihrer Klage wörtlich, die Beklagte zu verurteilen, gegenüber dem Handelsregister beim AG und den Klägern zu erklären, dass er der einzige Erbe der verstorbenen Kommanditistin B. der Firma C. & D.  GmbH & Co.KG sei und diese Kommanditbeteiligung zu gleichen Teilen im Wege der Sonderrechtsnachfolge auf die Kläger übergegangen sei und sich damit die Kommanditbeteiligung der Kläger um jeweils 2.500 € auf jeweils 5.000 € erhöht habe und Frau B. und der Beklagte als Kommanditisten ausgeschieden seien.

Das LG hat die Klage teilweise als unzulässig und im Übrigen als unbegründet abgewiesen.

Die Gründe:
Soweit die Klage sich auf Abgabe einer Erklärung gegenüber dem Handelsregister gerichtet hatte, war der Antrag unzulässig. Er war nicht hinreichend genug bestimmt und es fehlte am allgemeinen Rechtsschutzbedürfnis.

Das Handelsregister könnte aufgrund der bloßen Wissenserklärung und Meinung des Beklagten, die bei Erfolg nach § 894 ZPO durch ihn als abgegeben fingiert wird, keine Übertragung der Anteile vornehmen. Das Handelsregister wüsste nicht, was es mit reinen privaten Wissenserklärungen und rechtlichen Einschätzungen anfangen soll. Die Erklärungen ist für das Handelsregister mangels eines rechtsverbindlichen Elements der Erklärung bedeutungslos.

Das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis ist notwendige Voraussetzung für eine Klage und fehlt, wenn eine Klage objektiv schlechthin sinnlos ist, wenn der Kläger unter keinen Umständen mit seinem prozessualen Begehren irgendeinen schutzwürdigen Vorteil erlangen kann. Nur unter ganz besonderen Umständen kann dem Rechtssuchenden der verfassungsrechtliche Anspruch auf Prüfung und Entscheidung durch die staatlichen Gerichte verwehrt werden.

Mangels Vollstreckbarkeit der Äußerungen aufgrund der Unbestimmtheit war hier aber nicht erkennbar, welchen rechtlichen Mehrgewinn die Kläger durch die fingierte Äußerung des Beklagten gegenüber dem Handelsregister hätten. Das Handelsregister würde auf Grundlage einer privaten Rechtsauffassung nicht eine Übertragung der Anteile vornehmen, sondern nur durch eine Willenserklärung, die auch tatsächlich eine Übertragung ausspricht. Überdies bestehen andere, schnellere Möglichkeiten dem Handelsregister die Informationen, die der Beklagte dem Register mitteilen soll, zu verschaffen, was für das Rechtsschutzinteresse ebenfalls schädlich ist.

Soweit die Klage sich auf Abgabe einer Erklärung gegenüber den Klägern richtete, konnte die Prüfung des allgemeinen Rechtsschutzbedürfnisses dahinstehen, da den Klägern zumindest unter keinen Gesichtspunkten ein Anspruch auf Abgabe der Erklärung zustand. § 14 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrags regelt, welche Pflichten aus dem Gesellschafterverhältnis den Erben treffen. Der Erbe hat sich danach gegenüber der Gesellschaft zu legitimieren. Eine Pflicht des Erben und damit des Beklagten gegenüber den (weiteren) Kommanditisten sich zu legitimieren, besteht nicht. Aufgrund der Regelung dieses Falls der Legitimierung war kein Raum für eine ergänzende Vertragsauslegung gegeben. Eine allgemeine Verpflichtung, Wissenserklärungen und rechtliche Ausführungen gegenüber Dritten, etwa den Kläger, abzugeben, besteht sonst ebenso nicht.

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