Bausparkassen-AGB: Jahresentgelt und Zustimmungsfiktion
OLG Frankfurt a.M. v. 23.7.2025 - 17 U 190/23 u.a.
Der Sachverhalt:
Die beiden vorliegenden Verfahren (17 U 188/23 und 17 U 190/23) betreffen jeweils die Wirksamkeit von Bausparkassen-AGB.
Im ersten Fall wandte sich der Kläger gegen eine Klausel, mit welcher die beklagte Bausparkasse bei einem als Altersvorsorgevertrag zertifizierten Bausparvertrag den Bausparern jährlich ein Verwaltungsentgelt i.H.v. 15 € für Verwaltungstätigkeiten während der Ansparphase berechnete und berechtigt war, das Entgelt bei wesentlichen Veränderungen nach billigem Ermessen zu verändern.
Im zweiten Fall wandte sich der Kläger u.a. gegen eine Klausel, nach welcher die Zustimmung des Bausparers zu bestimmten Änderungen als erteilt gilt, wenn der Sparer nicht fristgerecht widerspricht und auf diese Rechtsfolge vorher hingewiesen wurde.
Das OLG wies die Klagen ab. Hinsichtlich des ersten Falles wurde die Revision zum BGH zugelassen. Die Entscheidung im zweiten Fall ist nicht anfechtbar.
Die Gründe:
Die Klausel im ersten Fall ist wirksam. Zwar entzieht weder die Genehmigung des Tarifwerks durch die BaFin noch die Zertifizierung als Altersvorsorgevertrag durch das Bundeszentralamt für Steuern die Klausel einer gerichtlichen Kontrolle. Aufsicht und Genehmigung bezwecken hier keine abschließende und verbindliche Gestaltung der Rechtsbeziehungen zwischen Bausparkasse und Bausparer.
Die Klausel hält einer Inhaltskontrolle nach dem BGB stand. Sie weicht nicht von wesentlichen Grundgedanken der Rechtsordnung ab. Zwar darf der Verwender von AGB Kosten für die Tätigkeiten, zu denen er verpflichtet ist oder die er überwiegend im eigenen Interesse erbringt, grundsätzlich nicht auf den Kunden abwälzen. Ein Anspruch hierauf besteht nur, wenn dies das Gesetz ausnahmsweise vorsieht. Dem Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetz (AltZertG) kann in diesem Sinne eine Leitlinie für die Gestaltung von Altersvorsorgeprodukten entnommen werden. Die Regelung in § 2a Abs. 1 AltZertG bestimmt ausdrücklich, dass ein Altersvorsorgevertrag Verwaltungskosten vorsehen "darf". Dem ist inhaltlich die Bedeutung beizumessen, dass die Vorschrift jedenfalls eine Befugnis zur Vereinbarung der dort näher definierten Entgelte enthält.
Auch die Klausel im zweiten Fall ist wirksam. Sie weicht zwar von wesentlichen gesetzlichen Grundgedanken ab, da sie das Schweigen des Bausparers als Annahme zu einer Vertragsänderung qualifiziert. Die vom Gesetz in solchen Fällen vermutete unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners ist hier indes widerlegt. Die Änderungsfiktion beschränkte sich auf konkret benannte thematische Punkte. Diese beziehen sich nicht auf die Hauptleistungspflichten, sondern allein auf untergeordnete Vertragsgestaltungen. Die erfassten Regelungsbereiche unterliegen weder der Zustimmungspflicht der BaFin noch wird in Kernrechte des Bausparers eingegriffen.
Mehr zum Thema:
Rechtsprechung (Vorinstanz)
Zur Wirksamkeit von AGB-Klauseln in Riester-Bausparverträgen - hier: Auferlegung von Jahresentgelt
LG Frankfurt a. M. vom 05.10.2023 - 2-28 O 93/23
WM 2023, 2324
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Zur Wirksamkeit einzelner Klauseln in Allgemeinen Bausparbedingungen - hier Bedingungsänderungen: Mitteilung in Hausmitteilungen, Zustimmungsfiktion
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WM 2023, 2326
Aufsatz (zu den Entscheidungen der Vorinstanz)
AGB der Bausparkassen: Verwaltungskosten bei Riesterverträgen und Änderungsklauseln
Hervé Edelmann / Ferdinand Kruis, WM 2024, 105
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WM und WuB in einem Modul: Die WM Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht informiert wöchentlich aktuell und umfassend im Rechtsprechungsteil über Urteile und Beschlüsse der Gerichte. Die WuB Entscheidungsanmerkungen zum Wirtschafts- und Bankrecht informieren monatlich aktuell und praxisbezogen kommentiert über alle wichtigen wirtschafts- und bankrechtlichen Entscheidungen. 4 Wochen gratis nutzen!
OLG Frankfurt a.M. PM Nr. 47 vom 31.7.2025
Die beiden vorliegenden Verfahren (17 U 188/23 und 17 U 190/23) betreffen jeweils die Wirksamkeit von Bausparkassen-AGB.
Im ersten Fall wandte sich der Kläger gegen eine Klausel, mit welcher die beklagte Bausparkasse bei einem als Altersvorsorgevertrag zertifizierten Bausparvertrag den Bausparern jährlich ein Verwaltungsentgelt i.H.v. 15 € für Verwaltungstätigkeiten während der Ansparphase berechnete und berechtigt war, das Entgelt bei wesentlichen Veränderungen nach billigem Ermessen zu verändern.
Im zweiten Fall wandte sich der Kläger u.a. gegen eine Klausel, nach welcher die Zustimmung des Bausparers zu bestimmten Änderungen als erteilt gilt, wenn der Sparer nicht fristgerecht widerspricht und auf diese Rechtsfolge vorher hingewiesen wurde.
Das OLG wies die Klagen ab. Hinsichtlich des ersten Falles wurde die Revision zum BGH zugelassen. Die Entscheidung im zweiten Fall ist nicht anfechtbar.
Die Gründe:
Die Klausel im ersten Fall ist wirksam. Zwar entzieht weder die Genehmigung des Tarifwerks durch die BaFin noch die Zertifizierung als Altersvorsorgevertrag durch das Bundeszentralamt für Steuern die Klausel einer gerichtlichen Kontrolle. Aufsicht und Genehmigung bezwecken hier keine abschließende und verbindliche Gestaltung der Rechtsbeziehungen zwischen Bausparkasse und Bausparer.
Die Klausel hält einer Inhaltskontrolle nach dem BGB stand. Sie weicht nicht von wesentlichen Grundgedanken der Rechtsordnung ab. Zwar darf der Verwender von AGB Kosten für die Tätigkeiten, zu denen er verpflichtet ist oder die er überwiegend im eigenen Interesse erbringt, grundsätzlich nicht auf den Kunden abwälzen. Ein Anspruch hierauf besteht nur, wenn dies das Gesetz ausnahmsweise vorsieht. Dem Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetz (AltZertG) kann in diesem Sinne eine Leitlinie für die Gestaltung von Altersvorsorgeprodukten entnommen werden. Die Regelung in § 2a Abs. 1 AltZertG bestimmt ausdrücklich, dass ein Altersvorsorgevertrag Verwaltungskosten vorsehen "darf". Dem ist inhaltlich die Bedeutung beizumessen, dass die Vorschrift jedenfalls eine Befugnis zur Vereinbarung der dort näher definierten Entgelte enthält.
Auch die Klausel im zweiten Fall ist wirksam. Sie weicht zwar von wesentlichen gesetzlichen Grundgedanken ab, da sie das Schweigen des Bausparers als Annahme zu einer Vertragsänderung qualifiziert. Die vom Gesetz in solchen Fällen vermutete unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners ist hier indes widerlegt. Die Änderungsfiktion beschränkte sich auf konkret benannte thematische Punkte. Diese beziehen sich nicht auf die Hauptleistungspflichten, sondern allein auf untergeordnete Vertragsgestaltungen. Die erfassten Regelungsbereiche unterliegen weder der Zustimmungspflicht der BaFin noch wird in Kernrechte des Bausparers eingegriffen.
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