16.10.2012

Auch Kolumnen genießen einen markenrechtlichen Titelschutz

Der Titelschutz i.S.d. § 5 Abs. 3 MarkenG kann auch der Bezeichnung einer regelmäßig nur wenige Absätze umfassenden Kolumne zukommen, die zu einem bestimmten Themengebiet in einer Zeitung oder Zeitschrift erscheint. Dabei kommt es für die Frage der Verwechslungsgefahr maßgeblich auch auf Form und Inhalt der medialen Einbettung der angegriffenen Bezeichnung an.

BGH 22.3.2012, I ZR 102/10
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist die Herausgeberin der Wochenzeitung "DIE ZEIT". In dieser erscheint seit 1997 unter der Kolumnenbezeichnung "Stimmt"s?" wöchentlich ein jeweils mit einer wechselnden inhaltsbezogenen Überschrift versehener Artikel, in dem Fragen der Leser beantwortet werden, die sich auf Rätsel des Alltags, schwer zu verifizierendes Allgemeinwissen, wissenschaftliche Phänomene, Mythen und andere populärwissenschaftliche Fragen beziehen. Die Beiträge werden seit Oktober 2001 auch im Internetauftritt der "ZEIT" veröffentlicht.

Die Beklagte betreibt das Internetportal "web.de". Sie veröffentlichte dort unter der Bezeichnung "Stimmt"s?" ebenfalls Beiträge, in denen Fragen der Nutzer beantwortet werden. Die Klägerin sah darin eine Verletzung ihrer Titelschutzrechte und machte gegenüber der Beklagten im Wege der Stufenklage Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft und Zahlung eines Lizenzbetrages geltend.

LG und OLG gaben der Klage hinsichtlich des Unterlassungs- und Auskunftsanspruchs statt. Auf die Revision der Beklagten hob der BGH das Berufungsurteil ab und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurück.

Die Gründe:
Die Kolumnenbezeichnung "Stimmt"s?" ist zwar für die Klägerin als Titel nach § 5 Abs. 1, 3 MarkenG geschützt und verfügt auch über hinreichende Unterscheidungskraft. Schließlich kann der Titelschutz auch der Bezeichnung einer regelmäßig nur wenige Absätze umfassenden Kolumne zukommen, die zu einem bestimmten Themengebiet in einer Zeitung oder Zeitschrift erscheint. Der Kolumnentitel wird dann zur geschäftlichen Bezeichnung der darunter erscheinenden redaktionellen Beiträge. Aufgrund langjährigen, regelmäßigen Veröffentlichung - wie hier - erkennt der Leser auch, dass es sich bei dem Zeichen um den Titel der Kolumne und nicht nur um die Überschrift des einzelnen Artikels handelt.

Aufgrund der Feststellungen des OLG konnte jedoch keine Verwechslungsgefahr zwischen dem Titel der Klägerin und der von der Beklagten verwendeten gleichlautenden Bezeichnung angenommen werden. Werktitel i.S.d. § 5 Abs. 3 MarkenG dienen grundsätzlich nur der Unterscheidung eines Werkes von anderen, ohne einen Hinweis auf den Hersteller oder Inhaber des Werkes und damit auf eine bestimmte betriebliche Herkunft zu enthalten. Sie sind daher in der Regel nur gegen die Gefahr einer unmittelbaren Verwechslung im engeren Sinne geschützt. Eine solche Gefahr liegt etwa dann vor, wenn aufgrund der Benutzung des angegriffenen Titels die Gefahr besteht, dass der Verkehr den einen Titel für den anderen hält.

Der Titel "Stimmt"s?" ist im Hinblick auf seine deutlich beschreibenden Anklänge von Haus aus nur schwach unterscheidungskräftig. Die langjährige Benutzung verstärkt zwar die Kennzeichnungskraft. Das rechtfertigt aber nicht die Annahme, die Benutzung habe im Fall des Klagezeichens zu einer gesteigerten - im Sinn von überdurchschnittlichen - Kennzeichnungskraft geführt. Bei schutzfähigen Titeln für Teile einer Zeitung oder Zeitschrift kommt es für die Frage der Verwechslungsgefahr maßgeblich auch auf Form und Inhalt der medialen Einbettung der angegriffenen Bezeichnung an, wobei u.a. die typische Art der Präsentation der Beiträge (z.B. nur Text oder auch Bilder) erheblich ist.

Auf der Grundlage einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft reichen Titelidentität und Ähnlichkeit der mit dem Titel bezeichneten Inhalte für die Annahme einer Verwechslungsgefahr nicht aus. Die Gefahr, dass die Nutzer des Portals der Beklagten im Hinblick auf den Titel "Stimmt"s" annehmen, sie befänden sich auf der Internetseite der Klägerin, erschien unter diesen Umständen als eher fernliegend. Darüber hinaus wird bei besonders kennzeichnungskräftigen Titeln auch ein Teil der Leser, die erkennen, dass es sich um zwei verschiedene Organe handelt, davon ausgehen, dass es sich um eine Rubrik handelt, die hier wie dort erscheint.

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