29.09.2025

Untersagung der weiteren Geschäftsführung gegenüber abberufenem Gesellschafter-Geschäftsführer

Einem abgerufenen Gesellschafter-Geschäftsführer kann im Wege der einstweiligen Verfügung die weitere Geschäftsführung und Vertretung der Gesellschaft untersagt werden, wenn ohne die beantragte einstweilige Regelung eine konkrete, schwerwiegende Beeinträchtigung der Interessen der Gesellschaft droht, wobei an das Vorliegen des Verfügungsgrundes strenge Anforderungen zu stellen sind.

KG Berlin v. 23.9.2025 - 2 U 52/25
Der Sachverhalt:
Die von L. und seiner Ehefrau innegehaltene Verfügungsklägerin mit Sitz in Liechtenstein war 2019 Gründungsgesellschafterin der CGC GmbH und C. deren Geschäftsführer. Im Jahr 2021 hat der Verfügungsbeklagte 50 % der Geschäftsanteile der CGC übernommen und wurde ebenfalls Geschäftsführer. Die CGC fungiert als Komplementärin von verschiedenen Kapitalanlage-Kommanditgesellschaften (Anlage-KG"s), die Anteile an sog. Portfolio-Gesellschaften halten.

Nach Streitigkeiten stimmten die jeweiligen Gesellschafterlager auf einer Gesellschafterversammlung der CGC am 23.9.2024 für die Abberufung des jeweils aus dem anderen Lager stammenden Geschäftsführers aus wichtigem Grund. Nach einer Beschlussverfügung des LG vom 24.10.2024 muss die CGC den Verfügungsbeklagten weiter als ihren Geschäftsführer behandeln; auf Widerspruch wurde die Beschlussverfügung durch Urteil aufrechterhalten. Mit Urteilsverfügung vom 6.1.2025 hat das LG dem C. sodann die weitere Geschäftsführertätigkeit für die CGC untersagt. Auf einer Gesellschafterversammlung der CGC vom 24.4.2025 wurde erneut die Abberufung des Verfügungsbeklagten beschlossen.

Mit dem hiesigen Verfügungsantrag hat die Verfügungsklägerin begehrt, dem Verfügungsbeklagten die weitere Tätigkeit als Geschäftsführer der CGC zu untersagen. Dieser sei am 24.4.2025 wirksam abberufen worden. Der wichtige Grund ergebe sich aus verschiedentlichem Fehlverhalten. Der Verfügungsbeklagte hat u.a. geltend gemacht, die Vorwürfe träfen nicht zu bzw. stellten keine zu seiner Abberufung berechtigende Pflichtverletzung dar.

Das LG hat den Antrag der Verfügungsklägerin auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen und ihre Entscheidung darauf gestützt, dass ein Verfügungsanspruch nicht vorliege, weil die Verfügungsklägerin einen wichtigen Grund für die Abberufung des Verfügungsbeklagten nicht glaubhaft gemacht habe. Gegen das ihr am 5.6.2025 zugestellte Urteil des LG hat die Verfügungsklägerin am 7.7.2025 (Montag) Berufung eingelegt und mit Schriftsatz vom 16.7.2025 Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist um einen Monat bis zum 5.9.2025 beantragt.

Das KG hat die Berufung der Klagepartei zurückgewiesen.

Die Gründe:
Das Fortbestehen eines Verfügungsgrundes (§§ 935, 936, 920 Abs. 2 ZPO) ist nicht (mehr) anzunehmen, weil die insoweit erforderliche Eilbedürftigkeit durch die Prozessführung der Verfügungsklägerin in der Berufungsinstanz entfallen ist.

Einem abgerufenen Gesellschafter-Geschäftsführer kann im Wege der einstweiligen Verfügung die weitere Geschäftsführung und Vertretung der Gesellschaft untersagt werden, wenn ohne die beantragte einstweilige Regelung eine konkrete, schwerwiegende Beeinträchtigung der Interessen der Gesellschaft droht, wobei an das Vorliegen des Verfügungsgrundes strenge Anforderungen zu stellen sind. Beantragt der in erster Instanz unterlegene Verfügungskläger in einem Streit um die Abberufung eines Gesellschafter-Geschäftsführers eine nicht nur unerhebliche Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist und schöpft er die Verlängerung weitgehend oder vollständig aus, führt dies regelmäßig zu einer Selbstwiderlegung der Dringlichkeit, sofern nicht im Einzelfall besondere Umstände vorliegen.

Ein Antragsteller muss sich das Handeln seines Prozessbevollmächtigten gem. § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen. Ein Prozessbevollmächtigter hat die Angelegenheit ihrer Dringlichkeit entsprechend zu fördern und ggf. vorrangig zu bearbeiten. Er kann sich mit Blick auf eintretende Verzögerungen nicht auf eine starke berufliche Belastung wegen anderer Mandate oder auf seine urlaubsbedingte Abwesenheit berufen (vgl. OLG München v. 8.8.2019 - 29 W 940/19). Es kann von einem Prozessbevollmächtigten erwartet werden, innerhalb eines Eilverfahrens für Vertretung zu sorgen oder weniger eilbedürftige Sachen zurückzustellen. Infolgedessen war der Verfügungsgrund hier zu verneinen. Nachvollziehbare, triftige Gründe, die die Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist und ihre vollständige Ausschöpfung rechtfertigen könnten, waren weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

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