18.06.2013

Auf den Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit finden in der Regel die Vorschriften des BGB Anwendung

Auf den Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit (hier: Pensions-Sicherungs-Verein auf Gegenseitigkeit) finden die Vorschriften des Vereinsrechts des BGB Anwendung, soweit nicht im Versicherungsaufsichtsgesetz auf abschließende Regelungen des Aktien- oder Genossenschaftsrechts verwiesen wird. Das Mitgliedschaftsverhältnis zwischen den Arbeitgebern und dem Verein ist keine Zwangsmitgliedschaft, sondern privatrechtlicher Natur.

BGH 23.4.2013, II ZR 161/11
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist ein mittelständisches Unternehmen und Mitglied des Beklagten, der vom Verband der Lebensversicherungsunternehmen, der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände und dem Bundesverband der Deutschen Industrie zum Zwecke der Insolvenzsicherung nach dem BetrAVG gegründet wurde. Mit ihrer Klage begehrte sie die Herausgabe einer Mitgliederliste.

Die Klägerin war der Ansicht, die Kenntnis der anderen Mitglieder sei zur Wahrnehmung ihrer Mitgliedschaftsrechte erforderlich. Schließlich erfordere die Geltendmachung bestimmter satzungsmäßiger Rechte ein Quorum von 5 % der Mitglieder des Beklagten, weshalb in der Vergangenheit viele Anträge gescheitert seien. Zudem habe ihr Geschäftsführer nur dann eine Chance, in den Aufsichtsrat des Beklagten gewählt zu werden, wenn er eine entsprechende Wahlwerbung bei den übrigen Mitgliedern des Beklagten betreiben könne.

Der Beklagte hielt dagegen, dem Anspruch stehe bereits § 67 Abs. 6 AktG entgegen. Zudem sei ihm eine Weitergabe der Mitgliederdaten aus datenschutzrechtlichen Gründen verwehrt. Außerdem ergebe sich aus § 15 BetrAVG eine strafbewehrte Geheimhaltungspflicht.

Das AG wies die Klage ab; das LG gab ihr im vollem Umfang statt.

Gründe:
Die Klägerin hat gegenüber dem Beklagten einen Anspruch auf die Mitgliederliste.

Das das Berufungsgericht war zu Recht davon ausgegangen, dass mangels spezialgesetzlicher Regelung auf das Auskunftsrecht der Klägerin die vereinsrechtlichen Vorschriften des BGB Anwendung finden. Das Auskunftsrecht eines Mitglieds des Beklagten ist nicht durch den Verweis auf § 118, § 131 AktG in § 36 S. 1 VAG - der gem. § 14 Abs. 1 S. 4 BetrAVG auf den Beklagten Anwendung findet - spezialgesetzlich geregelt. § 131 AktG betrifft nur die Informationsrechte in der Hauptversammlung. Auch auf § 67 Abs. 6 S. 1 AktG, der das Auskunftsrecht des Namensaktionärs bezüglich der Namen der Mitaktionäre einschränkt, wird in § 36 S. 1 VAG nicht verwiesen. Eine entsprechende Anwendung kommt nicht in Betracht.

Die Klägerin hat auch ein berechtigtes Interesse am Erhalt der Mitgliederliste. Schließlich kann sie ohne Kenntnis von Namen und Anschriften der anderen Vereinsmitglieder nicht ihr sich aus der Mitgliedschaft ergebendes Recht auf Mitwirkung an der vereinsrechtlichen Willensbildung wirkungsvoll ausüben. Das Interesse konnte nicht deshalb verneint werden, weil nach der Satzung jedes Mitglied des Beklagten ohne Geltung eines Quorums in der Mitgliederversammlung antrags- und stimmberechtigt ist. Hiergegen sprach das Quorum von 5 % an sich, weshalb in der Vergangenheit mehrfach von Mitgliedern in der Mitgliederversammlung gestellte Anträge abgelehnt worden waren.

Beim Pensions-Sicherungs-Verein ist auf Gegenseitigkeit zwischen der öffentlich-rechtlichen Beitragspflicht der Arbeitgeber und dem Mitgliedschaftsverhältnis zu unterscheiden. Zwar setzt die Mitgliedschaft beim Beklagten ein bestehendes Versicherungsverhältnis voraus. Die Existenz eines Versicherungsverhältnisses hat aber umgekehrt nicht notwendig auch die Mitgliedschaft beim Beklagten zur Folge. Somit ist das Mitgliedschaftsverhältnis zwischen den Arbeitgebern und dem Verein keine Zwangsmitgliedschaft, sondern privatrechtlicher Natur.

Letztlich standen dem Anspruch auf die Mitgliederliste weder die Regelung des § 15 S. 1 BetrAVG noch datenschutzrechtliche Gesichtspunkte entgegen. Erteilt der Pensions-Sicherungs-Verein auf Gegenseitigkeit einem Mitglied Auskunft über die Namen und die Anschriften der anderen Mitglieder, liegt darin kein Verstoß gegen die Verschwiegenheitspflicht gem. § 15 S. 1 BetrAVG. Auch das Recht auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. mit Art. 1 Abs. 1 GG ist nicht verletzt.

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