20.04.2016

Anfechtungsgegner muss Wiederaufnahme von Zahlungen des Schuldners beweisen

Hatte der Schuldner seine Zahlungen eingestellt, muss der Anfechtungsgegner darlegen und beweisen, dass der Schuldner die Zahlungen im Zeitpunkt der angefochtenen Rechtshandlung allgemein wieder aufgenommen hatte. Allein die Tatsache, dass über die Verbindlichkeit des Schuldners gegenüber dem Anfechtungsgegner eine Ratenzahlungsvereinbarung getroffen wurde und der Schuldner die vereinbarten Raten zahlte, genügt hierfür in der Regel selbst dann nicht, wenn die Zahlungseinstellung maßgeblich aus der Nichtbedienung dieser Verbindlichkeit abgeleitet worden ist.

BGH 24.3.2016, IX ZR 242/13

Der Sachverhalt:
Der Kläger ist Verwalter in dem auf einen Antrag vom 8.2.2008 am 2.7.2008 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der H.M.Z. (fortan: Schuldnerin). Die Schuldnerin betrieb ein Reisebüro und schuldete aus dem Erwerb eines Reisebusses im Jahr 2003 dem Verkäufer rd. 60.000 €. Im Mai 2004 vereinbarte sie mit dem durch die Beklagte vertretenen Verkäufer Ratenzahlungen, die sie jedoch nur bis August 2004 einhielt. Die noch i.H.v. rd. 46.000 € offene Forderung trat der Verkäufer an die Beklagte ab, welche die Forderung im Mai 2005 gerichtlich geltend machte.

In der mündlichen Verhandlung vom 19.8.2005 schlossen die Parteien einen Vergleich, in dem sich die Schuldnerin verpflichtete, 40.000 € in mtl. Raten von 2.500 € ab September 2005 zu zahlen. In den Wintermonaten sollten die Raten nur 1.500 € betragen. Zuvor hatte die Schuldnerin erklärt, zur Zahlung des Vergleichsbetrags in einer Summe nicht in der Lage zu sein. Bis Juli 2006 zahlte die Schuldnerin Raten im Gesamtbetrag von 22.500 € im Wesentlichen pünktlich. Ab August 2006 kam es zu Zahlungsstockungen. Bis August 2007 zahlte die Schuldnerin weitere rd. 14.000 €. Der Kläger begehrt von der Beklagten unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der Insolvenzanfechtung die Erstattung der von der Schuldnerin nach dem Vergleich vom 19.8.2005 geleisteten Zahlungen im Gesamtbetrag von rd. 36.500 €.

Das LG wies die Klage ab. Das OLG gab ihr lediglich in Höhe eines Teilbetrags von rd. 2.000 € statt und wies die weitergehende Berufung des Klägers zurück. Auf die Revision des Klägers hob der BGH das Berufungsurteil auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurück.

Die Gründe:
Die subjektiven Voraussetzungen des vom Kläger geltend gemachten Anspruchs nach § 143 Abs. 1, § 133 Abs. 1 InsO können mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung nicht verneint werden.

Forderungen, die rechtlich oder auch nur tatsächlich gestundet sind, dürfen bei der Prüfung der Zahlungseinstellung und Zahlungsunfähigkeit nicht berücksichtigt werden. Auch der Abschluss einer Ratenzahlungsvereinbarung enthält eine solche Stundung. Die gestundete Gesamtverbindlichkeit muss deshalb, sofern es sich nicht um eine erzwungene Stundung handelt, außer Betracht bleiben, wenn es darum geht, für die Zeit nach dem Abschluss der Ratenzahlungsvereinbarung eine Zahlungsunfähigkeit - erstmals - festzustellen. Handelt es sich bei dieser Verbindlichkeit um die einzige, auf welche die Zahlungsunfähigkeit gestützt werden soll, muss die Feststellung scheitern. Anders verhält es sich, wenn feststeht, dass der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hatte, bevor Ratenzahlung vereinbart wurde. Eine einmal eingetretene Zahlungseinstellung wirkt grundsätzlich fort. Sie kann nur dadurch wieder beseitigt werden, dass die Zahlungen im Allgemeinen wieder aufgenommen werden.

Dies hat derjenige zu beweisen, der sich darauf beruft. Hat der anfechtende Verwalter für einen bestimmten Zeitpunkt den ihm obliegenden Beweis der Zahlungseinstellung des Schuldners geführt, muss der Anfechtungsgegner grundsätzlich beweisen, dass diese Voraussetzung zwischenzeitlich wieder entfallen ist. Entgegen der Ansicht des OLG genügt es hierfür nicht, dass mit der Ratenzahlungsvereinbarung diejenige Verbindlichkeit als gestundet gilt, deren Nichtbedienung die Feststellung der Zahlungseinstellung trägt. Der Anfechtungsgegner hat vielmehr zu beweisen, dass der Schuldner seine Zahlungen allgemein wieder aufgenommen hat. Dazu gehört zum einen, dass er die vereinbarten Raten zahlt. Darüber hinaus muss der Schuldner aber auch den wesentlichen Teil seiner übrigen Verbindlichkeiten bedienen. Dazu hat die Beklagte nichts vorgetragen.

In welchem Umfang dem Insolvenzverwalter in solchen Fällen eine sekundäre Darlegungslast hinsichtlich fortbestehender Zahlungsrückstände des Schuldners gegenüber anderen Gläubigern obliegt, braucht hier nicht abschließend entschieden zu werden. Der Kläger hat hier, was das OLG nicht vollständig gewürdigt hat, vorgetragen, gegenüber verschiedenen Firmen hätten (z.T. titulierte) Forderungen bestanden, wegen der teilweise Zwangsvollstreckungsverfahren betrieben worden seien. In Rückstand sei die Schuldnerin auch gegenüber den Sozialversicherungskassen gewesen. Die Beklagte hat diese Verbindlichkeiten teilweise bestritten und i.Ü. nur ihre Kenntnis von Rückständen gegenüber anderen Gläubigern in Abrede gestellt. Den ihr obliegenden Beweis, dass die Schuldnerin ihre Zahlungen im Allgemeinen wieder aufgenommen habe, hat sie damit nicht geführt.

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