08.01.2024

Anwendbarkeit deutschen Urheberrechts bei Lichtbildern auf der Webseite eines italienischen Unternehmens

Maßgeblich für die Prüfung der Ansprüche ist nach dem Schutzlandprinzip vorliegend allein das deutsche UrhG, und zwar hinsichtlich sämtlicher mit dem Urheberrecht und verwandten Schutzrechten selbst zusammenhängender Fragen, insbesondere der Entstehung eines solchen Rechts, der Frage der schutzfähigen Werke, der Urheberschaft einschließlich der gesetzlichen Schranken, der Aktivlegitimation, der Rechtsverletzung sowie der Schutzdauer.

LG Köln v. 21.12.2023 - 14 O 292/22
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist eine GbR, deren Gesellschaftszweck die Verwertung des Bestands an Lichtbildwerken des Unternehmens W. ist. Die Beklagte ist ein italienisches Unternehmen, das auf die Verarbeitung von Naturstein und Marmor spezialisiert ist. Sie betreibt eine Webseite, auf deren Unterseite die streitgegenständlichen Lichtbilder abrufbar waren. Die Klägerin behauptete, dass Herr V. die beiden Lichtbilder angefertigt habe und der Klägerin die ausschließlichen Nutzungsrechte eingeräumt habe.

Am 4.1.2021 schrieb Herr V. die Beklagte per Einschreiben an, machte auf die Sachlage aufmerksam und bot eine Lizenz zur Verwendung der Fotos an. Die Beklagte reagierte nicht. Die Klägerin schrieb der Beklagten nochmals am 25.1.2021, wobei eine Zahlungsfrist gesetzt wurde. Mit Schreiben vom 16.2.2022 ließ die Beklagte, anwaltlich vertreten, die Ansprüche der Klägerin auf Italienisch als unbegründet zurückweisen. Herr V. von der Klägerin schrieb dem Anwalt der Beklagten am 13.3.2022 eine E-Mail mit Bildschirmfotos mit den Metadaten der strittigen beiden Lichtbilder zum Nachweis der Urheberschaft an. Daraufhin entfernte die Beklagte die Lichtbilder von ihrer Webseite, reagierte sonst nicht.

Sodann wurde der klägerische Prozessbevollmächtigte mandatiert, die Beklagte abzumahnen. Die Abmahnung mit Aufforderung zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung erfolgte auf Englisch per Einschreiben sowie vorab per E-Mail. Der Anwalt der Beklagten wiederum erhob auf Italienisch eine Vielzahl von Einwänden. Es folgte weiterer Schriftwechsel, der nicht zu einer gütlichen Einigung führte.

Die Klägerin forderte lizenzanalogen Schadensersatz i.H.v. 3.356 € nebst Rechtsverfolgungskosten und wies darauf hin, dass die Webseite der Beklagten, inkl. Online Shop, auch in deutscher Sprache abrufbar sei und sich an deutsche Kunden richte. Die Beklagte war der Ansicht, dass es am notwendigen Inlandsbezug für eine Urheberrechtsverletzung in Deutschland fehle.

Das LG gab der Klage teilweise statt

Die Gründe:
Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von lizenzanalogem Schadensersatz aus §§ 97 Abs. 2, 13, 19a, 72 UrhG. Dieser beläuft sich nach Schätzung der Kammer auf 1.500 €.

Deutsches Recht war vorliegend anwendbar. Maßgeblich für die Prüfung der Ansprüche ist nach dem Schutzlandprinzip vorliegend allein das deutsche UrhG, und zwar hinsichtlich sämtlicher mit dem Urheberrecht und verwandten Schutzrechten selbst zusammenhängender Fragen, insbesondere der Entstehung eines solchen Rechts, der Frage der schutzfähigen Werke, der Urheberschaft einschließlich der gesetzlichen Schranken, der Aktivlegitimation, der Rechtsverletzung sowie der Schutzdauer. Die Klägerin hat ihren Sitz in Deutschland. Mit ihren Anträgen hatte sie, zumindest konkludent, urheberrechtlichen Schutz und Schadenersatzansprüche für die Rechtsverletzung auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland geltend gemacht.

Die Verletzungshandlung, die unterbunden werden und dem entstandenen Schaden zu Grunde liegen sollte, wirkte sich Deutschland aus. In einem solchen Fall richten sich sowohl die Entstehung als auch Inhaberschaft und Übertragbarkeit des Urheberrechts bzw. entsprechender Nutzungsrechte nach dem deutschen UrhG. Daneben kann für andere Hoheitsgebiete ggf. noch das dort geltende Urheberrecht anwendbar sein, was hier jedoch keiner weiteren Erörterung bedurfte. Die Beklagte hatte die Lichtbilder des Klägers ohne Genehmigung in ihrem auch in Deutschland abrufbaren Internetauftritt verwendet und damit das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung nach § 19a UrhG verletzt. Maßgeblich für den grenzüberschreitenden Sachverhalt ist, dass die Internetseite (auch) im Inland öffentlich zugänglich ist. Dagegen ist es nicht erforderlich, dass der Internetauftritt bestimmungsgemäß (auch) im Inland abgerufen werden kann. Die streitige Frage, ob die bloße technische Abrufbarkeit einer Webseite in Deutschland ausreicht war hier nicht entscheidungserheblich.

Der Höhe nach besteht der Anspruch der Klägerin nur zu einem Betrag i.H.v. 1.500 €. Der Schadensersatzanspruch konnte entsprechend der von dem Beklagten vorgenommenen Methode der Lizenzanalogie (§ 97 Abs. 2 S. 3 UrhG) beziffert werden. Die Klägerin hatte zwar diverse eigene Rechnungen vorgelegt, aus denen sich nicht unerhebliche Lizenzpreise ergeben. Davon betraf jedoch keine die hier konkret streitgegenständlichen Lichtbilder, sodass eine unmittelbare Lizenzierungspraxis für die hier streitgegenständlichen Fotografien jedenfalls nicht vorgetragen war. Auch eine generelle Lizenzierungspraxis der Klägerin - sozusagen für Fotografien gleicher Art und Güte - konnte nicht festgestellt werden, da die Rechnungen weder einen Lizenzpreis pro Foto auswiesen, noch wie viele Fotos für den Rechnungsbetrag lizensiert worden waren. Die Klägerin konnte sich auch nicht auf branchenüblichen Vergütungssätze und Tarife berufen. Die vom Kläger zur Berechnung herangezogenen sog. MFM-Tabellen waren hier nicht als solcher Tarif anzusehen.

Mehr zum Thema:

Beratermodul Zeitschriften Wirtschaftsrecht:
Jetzt neu: Führende Zeitschriften zum Wirtschaftsrecht, Aktienrecht, Gesellschaftsrecht und Versicherungsrecht stehen hier zur Online-Recherche bereit. Inklusive Selbststudium nach § 15 FAO bei ausgewählten Zeitschriften (GmbHR, ZIP, VersR). Wann immer es zeitlich passt: Für Fachanwälte bietet das Beratermodul Beiträge zum Selbststudium mit Lernerfolgskontrolle und Fortbildungszertifikat. 4 Wochen gratis nutzen!
Justiz NRW
Zurück