15.06.2023

Unverzügliche Aufnahme in das Handelsregister gem. § 16 Abs. 1 S. 2 GmbHG

Im Rahmen von § 16 Abs. 1 S. 2 GmbHG kommt für die Unverzüglichkeit auf die Einreichung der Gesellschafterliste beim Handelsregister an. Dabei ist auch die verspätete Einreichung durch die Notarin als schuldhaftes Zögern i.S.d. § 16 Abs. 1 S. 2 GmbHG anzusehen. Unverzüglich ist demnach eine Einreichung zum Handelsregister allenfalls dann, wenn sie innerhalb einer Frist von höchstens zwei Wochen nach Vornahme der Rechtshandlung erfolgt.

OLG Schleswig-Holstein v. 20.3.2023 - 2 Wx 56/22
Der Sachverhalt:
Der vormalige, in der Gesellschafterliste des Handelsregisters auch als solcher geführte Alleingesellschafter und auch im Handelsregister als Geschäftsführer eingetragene S. hatte seine Geschäftsanteile an der betroffenen GmbH mit notariellem Vertrag vom 4.5.2022 auf R. übertragen. Nach Anteilsübertragung hielt der neue (Allein-)Gesellschafter ausweislich derselben notariellen Urkunde eine Gesellschafterversammlung ab. Er berief den vorherigen Geschäftsführer ab, bestellte sich als Geschäftsführer und verlegte den Sitz der Firma unter entsprechender Satzungsänderung.

Die beglaubigte Anmeldung durch den neuen Gesellschafter in seiner Eigenschaft als neu bestellter Geschäftsführer auf Eintragung der Abberufung des vorherigen und Bestellung des neuen Geschäftsführers sowie der Sitzverlegung hat die Notarin unter Beifügung der Gesellschafterliste, die den neuen Gesellschafter als alleinigen Gesellschafter verzeichnete, am 31.5.2022 beim Handelsregister eingereicht. Am 19.7.2022 hat das Handelsregister des Amtsgerichts Pinneberg mitgeteilt, dass die Anmeldung zurückzunehmen sei, ansonsten müsse der Antrag zurückgewiesen werden. Da zwischen Rechtshandlung und Einreichung der Liste durch die Notarin fast vier Wochen liegen würden, könne dies nicht mehr als unverzüglich gelten. Die Beschlüsse der Gesellschaft seien daher als endgültig unwirksam anzusehen, der neue Gesellschafter sei demzufolge nicht wirksam zum Geschäftsführer bestellt und habe die Gesellschaft auch nicht bei der Anmeldung wirksam vertreten können.

Das AG hat den Antrag auf Eintragung der Sitzverlegung zurückgewiesen und der Beschwerde nicht abgeholfen. Das OLG hat die Beschwerde zurückgewiesen.

Die Gründe:
Der Beschluss vom 4.5.2022, durch den sich der neue Gesellschafter zum Geschäftsführer bestellt und den Sitz der Gesellschaft verlegt hatte, war gem. § 16 Abs. 1 S. 1 GmbHG unwirksam, weil eine neue Liste, die ihn als Gesellschafter auswies, zum Zeitpunkt der Beschlussfassung noch nicht in das Handelsregister aufgenommen worden war. Es reichte auch nicht etwa aus, dass die Übertragung der Geschäftsanteile für das Handelsregister aus der eingereichten Urkunde vom 4.5.2022 erkennbar war. Die Mitteilung oder selbst der Nachweis der Änderung ist für die Rechtswirkungen des § 16 Abs. 1 GmbHG nicht ausreichend, erforderlich ist vielmehr die Eintragung der Veränderung in die im Handelsregister aufgenommene Gesellschafterliste (Bayer in: Lutter/Hommelhoff, GmbH-Gesetz Kommentar, 20. Aufl. 2020, § 16 GmbHG, Rn. 9).

Die Bestellung des neuen Gesellschafters zum Geschäftsführer ist auch nicht nach § 16 Abs. 1 S. 2 GmbHG wirksam geworden. Danach gilt zwar eine vom Erwerber in Bezug auf das Gesellschaftsverhältnis vorgenommene Rechtshandlung als von Anfang an wirksam, wenn die (aktuelle) Liste unverzüglich nach Vornahme der Rechtshandlung in das Handelsregister aufgenommen wird. Unverzüglich ist demnach eine Einreichung zum Handelsregister allenfalls dann, wenn sie innerhalb einer Frist von höchstens zwei Wochen nach Vornahme der Rechtshandlung erfolgt. Eine Zeitspanne von über zwei Wochen lässt sich schon begrifflich nicht mehr als unverzüglich ansehen und ist weder mit dem Normzweck des § 16 Abs. 1 S. 1 GmbHG noch mit dem Ausnahmecharakter von § 16 Abs. 1 S. 2 GmbHG vereinbar. Dabei ist auch die verspätete Einreichung durch die Notarin als schuldhaftes Zögern i.S.d. § 16 Abs. 1 S. 2 GmbHG anzusehen.

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Aufsatz
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