19.03.2024

Zur Bestimmung des Geschäftswerts der notariellen Beurkundung der Übertragung eines Geschäftsanteils an einer gemeinnützigen GmbH

Der Geschäftswert der notariellen Beurkundung der Übertragung eines Geschäftsanteils an einer gemeinnützigen GmbH bestimmt sich nach dem Eigenkapital der Gesellschaft i.S.v. § 266 Abs. 3 HGB, das auf den Anteil entfällt.

BGH v. 6.2.2024 - II ZB 19/22
Der Sachverhalt:
Die Beteiligte zu 1) ist eine gemeinnützige GmbH, mit einem Stammkapital i.H.v. 25.600 € und einem bilanziellen Eigenkapital i.H.v. rd. 37. Mio. €.

Mit notarieller Urkunde des Beteiligten zu 2) vom 8.12.2019 (UR-Nr. 1864/2019 Z) wurden zwei von fünf auf denselben Nennwert lautende Geschäftsanteile unentgeltlich übertragen. Die anfallenden Kosten sollte die Beteiligte zu 1) tragen. Der Beteiligte zu 2) berechnete der Beteiligten zu 1) für das Beurkundungsverfahren Kosten i.H.v. rd. 35.000 €. Als Geschäftswert setzte er 40 % des Eigenkapitals der Beteiligten zu 1) an.

Die Beteiligte zu 1) als Kostenschuldnerin stellte Antrag auf gerichtliche Entscheidung und beanstandete den für die Kostenberechnung für das Beurkundungsverfahren zugrunde gelegten Geschäftswert.

LG und OLG bestätigten die Kostenberechnung. Die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 1) hatte vor dem BGH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Die Heranziehung des Geschäftswerts in Höhe von insgesamt rd. 15. Mio. € ist rechtlich nicht zu beanstanden. Der Geschäftswert der notariellen Beurkundung der Übertragung eines Geschäftsanteils an einer gemeinnützigen GmbH bestimmt sich nach dem Eigenkapital der Gesellschaft i.S.v. § 266 Abs. 3 HGB, das auf den Anteil entfällt.

Ob § 54 Satz 1 GNotKG auch auf eine gemeinnützige GmbH Anwendung findet, ist streitig. Eine Meinung geht wie das OLG davon aus, dass nach der Regelung des § 54 Satz 1 GNotKG bei der Bewertung von Geschäftsanteilen an einer gemeinnützigen GmbH ein Abschlag nicht veranlasst ist. Anderer Auffassung zufolge soll es auch nach der gesetzlichen Neuregelung in § 54 GNotKG möglich sein, als Geschäftswert den Nominalbetrag des Geschäftsanteils anzusetzen. Die erstgenannte Auffassung ist richtig. § 54 Satz 1 GNotKG gilt auch für eine gemeinnützige GmbH.

Der Wortlaut der Vorschrift unterscheidet nicht zwischen den mit der Kapitalgesellschaft verfolgten Zielen und umfasst daher individual- und gemeinnützige Kapitalgesellschaften gleichermaßen. Bei diesem Befund bedeutete der Ausschluss gemeinnütziger Kapitalgesellschaften vom Anwendungsbereich der Vorschrift eine teleologische Reduktion. Deren Voraussetzungen lassen sich entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde nicht feststellen.

Eine teleologische Reduktion kommt in Betracht, wenn der Wortlaut einer Norm mit Blick auf ihren Zweck zu weit gefasst ist. Sie setzt eine verdeckte Regelungslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes voraus. Ob eine solche Lücke vorhanden ist, ist vom Standpunkt des Gesetzes und der ihm zugrundeliegenden Regelungsabsicht zu beurteilen. Eine solche Regelungslücke kann sich auch aus der weiteren Rechtsentwicklung ergeben. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Eine planwidrige Unvollständigkeit des Gesetzes ist nicht anzunehmen. Damit fehlt es an einer Rechtfertigung für eine teleologische Reduktion.

Mehr zum Thema:

Rechtsprechung (Vorinstanz):
Zur Bemessung des Geschäftswerts bei gemeinnütziger GmbH; Beurkundung von Geschäftsanteilsübertragungen
OLG Karlsruhe vom 01.08.2022 - 19 W 11/21 (WX)
GmbHR 2023, 35

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