24.08.2016

"Abbruchjäger" bei eBay: Klage scheitert bereits an Prozessführungsbefugnis

Zwar kann auch der Verkäufer einer Forderung zur Vermeidung eigener Ersatzverpflichtungen ein eigenes berechtigtes Interesse daran haben, die abgetretene Forderung gerichtlich geltend zu machen. Das gilt jedoch nicht für einen Käufer, der seine Rechte aus dem eBay-Geschäft nicht verkauft, sondern unentgeltlich an einen sog. "Abbruchjäger" überträgt.

BGH 24.8.2016, VIII ZR 182/15
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist eine GbR. Sie hatte es in der Vergangenheit dem Sohn ihres Verwalters H. gestattet, für sie ein Nutzerkonto auf der Internetplattform eBay einzurichten. Im Januar 2012 bot der Beklagte bei eBay ein gebrauchtes Motorrad der Marke Yamaha im Wege einer zehntägigen Internetauktion mit einem Startpreis von 1 € zum Verkauf an. Der H. nahm das Angebot an, wobei er ein (Maximal-) Gebot i.H.v. rund 1.234 € abgab. Als der Beklagte die Auktion wegen fälschlich eingetragener Artikelmerkmale bereits am ersten Tag abgebrochenhatte, war H. der einzige Bieter geblieben. Kurz darauf stellte der Beklagte das Motorrad mit korrigierten Angaben erneut bei eBay ein.

Rund ein halbes Jahr später, im Juli 2012, forderte die Klägerin den Beklagten auf, ihr das Motorrad zum Preis von 1 € zu überlassen. Da er es zwischenzeitlich anderweitig veräußert hatte, verlangte sie mit der Behauptung, das Motorrad sei 4.900 € wert gewesen, Schadensersatz i.H.v. 4.899 €. Noch vor Zustellung der Klage trat die Klägerin ihre Ansprüche aus den vorgenommenen eBay-Geschäften unentgeltlich an H. ab.

Das AG gab der Klage zum Teil statt. Auf die Berufung des Beklagten hat das LG die Klage insgesamt abgewiesen; die Berufung der Klägerin wurde zurückgewiesen. Das Berufungsgericht war der Ansicht, dass die Klägerin unbeschadet der vor Klagezustellung erfolgten Abtretung der Forderung an H. berechtigt sei, die abgetretene Forderung weiter zu verfolgen (gewillkürte Prozessstandschaft). Das Schadensersatzverlangen sei jedoch, wie sich aus den Gesamtumständen ergebe, rechtmissbräuchlich, da der H. als sog. "Abbruchjäger" vor allem das Ziel verfolgt habe, im Fall eines vorzeitigen Auktionsabbruchs Schadensersatzansprüche geltend zu machen.

Dazu hat das Berufungsgericht u.a. ausgeführt: Allein im Sommer 2011 habe sich H., der damals unter mehreren eigenen Nutzerkonten bei eBay registriert gewesen sei, noch nicht hinter einem Nutzerkonto der Klägerin "versteckt" und bei eBay Gebote in Höhe von 215.000 € abgegeben. Dabei habe er - jedes Mal unter Beantragung von Prozesskostenhilfe - vier Gerichtsverfahren eingeleitet. Zudem habe die Klägerin - in der Annahme, der Beklagte werde das Motorrad zwischenzeitlich anderweitig veräußern - mit der Geltendmachung von Forderungen mehr als ein halbes Jahr gewartet, bis sie ihn endlich gerichtlich in Anspruch genommen habe.

Die hiergegen gerichtete Revision der Klägerin blieb vor dem BGH erfolglos.

Die Gründe:
Die Klage war bereits mangels Prozessführungsbefugnis der Klägerin als unzulässig abzuweisen.

Nach BGH-Rechtsprechung setzt eine gewillkürte Prozessstandschaft - also die rechtsgeschäftliche Ermächtigung zur gerichtlichen Verfolgung eines fremden Rechts im eigenen Namen - stets auch ein eigenes schutzwürdiges Interesse des Ermächtigten an der Rechtsverfolgung voraus. Ein solches liegt etwa vor, wenn die Entscheidung Einfluss auf die eigene Rechtlage hat und kann auch wirtschaftlicher Natur sein. Hier fehlte es jedoch an einem rechtsschutzwürdigen Interesse der Klägerin an der Prozessführung. Zwar kann auch der Verkäufer einer Forderung zur Vermeidung eigener Ersatzverpflichtungen ein eigenes berechtigtes Interesse daran haben, die abgetretene Forderung gerichtlich geltend zu machen. Die Klägerin hatte ihre Rechte aus dem eBay-Geschäft aber nicht verkauft, sondern unentgeltlich an H. übertragen.

Infolgedessen kam es auf den vom Berufungsgericht als entscheidend angesehenen Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauchs insoweit nicht mehr an. Angesichts der Häufung aussagekräftiger Indizien war ein Rechtsfehler des Berufungsgerichtes jedoch nicht erkennbar.

Linkhinweise:

  • Der Volltext dieser Entscheidung wird demnächst auf den Webseiten des BGH veröffentlicht.
  • Für die Pressemitteilung des BGH klicken Sie bitte hier.
BGH PM Nr. 143 vom 24.8.2016
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