21.02.2024

Verjährung des Anspruchs der Gesellschaft auf Leistung der Einlagen vor Beginn des Kaduzierungsverfahrens

Die Verjährung des Anspruchs der Gesellschaft auf Leistung der Einlagen vor Beginn des Kaduzierungsverfahrens schließt die Säumnis des Gesellschafters i.S.d. § 21 GmbHG aus, ohne dass dieser die Verjährungseinrede erheben muss. Eine Einlageforderung, auf die das Kaduzierungsverfahren nicht gestützt werden kann, weil sie bereits vor Einleitung des Kaduzierungsverfahrens verjährt war, wird von der Ausfallhaftung nach § 24 Satz 1 GmbHG nicht erfasst.

BGH v. 9.1.2024 - II ZR 65/23
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist Verwalter im Insolvenzverfahren über das Vermögen der E. GmbH (Schuldnerin), das am 29.6.2016 eröffnet wurde. Die Schuldnerin wurde am 13.7.2007 gegründet. Die am selben Tag gegründete E. Holding GmbH übernahm einen Geschäftsanteil zum Nennbetrag von 22.500 €, die Beklagte einen zum Nennbetrag von 2.500 €. Die Einlagen waren gem. § 5 Nr. 2 der Satzung in Geld zu erbringen, und zwar zu 1/2 sofort. Die E. Holding überwies am 27.8. und 28.9.2007 jeweils 11.250 € an die Schuldnerin. Am 22.10.2007 überwies die Schuldnerin ihr 25.000 €. Im Jahr 2012 übernahm die E. Holding den Geschäftsanteil der Beklagten. Die E. Holding wurde am 5.2.2016 im Handelsregister gelöscht, nachdem ein Eigeninsolvenzantrag im Jahr 2013 mangels Masse abgelehnt worden war.

Der Kläger führte im Jahr 2017 ein Kaduzierungsverfahren gem. § 21 GmbHG gegen die E. Holding durch. Dazu beantragte er am 17.2.2017 die Bestellung eines Nachtragsliquidators für die E. Holding, den das AG am 19.7.2017 bestellte. Mit Schreiben vom 20.7.2017 forderte der Kläger die E. Holding, vertreten durch den Nachtragsliquidator, vergeblich zur Zahlung ihrer nach seiner Auffassung rückständigen Einlage i.H.v. 22.500 € binnen eines Monats auf. Mit Schreiben vom 23.8.2017 erklärte der Kläger die E. Holding ihres Geschäftsanteils an der Schuldnerin für verlustig. Mit Schreiben vom 5.12.2017 forderte der Kläger die Beklagte im Wege der Ausfallhaftung vergeblich zur Zahlung der hälftigen Einlage der E. Holding auf.

Der Kläger verlangt von der Beklagten gem. § 24 Satz 1 GmbHG die Zahlung von 11.250 € nebst Prozesszinsen. Die Beklagte hat sich auf die Verjährung der Einlageforderung gegenüber der E. Holding berufen.

Das LG gab der Klage statt; das OLG wies sie ab. Die Revision des Klägers hatte vor dem BGH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Das OLG hat zu Recht auf die Berufung der Beklagten die Klage auf Zahlung der hälftigen Einlage gem. § 24 Satz 1 GmbHG abgewiesen.

Revisionsrechtlich ist zugunsten des Klägers zu unterstellen, dass die E. Holding ihre Einlageverpflichtung nicht erfüllt hat. Das OLG hat offengelassen, ob die Zahlungen über jeweils 11.250 € im August und September 2007 wegen eines Hin- und Herzahlens mangels Einhaltung der Voraussetzungen des § 19 Abs. 5 GmbHG, § 3 Abs. 4 Satz 1 EGGmbHG nicht schuldbefreiend wirkten.

Die Voraussetzungen einer Ausfallhaftung der Beklagten liegen nicht vor. Zwar haftet die Beklagte grundsätzlich gem. § 24 Satz 1 GmbHG, weil sie bei Eintritt der Fälligkeit der hälftigen Einlageforderung gegen die E. Holding Gesellschafterin der Schuldnerin war. Bei Einleitung des Kaduzierungsverfahrens war der Anspruch der Schuldnerin gegen die E. Holding auf die hälftige Einlageforderung jedoch bereits verjährt.

Die Verjährung des Anspruchs der Gesellschaft auf Leistung der Einlagen vor Beginn des Kaduzierungsverfahrens schließt die Säumnis des Gesellschafters i.S.d. § 21 GmbHG aus, ohne dass dieser die Verjährungseinrede erheben muss. Eine Einlageforderung, auf die das Kaduzierungsverfahren nicht gestützt werden kann, weil sie bereits vor Einleitung des Kaduzierungsverfahrens verjährt war, wird von der Ausfallhaftung nach § 24 Satz 1 GmbHG nicht erfasst. Ob die weiteren Voraussetzungen einer subsidiären Ausfallhaftung nach § 24 Satz 1 GmbHG vorliegen, konnte daher dahinstehen.

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