Bekämpfung von Geldwäsche: Zur Haftung juristischer Personen
EuGH, C 291/24: Schlussanträge des Generalanwalts vom 3.7.2025
Der Sachverhalt:
Mit Straferkenntnis vom 29.2.2024 verhängte die österreichische Finanzmarktaufsichtsbehörde gegen die Steiermärkische Bank und Sparkassen AG als juristische Person wegen der Verletzung von Sorgfaltspflichten nach dem Finanzmarkt-Geldwäschegesetz in der Zeit vom 15.9.2017 bis zum 11.10.2019 eine Sanktion. Die Steiermärkische Bank legte gegen das Straferkenntnis zusammen mit zwei natürlichen Personen Beschwerde beim österreichischen Bundesverwaltungsgericht ein.
Das Bundesverwaltungsgericht hat Zweifel, ob die im Finanzmarkt-Geldwäschegesetz festgelegten Anforderungen, die die Haftung einer juristischen Person an die Haftung einer identifizierten natürlichen Person knüpfen, gegen die Richtlinie 2015/849 zur Bekämpfung der Geldwäsche verstoßen. Darüber hinaus ist es unsicher, ob die im Finanzmarkt-Geldwäschegesetz festgelegten Verjährungsfristen, wonach das Verfahren zur Verhängung von verwaltungsrechtlichen Sanktionen innerhalb von drei Jahren nach Begehung der strafbaren Handlung einzuleiten und innerhalb von fünf Jahren abzuschließen ist, mit dem Unionsrecht vereinbar sind.
Das Bundesverwaltungsgericht hat das Verfahren ausgesetzt und den EuGH hierzu um Vorabentscheidung ersucht.
Die Gründe:
In ihren Schlussanträgen schlägt die zuständige Generalanwältin dem EuGH, vor, dem österreichischen Bundesverwaltungsgericht wie folgt zu antworten:
Art. 60 Abs. 5 und 6 i.V.m. mit Art. 58 Abs. 1 bis 3 und Art. 59 Abs. 1 der Richtlinie (EU) 2015/849 steht einer nationalen Regelung nicht entgegen, nach der es zur Bestrafung einer juristischen Person zwingend erforderlich ist, dass zuvor einem Organwalter oder einer anderen natürlichen Person, die für die juristische Person gehandelt hat, eine förmliche Parteistellung als Beschuldigter (unter strikter Wahrung aller Parteienrechte) einzuräumen und darüber hinaus auch zwingend im Spruch (Tenor) des Straferkenntnisses gegenüber der juristischen Person festzustellen ist, dass die dort konkret zu nennende natürliche Person (oder der Organwalter) tatbestandsmäßig, rechtswidrig und schuldhaft gehandelt hat, um dieses Verhalten in einem weiteren Schritt der juristischen Person zuzurechnen, wobei die Verfolgungsverjährung ab Ende der Tathandlung binnen einer Frist von drei Jahren, die Strafbarkeitsverjährung binnen einer Frist von fünf Jahren eintritt.
Die Richtlinie verlangt nicht, dass die Schuld einer natürlichen Person, die eine Führungsposition innehat, festgestellt wird. Dies hindert jedoch das nationale Recht nicht daran, Anforderungen in Bezug auf das Verschulden zu stellen. Auch das Erfordernis, dass der natürlichen Person, deren Handlung der juristischen Person zuzurechnen ist, im verwaltungsrechtlichen Verfahren gegen diese juristische Person die Rolle einer Partei zukommt, mit all den sich aus einer solchen Stellung ergebenden Verfahrensgarantien, und nicht nur die Rolle als Zeuge, erscheint nicht problematisch.
Ebenso scheinen die formellen Anforderungen in Bezug darauf, dass diese natürliche Person im Tenor des Straferkenntnisses namentlich benannt, die Pflichtverletzung beschrieben und der juristischen Person zugerechnet wird, nicht im Widerspruch zu der Richtlinie zu stehen. Letztlich stehen die Bestimmungen der Richtlinie, die sich auf die Möglichkeit der Verhängung von Sanktionen gegen juristische Personen beziehen, nationalen Vorschriften wie den hier in Rede stehenden nicht entgegen, die die Haftung einer juristischen Person an die Feststellung einer schuldhaften Handlung einer identifizierten natürlichen Person knüpfen, die eine Führungsposition innerhalb der juristischen Person innehat.
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