24.04.2018

Abmahnungsfrist muss auch bei mittelständigen Unternehmen ohne Rechtsabteilung angemessen sein

Die einem mittelständigen Unternehmen ohne eigene Rechtsabteilung gesetzte Abmahnungsfrist (hier: "bis zum 1.11.2017") ist selbst im Lichte der Auslegungsregel des § 193 BGB - offensichtlich - zu kurz bemessen, wenn die Zeitspanne zwischen dem Eingang des Abmahnschreibens und dem nach § 193 BGB verlängerten Fristende insgesamt nur sechs Werktage umfasst. Dies gilt erst recht, wenn in die ohnehin knappe Frist auch noch eine Kombination von einem Wochenende, einem "Brückentag" und zwei aufeinanderfolgenden Feiertagen fällt.

OLG Bamberg 9.4.2018, 3 W 11/18
Der Sachverhalt:
Der Antragssteller ist ein eingetragener Verein, zu dessen satzungsgemäßen Aufgaben die Wahrung der gewerblichen Interessen seiner Mitglieder gehört. Die Antragsgegnerin ein regional bekanntes Familienunternehmen, das in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG u.a. einen Einzelhandel mit Holzprodukten betreibt.

In einer 2017 erschienenen Ausgabe eines Journals war ein Warensortiment der Antragsgegnerin für eine "Messe für Handwerk, Immobilien, Bauen & Wohnen" in den Räumen des Filialbetriebs der Antragsgegnerin. Der Antragssteller, der diese Werbung im Hinblick auf § 5a Abs. 3 Nr. 2 UWG wegen der fehlenden Angaben zur Rechtsform sowie zur Anschrift der Antragsgegnerin für irreführend hielt, mahnte mit Schreiben vom 23.10.2017 die Antragsgegnerin ab und forderte sie zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung bis zum "1.11.2017" auf.

Mit an diesem Tag vorab per Telefax übermittelten Schriftsatz vom 2.11.2017 beantragte der Antragsteller, der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Verfügung unter Androhung von Ordnungsmitteln zu untersagen, gegenüber Verbrauchern ohne Angabe der Rechtsform sowie der Anschrift/des Sitzes des Unternehmens zu werben. Im nächsten Telefax vom 6.11.2017 ließ der Antragsteller mitteilen, dass die Antragsgegnerin die verlangte Unterlassungserklärung mit Anwaltsschriftsatz vom 2.11.2017 (Telefaxeingang am 3.11.2017) abgegeben und damit den Antragsteller "klaglos" gestellt habe. Im anschließenden Schriftsatz vom 22.11.2017 erklärte der Antragsteller im Hinblick darauf, dass die Antragsgegnerin auf den Vorschlag einer außergerichtlichen Erledigung nicht reagiert habe, den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt.

Dieser Erledigungserklärung ist die Antragsgegnerin, der bis dahin der Verfügungsantrag vom 2.11.2017 noch nicht übermittelt worden war, mit Einwänden sowohl gegen den Verfügungsanspruch wie zum Verfügungsgrund entgegengetreten. Das LG hat die Kosten des Verfahrens der Antragsgegnerin auferlegt. Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin hat das OLG den Beschluss aufgehoben und die Kosten des Verfahrens dem Antragsteller zur Last gelegt.

Die Gründe:
Für eine Belastung der Antragsgegnerin mit den Verfahrenskosten ist schon deswegen kein Raum, weil sie keine Veranlassung zur Einleitung eines Verfügungsverfahrens gegeben hatte.

Die im Abmahnungsschreiben vom 23.10.2017 bestimmte Erklärungsfrist endete jedenfalls nicht vor dem Ablauf des 2.11.2017 (Donnerstag). Das folgt bereits aus § 193 iVm § 186 BGB. Die einem mittelständigen Unternehmen ohne eigene Rechtsabteilung gesetzte Abmahnungsfrist (hier: "bis zum 1.11.2017") ist selbst im Lichte der Auslegungsregel des § 193 BGB - offensichtlich - zu kurz bemessen, wenn die Zeitspanne zwischen dem Eingang des Abmahnschreibens und dem nach § 193 BGB verlängerten Fristende insgesamt nur sechs Werktage umfasst und noch erschwerend hinzukommt, dass in die ohnehin knappe Frist auch noch eine Kombination von einem Wochenende, einem "Brückentag" und zwei aufeinanderfolgenden Feiertagen (hier: der 31.10. und der 1.11.2017) fällt.

Die Frage, ob und unter welchen engen Voraussetzungen die Angabe der Filialanschrift ausreicht, wird in Rechtsprechung und Lehre nach wie vor nicht einheitlich beantwortet. Im Rahmen der nach § 5a Abs. 3 Nr. 2 UWG gebotenen Informationen kann die Angabe der Filialanschrift aber anstelle der Mitteilung der Adresse des Firmensitzes des Unternehmensträgers - ausnahmsweise - genügen, wenn das werbende (Traditions-)Unternehmen und insbesondere sein zentrales Geschäftslokal unter der mitgeteilten Adresse dem regionalen Publikum bekannt sind, die beworbene "Messe" den Zuschnitt einer lokalen Verkaufsaktion hat und diese Veranstaltung ausschließlich in der bezeichneten (einen bzw. einzigen) Zweigniederlassung stattfindet.

Sodann und vor allem hat es sich der Antragsteller auch mit den Vorgaben der sog. Relevanzklausel offensichtlich zu leicht gemacht. Nach der Novellierung des § 5a Abs. 2 UWG beinhaltet nunmehr auch die Relevanzklausel des § 5a Abs. 2 S. 1 Nr. 2 UWG n.F. ein eigenständiges Tatbestandsmerkmal, das selbständig zu prüfen und daher mit konkreten Feststellungen zum individuellen Sachverhalt auszufüllen ist. Mit floskelhaften oder lediglich das Vorbringen zum Wesentlichkeitserfordernis des § 5a Abs. 2 S. 1 Nr. 1 UWG n.F. - tautologisch - bekräftigenden Ausführungen ist es nicht mehr getan. An der tatbestandsmäßigen Relevanz der vorenthaltenen wesentlichen Information zur Rechtsform des werbenden Unternehmens kann es daher bei einer Fallgestaltung wie hier fehlen, wenn weder hochwertige noch hochpreisige Wirtschaftsgüter noch - wie in den Fällen einer zentral organisierten Marktwerbung - das Warensortiment eines anderen Unternehmers beworben werden.

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