05.02.2021

Amtsgericht darf keine Pressemitteilung mit Details aus Anklageschrift gegen einen ehemaligen Profifußballspieler veröffentlichen

Ein Amtsgericht ist nicht berechtigt, Details aus einer bei ihm eingegangenen Anklage gegen einen ehemaligen Profifußballspieler per Pressemitteilung öffentlich bekannt zu machen. Es war und ist dem Amtsgericht im konkreten Fall aber erlaubt, Medienvertreter wahrheitsgemäß unter Namensnennung über die Anklageerhebung und den Tatvorwurf in abstrakter Form unter Hinweis auf die Unschuldsvermutung zu unterrichten.

OVG Münster v. 4.2.2021 - 4 B 1380/20
Der Sachverhalt:
Die Staatsanwaltschaft informierte per Pressemitteilung über die Anklageerhebung gegen einen ehemaligen Profifußballer in anonymisierter Form und ohne Nennung des Strafvorwurfs. Daraufhin gab das Amtsgericht wegen zahlreicher Medienberichte und -anfragen ebenfalls hierüber eine Pressemitteilung heraus, die auch im Internet veröffentlicht wurde. Sie enthielt den Namen des Angeschuldigten und offenbarte Details der Anklage, die zuvor nicht öffentlich bekannt waren. 

Das VG wies den vom Antragsteller gestellten Eilantrag ab. Die dagegen gerichtete Beschwerde hatte nun teilweise Erfolg. Der Beschluss ist unanfechtbar.

Die Gründe:
Entgegen der Einschätzung des VG verletzt die Pressemitteilung das Recht des Antragstellers auf ein faires Verfahren und sein allgemeines Persönlichkeitsrecht.

Die öffentliche Berichterstattung über den Strafvorwurf greift erheblich in das Persönlichkeitsrecht des Antragstellers ein. Medieninformationen der Pressestelle des AG über das Strafverfahren, denen amtliche Authentizität zukommt, müssen mit Blick auf die Unschuldsvermutung und die Auswirkungen auf das Strafverfahren gerade zu seinem Beginn mit der gebotenen Sachlichkeit, Objektivität und Zurückhaltung erfolgen. Die Pressemitteilung des AG in diesem frühen Verfahrensstadium hätte danach nicht ohne vorherige Anhörung des Antragstellers erfolgen dürfen und geht über den zulässigen Inhalt hinaus. Außerdem durfte die in Rechte des Antragstellers eingreifende Pressemitteilung nicht für die Allgemeinheit im Internet zugänglich gemacht werden, weil es dafür keine Ermächtigungsgrundlage gibt.

Der Antragsteller muss es aber wegen der Besonderheiten des Einzelfalles hinnehmen, wenn das AG die Medien, die sich auf die Pressefreiheit berufen können, durch sorgfältig formulierte Informationen wahrheitsgemäß und unter Namensnennung über den Tatvorwurf in abstrakter Form unter Hinweis auf die Unschuldsvermutung unterrichtet. Für eine solche Information liegt der erforderliche Mindestbestand an Beweistatsachen vor. Dabei ist nach vorheriger Anhörung des Antragstellers ggf. knapp und ohne nähere Einzelheiten mitzuteilen, dass dieser den Vorwürfen entgegentritt. In Bezug auf das weitergehende Begehren, dem AG bestimmte Vorgaben für seine künftige Pressearbeit zu dem Strafverfahren zu machen, blieb die Beschwerde erfolglos. Der Antragsteller kann hier keinen - nur ausnahmsweise zulässigen - vorbeugenden Rechtsschutz beanspruchen.
OVG Münster PM vom 19.1.2021
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