21.10.2025

Behörden entscheiden über Presseanfragen durch Verwaltungsakt

In einem presserechtlichen Eilverfahren hat das Schleswig-Holsteinische OVG entschieden, dass ein Antrag der Axel Springer Deutschland GmbH gegen das Land Schleswig-Holstein auf Auskunft zu einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren bereits unzulässig ist. Der Antrag müsse gegen die auskunftsverpflichtete Staatsanwaltschaft Flensburg selbst als richtige Antragsgegnerin gerichtet werden. Denn die hier erfolgte Ablehnung des Auskunftsanspruchs stelle einen Verwaltungsakt dar. Mit dieser Einschätzung weicht das OVG von der herrschenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur ab.

OVG Schleswig-Holstein v. 17.10.2025 - 6 MB 28/25
Der Sachverhalt:
Nach einem erfolglosen Antrag der Axel Springer Deutschland GmbH auf Auskunft zu einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren klagte das Verlagshaus den Anspruch vor dem VG gegen das Land Schleswig-Holstein ein. Das VG wies die Klage zurück und begründete dies mit überwiegenden schutzwürdigen Interessen und entgegenstehenden Vorschriften über die Geheimhaltung.

Das OVG stufte den Antrag in der Rechtsmittelinstanz als unzulässig ein. Der Beschluss ist unanfechtbar.

Die Gründe:
Der Antrag muss nach landesrechtlichen Regelungen gegen die auskunftsverpflichtete Staatsanwaltschaft Flensburg selbst gerichtet werden, da nur diese als Landesbehörde bei der gerichtlichen Durchsetzung des Auskunftsanspruchs als richtige Antragsgegnerin in Frage kommt. Dies liegt darin begründet, dass die hier erfolgte Ablehnung des Auskunftsanspruchs ein Verwaltungsakt ist - eine im Verwaltungsrecht vorgesehene besondere Handlungsform der Behörden. Gegen dessen Ablehnung ist in einem Hauptsacheverfahren prinzipiell zunächst ein behördliches Widerspruchsverfahren und bei dessen Erfolglosigkeit Verpflichtungsklage gegen die Behörde zu erheben. Entsprechendes gilt, wenn der Auskunftsanspruch vorab im Eilverfahren geltend gemacht wird.

Nach der bisher herrschenden Meinung in der Rechtsprechung und Fachliteratur ist der presserechtliche Auskunftsanspruch auf ein schlichtes Realhandeln der Behörde gerichtet. Im Falle der Ablehnung einer Presseanfrage durch eine Behörde könnte daher ohne ein vorhergehendes Widerspruchsverfahren eine Leistungsklage erhoben werden. Die Klage und ggf. auch ein Eilantrag wären in diesem Fall, auch wenn eine Landesbehörde handelt, nicht gegen diese, sondern gegen das Land zu richten.

Die Regelungen des Verwaltungsverfahrens und des Prozessrechts gelten auch für die Presse und gehören zu den im Grundgesetz zugelassenen Schranken der Pressefreiheit. Vorschriften müssen gegebenenfalls "pressefreundlich" ausgelegt werden, falls der Zweck des Auskunftsanspruchs sonst vereitelt oder maßgeblich gefährdet würde. Effektiver Rechtsschutz wird nicht verhindert, weil der presserechtliche Anspruch ­wie bisher auch im Wege eines einstweiligen Anordnungsverfahrens durchgesetzt werden kann. Sobald ein gesteigertes öffentliches Interesse und ein starker Gegenwartsbezug der Berichterstattung vorliegen, kann im Eilverfahren eine Entscheidung auch unter Vorwegnahme der Hauptsache getroffen werden. Dabei spielt es keine Rolle, ob schon Widerspruch eingelegt ist und welche Rechtsnatur die Klage im Hauptsacheverfahren hat.

Weil der Antrag bereits unzulässig ist, bedarf die Frage keiner Erörterung, ob die Staatsanwaltschaft Flensburg die Auskunft zurecht wegen überwiegender schutzwürdiger Interessen und entgegenstehender Vorschriften über die Geheimhaltung ablehnen durfte.

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OVG Schleswig-Holstein PM vom 17.10.2025