25.09.2015

Bestandsschutz für Ratensparpläne mit 25-jähriger Laufzeit

Eine Sparkasse, die Ratensparpläne mit 25-jähriger Laufzeit anbietet und damit wirbt, dass eine Änderung der monatlichen Raten jederzeit möglich ist, kann sich nicht darauf berufen, das in ihren Werbeflyern beschriebene Recht zur Ratenänderung sei nicht Vertragsbestandteil geworden. Die Sparkasse ist selbst für die Vertragsgestaltung verantwortlich, so dass die Kunden auf eine entsprechende Vereinbarung vertrauen durften.

OLG Stuttgart 23.9.2015, 9 U 31/15 u.a.
Der Sachverhalt:
Das Verfahren betrifft Sparverträge bei der beklagten Sparkasse Ulm unter dem Namen "Vorsorgesparen S-Scala". Die klagenden Sparkassenkunden hatten Ratensparpläne mit 25-jähriger Laufzeit abgeschlossen, die eine variable Grundverzinsung und eine laufzeitabhängige Bonusverzinsung von bis zu 3,5 % zusätzlich enthielten. Die Kläger sind der Auffassung, sie dürften innerhalb eines vorgegebenen Rahmens (25 € - 2.500 €) jederzeit die Höhe der monatlichen Raten ändern. Die Sparkasse habe auch nicht wegen der andauernden Niedrigzinsphase ein Recht, die Verträge vorzeitig zu beenden oder sie auf andere Sparformen umzustellen.

Die Sparkasse hatte die Sparpläne mit Werbeflyern beworben. In einem Fall hatte er auszugsweise folgenden Wortlaut:

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Das LG gab den Klagen statt. Die Berufungen der beklagten Sparkasse hatten vor dem OLG keinen Erfolg. Die Revision zum BGH wurde in einem Verfahren zugelassen, soweit es dort um die Frage geht, ob § 489 Abs. 1 Nr. 1 2. Halbs. BGB der Sparkasse ein Kündigungsrecht zubilligen kann.

Die Gründe:
Die Sparkasse kann sich nicht darauf berufen, das in ihren Werbeflyern beschriebene Recht zur Ratenänderung sei nicht Vertragsbestandteil geworden. Sie war selbst für die Vertragsgestaltung verantwortlich. Die Kunden durften auf eine entsprechende Vereinbarung vertrauen. Angesichts der jahrzehntelangen Werbung mit diesen bestimmten Angaben für die Bedingungen des Sparvertrages muss die Beklagte sich an diesen Angaben festhalten lassen. Die Kunden dürfen daher die Höhe ihrer Raten ohne Zustimmung der Sparkasse ändern.

Die Sparkasse ist auch nicht berechtigt, den Vertrag vor Ablauf der vereinbarten Laufzeit von 25 Jahren zu kündigen. Ein aus dem Darlehensrecht (§ 489 Abs. 1 Nr. 1 2. Hs BGB) abgeleitetes Kündigungsrecht der Sparkasse besteht nicht, weil diese Vorschrift auf Sparverträge nicht anwendbar ist. Sie kann auch keine Anpassung des Vertrages verlangen, weil sie das Risiko einer (für sie) negativen Zinsentwicklung gekannt und bei Vertragsschluss übernommen hat.

OLG Stuttgart PM vom 23.9.2015
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