15.10.2012

Berücksichtigung bestrittener Forderungen: Übersendung der Klageschrift an den Insolvenzverwalter reicht zur Firstwahrung nicht aus

Der Gläubiger einer im Anmeldungsverfahren bestrittenen Forderung hat den Nachweis der rechtzeitigen Klageerhebung so zu führen, dass der Insolvenzverwalter sicher erkennen kann, ob die Klage innerhalb der zweiwöchigen Ausschlussfrist erhoben ist. Allein die Übersendung einer Klageschrift mit der Erklärung, diese bei dem Gericht eingereicht zu haben, reicht zur Fristwahrung nicht aus.

BGH 13.9.2012, IX ZB 143/11
Der Sachverhalt:
In dem im Jahre 2003 eröffneten Insolvenzverfahren meldete die weitere Beteiligte zu 2) (Gläubigerin) zwei Forderungen über rd. 258.000 € und 39.000 € unter den Nrn. 68 und 69 zur Insolvenztabelle an, die vom Insolvenzverwalter bestritten wurden. Mit Beschluss vom 13.12.2010 erteilte das Insolvenzgericht die Zustimmung zur Schlussverteilung. Am 15.12.2010 veröffentlichte es im Internet den Hinweis, dass die Schlussverteilung erfolgen solle und das Verteilungsverzeichnis auf der Geschäftsstelle des Insolvenzgerichts zur Einsichtnahme für die Beteiligten niedergelegt sei.

Am 23.12.2010 teilte der Prozessbevollmächtigte der Gläubigerin dem Insolvenzverwalter per Telefax mit, dass er eine - in Abschrift beigefügte - Klage an diesem Tage beim LG Osnabrück eingereicht habe. Nach Ablauf der Auslegungsfrist weigerte sich der Insolvenzverwalter, die Forderung der Gläubigerin in die Tabelle aufzunehmen, weil diese nicht rechtzeitig den Nachweis der Erhebung der Feststellungsklage ihm gegenüber geführt habe. Die am 23.12.2010 beim LG eingereichte Klage wurde dem Insolvenzverwalter am 10.1.2011 zugestellt.

Das AG - Insolvenzgericht - wies die Einwendungen der Gläubigerin gegen das Verteilungsverzeichnis zurück, weil sie nicht rechtzeitig den Nachweis der Klageerhebung gegenüber dem Insolvenzverwalter erbracht habe. Die gegen diesen Beschluss gerichtete sofortige Beschwerde der Gläubigerin blieb vor dem LG ebenso erfolglos wie ihre Rechtsbeschwerde vor dem BGH.

Die Gründe:
Das LG hat die Einwendungen der Gläubigerin gegen das Schlussverzeichnis mit Recht zurückgewiesen.

Gem. § 189 Abs. 1 InsO muss ein Insolvenzgläubiger, dessen Forderung nicht festgestellt ist und für dessen Forderung ein vollstreckbarer Titel oder ein Endurteil nicht vorliegt, innerhalb einer Ausschlussfrist von zwei Wochen nach der öffentlichen Bekanntmachung dem Insolvenzverwalter nachweisen, dass und für welchen Betrag die Feststellungsklage erhoben oder das Verfahren in dem früher anhängigen Rechtsstreit aufgenommen worden ist. Wird dieser Nachweis rechtzeitig geführt, so behält der Verwalter den auf die Forderung entfallenden Anteil bei der Verteilung gem. § 189 Abs. 2 InsO zurück, solange der Rechtsstreit anhängig ist. Wird der Nachweis nicht rechtzeitig geführt, so bleibt die Forderung bei der Verteilung unberücksichtigt (§ 189 Abs. 3 InsO).

Wie die rechtzeitige Klageerhebung nachzuweisen ist, sagt das Gesetz nicht. Unbestritten ist, dass der Nachweis gegenüber dem Insolvenzverwalter und nicht gegenüber dem Insolvenzgericht zu erbringen ist. Streitig ist, ob der Nachweis der Klageerhebung allein dadurch geführt werden kann, dass dem Insolvenzverwalter die Klageschrift übersandt und ihm erkennbar gemacht wird, bei welchem Gericht Klage eingereicht ist, oder ob zusätzlich der Nachweis geführt werden muss, dass die Klage bei dem Prozessgericht auch tatsächlich eingegangen ist. Der zweiten Meinung ist zuzustimmen.

Allein die Übersendung einer Klageschrift mit der Erklärung, diese bei dem Gericht eingereicht zu haben, reicht zur Fristwahrung nicht aus, denn so ist nicht gesichert, dass diese auch tatsächlich bei dem Prozessgericht eingegangen ist. Der erforderliche Nachweis kann z.B. durch Vorlage einer schriftlichen Eingangsbestätigung des Prozessgerichts, Übersendung einer Kopie der Klageschrift mit dem Eingangsstempel des Gerichts, durch eidesstattliche oder auch ausdrückliche anwaltliche Versicherung der persönlichen Abgabe der Klageschrift geführt werden.

Vorliegend ist das Beschwerdegericht mit Recht davon ausgegangen, dass das Telefax des Prozessbevollmächtigten der Gläubigerin vom 23.12.2010 an den Insolvenzverwalter nicht ausreichte, um die Ausschlussfrist des § 189 Abs. 1 InsO zu wahren. Das Schreiben enthielt keine ausdrückliche anwaltliche Versicherung, es ging aus ihm nicht hervor, dass die Klageschrift tatsächlich beim zuständigen Prozessgericht eingegangen war. Ein Eingangsstempel des LG war auf dem Schriftsatz nicht angebracht, eine Eingangsbestätigung des LG fehlte. Im Hinblick auf diese Versäumnisse musste der Insolvenzverwalter nicht die Überzeugung gewinnen, dass demnächst mit einer Zustellung der Klage zu rechnen war. Solange dem Insolvenzverwalter dieser Nachweis nicht vorlag, brauchte er das Verteilungsverzeichnis nicht zu ändern.

Linkhinweis:

  • Der Volltext der Entscheidung ist auf den Webseiten des BGH veröffentlicht.
  • Um direkt zum Volltext zu kommen, klicken Sie bitte hier.
BGH online
Zurück