Weitere aktuelle Rechtsprechung in Leitsätzen (KW 3)
Warenlager nicht als kurzfristig liquidierbarer Vermögensgegenstand zu aktivieren, wenn es sich um betriebsnotwendiges Vermögen handelt
1. Zahlungsunfähigkeit und nicht nur eine vorübergehende Zahlungsstockung liegt vor, wenn der Schuldner nicht in der Lage ist, sich innerhalb von drei Wochen die zur Begleichung der fälligen Verbindlichkeiten benötigten finanziellen Mittel zu beschaffen und die Liquiditätslücke auf unter 10 % zurückzuführen, sofern nicht ausnahmsweise mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass die Liquiditätslücke demnächst vollständig oder fast vollständig geschlossen wird und den Gläubigern ein Zuwarten nach den besonderen Umständen des Einzelfalles zuzumuten ist.
2. Von einer Wiederherstellung der Zahlungsfähigkeit kann nicht ausgegangen werden, wenn ein Schuldner unmittelbar nach der Befriedigung seiner Gläubiger abermals in Rückstand mit seinen Zahlungen gerät. Denn in diesem Fall war er allenfalls an einem bestimmten Stichtag zur Befriedigung seiner Gläubiger in der Lage, aber nicht auf Dauer zu einer allgemeinen Begleichung seiner alsbald fällig werdenden Verbindlichkeiten im Stande.
3. Ein Warenlager des Schuldners ist kein geldwertes kurzfristig veräußerbares Vermögen, wenn es sich um betriebsnotwendiges Vermögen handelt.
4. Eine Krise des Schuldners muss dessen Geschäftsleiter erkennen, wenn er sich gezwungen sieht, mit einem erheblichen Teil der Gläubiger des Schuldners Absprachen zu treffen, dass der Schuldner berechtigt sein soll, auf unbestimmte Zeit sämtliche Forderungen der Gläubiger ausschließlich nach der Liquiditätslage des Schuldners zu begleichen.
(alle amtl.)
OLG Düsseldorf 21.5.2024, 26 W 13/20 [AktE]
Geschäftswert im Spruchverfahren
1. Im Spruchverfahren wird der Geschäftswert bestimmt durch den Differenzbetrag, der sich nach rechtskräftigem Abschluss des Spruchverfahrens zwischen der im Unternehmensvertrag angebotenen und der angemessenen Abfindung ergibt und der zu vervielfältigen ist mit der Anzahl der Aktien der außenstehenden Aktionäre. Der Mindestwert ist - unabhängig von dem im Einzelfall verfolgten wirtschaftlichen Interesse - nur dann einzusetzen, wenn keine Erhöhung der Barabfindung erfolgt oder deren Berechnung einen Wert unter 200.000 € ergibt.
2. Der Geschäftswert kann vom Gericht nachträglich geändert werden, wenn das Gericht bei seiner Festsetzung wesentliche Aspekte übersehen hat.
(alle nicht amtl.)
BFH 12.3.2024, IX R 35/21
Anwendung der DSGVO im Bereich der Steuerverwaltung; Voraussetzungen und Reichweite des Auskunftsanspruchs nach Art. 15 DSGVO
1. Die Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Finanzverwaltung unterfällt dem Anwendungsbereich der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Auf eine Differenzierung nach der Art der Aktenführung, der Art der Dokumente oder der Form der Bearbeitung kommt es nicht an.
2. Art. 2 Abs. 2 Buchst. a DSGVO beschränkt die Anwendung der Datenschutz-Grundverordnung nicht auf den Bereich der harmonisierten Steuern.
3. Art. 15 Abs. 3 Satz 1 DSGVO gewährt keinen gegenüber Art. 15 Abs. 1 DSGVO eigenständigen Anspruch gegenüber dem Verantwortlichen auf Zurverfügungstellung von Dokumenten mit personenbezogenen Daten.
4. Nur wenn eine Kopie von Dokumenten unerlässlich ist, um der betroffenen Person die wirksame Ausübung der ihr durch die Datenschutz-Grundverordnung verliehenen Rechte zu ermöglichen, besteht nach Art. 15 Abs. 3 Satz 1 DSGVO ein Anspruch darauf, eine Kopie von Auszügen aus Dokumenten oder gar von ganzen Dokumenten oder auch von Auszügen aus Datenbanken, die u.a. diese Daten enthalten, zur Verfügung gestellt zu bekommen.
5. Ein Ausschluss des Auskunftsrechts nach Art. 12 Abs. 5 Satz 2 DSGVO kommt nur in Betracht, wenn sich der Verantwortliche hierauf beruft und darlegt, dass ein offenkundig unbegründeter oder exzessiver Antrag vorliegt.
(alle amtl.)