23.09.2011

Anheuser-Busch und Budvar dürfen beide die Marke Budweiser im Vereinigten Königreich benutzen

Die Verbraucher im Vereinigten Königreich nehmen den Unterschied zwischen den Bieren von Budějovický Budvar und denen von Anheuser-Busch deutlich wahr. Die seit langem bestehende gleichzeitige redliche Benutzung der beiden betroffenen identischen Marken "Budweiser" beeinträchtigt die Hauptfunktion der älteren Marke von Anheuser-Busch nicht.

EuGH 22.9.2011, C-482/09
Der Sachverhalt:
Sowohl die tschechische Brauerei Budvar als auch die amerikanische Brauerei Anheuser-Busch vertreiben seit ihrem Eintritt in den Markt des Vereinigten Königreichs in den Jahren 1973 bzw. 1974 ihre Biere unter dem Zeichen "Budweiser". Im Dezember 1979 meldete Anheuser-Busch beim Markenamt des Vereinigten Königreichs das Wort "Budweiser" als Marke für "Bier, Ale und Porter" an. Während die Anmeldung von Anheuser-Busch noch geprüft wurde, beantragte auch Budvar im Juni 1989 die Eintragung des Worts "Budweiser" als Marke.

Im Februar 2000 entschieden die Gerichte des Vereinigten Königreichs, dass Budvar und Anheuser-Busch jeweils das Wort "Budweiser" als Marke eintragen lassen konnten. Das britische Recht ließ nämlich ausdrücklich die gleichzeitige Eintragung identischer oder zum Verwechseln ähnlicher Marken im Fall redlicher gleichzeitiger Benutzung ("honest concurrent use") zu. Im Anschluss an diese Entscheidung wurden am 19.5.2000 beide Unternehmen jeweils als Inhaber der Wortmarke Budweiser für die Waren "Bier, Ale und Porter" im Markenregister des Vereinigten Königreichs eingetragen.

Am 18.5.2005, also vier Jahre und 364 Tage nach Eintragung der Marke Budweiser zugunsten von Budvar und Anheuser-Busch, beantragte Anheuser-Busch beim Markenamt des Vereinigten Königreichs die Ungültigerklärung der zugunsten von Budvar eingetragenen Marke. In diesem Antrag machte das amerikanische Unternehmen geltend, dass seine Marke älter sei als die Marke von Budvar, weil sie ihre Anmeldung für das Wort "Budweiser" früher (Dezember 1979) eingereicht habe, als die tschechische Brauerei die ihre (Juni 1989).

Der Court of Appeal (Vereinigtes Königreich), bei dem in der Rechtssache Rechtsmittel eingelegt worden ist, möchte vom EuGH wissen, ob dem Antrag von Anheuser-Busch auf Ungültigerklärung stattzugeben ist, obwohl beide Unternehmen das Wort "Budweiser" während mehr als 30 Jahren gutgläubig im Vereinigten Königreich benutzt haben.

Die Gründe:
Die seit langem bestehende gleichzeitige redliche Benutzung der beiden betroffenen identischen Marken beeinträchtigt die Hauptfunktion der älteren Marke von Anheuser-Busch nicht. Folglich ist die im Vereinigten Königreich zugunsten von Budvar eingetragene jüngere Marke "Budweiser" nicht für ungültig zu erklären.

Die Frist von fünf Jahren, nach deren Ablauf der Inhaber der älteren Marke sein Recht verliert, sich der Benutzung der jüngeren Marke zu widersetzen ("Verwirkung durch Duldung") beginnt gem. dem Wortlaut der Markenrichtlinie (89/104/EWG) erst nach der Eintragung der jüngeren Marke in dem betreffenden Mitgliedstaat zu laufen. Der Zeitraum, während dessen der Inhaber der älteren Marke nicht in der Lage gewesen ist, sich der Benutzung der jüngeren Marke zu widersetzen, ist bei der Berechnung des Ablaufs der Verwirkungsfrist nicht zu berücksichtigen.

Grundsätzlich kann eine eingetragene jüngere Marke nur dann für ungültig erklärt werden, wenn sie die Hauptfunktion der älteren Marke, d.h. die Gewährleistung der Herkunft der mit ihr gekennzeichneten Waren gegenüber den Verbrauchern, beeinträchtigt oder beeinträchtigen kann. Anheuser-Busch und Budvar haben ihre Biere im Vereinigten Königreich unter dem Zeichen "Budweiser" vor der Eintragung dieser Marken fast 30 Jahre lang benutzt. Zudem wurde es beiden Unternehmen gestattet, ihre Marken Budweiser gemeinsam und gleichzeitig in diesem Land eintragen zu lassen. Zwar hat Anheuser-Busch den Begriff "Budweiser" vor Budvar als Marke angemeldet, beide Unternehmen haben ihre Marken Budweiser aber von Anfang an gutgläubig benutzt.

Außerdem nehmen die Verbraucher im Vereinigten Königreich dem vorlegenden Gericht zufolge den Unterschied zwischen den Bieren von Budvar und denen von Anheuser-Busch deutlich wahr, auch wenn die Bezeichnungen identisch sind. Denn diese Biere unterscheiden sich seit jeher im Geschmack, im Preis und in der Aufmachung. Aus der Koexistenz der beiden Marken auf dem Markt im Vereinigten Königreich ergibt sich zudem, dass die Biere deutlich als von verschiedenen Unternehmen hergestellt wahrgenommen werden können.

Linkhinweis:

Für den auf den Webseiten des EuGH veröffentlichten Volltext der Entscheidung C-244/10 klicken Sie bitte hier.

EuGH PM Nr. 98 vom 22.9.2011
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