21.07.2011

BGH legt EuGH Fragen hinsichtlich der urheberrechtlichen Vergütungspflicht für Drucker und PCs vor (§ 54a Abs. 1 S. 1 UrhG a.F.)

Der BGH hat dem EuGH Fragen zur urheberrechtlichen Vergütungspflicht von Druckern und PCs zur Vorabentscheidung vorgelegt. Die Vorlage betrifft die bis Ende 2007 geltende Rechtslage, wonach der Urheber eines Werkes einen Vergütungsanspruch gegen den Hersteller, den Importeur und den Händler von Geräten hat, wenn diese Geräte dazu bestimmt sind, ein derartiges Werk "durch Ablichtung eines Werkstücks oder in einem Verfahren vergleichbarer Wirkung" zu vervielfältigen (§ 54a Abs. 1 S. 1 UrhG a.F.).

BGH 21.7.2011, I ZR 162/10 u.a.
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist die VG Wort. Sie nimmt die urheberrechtlichen Befugnisse von Wortautoren und Verlegern wahr. Die Beklagten vertreiben in Deutschland Drucker und PCs, die sie selbst herstellen oder importieren. Die Klägerin nimmt die unterschiedlichen Beklagten in vier verschiedenen Verfahren (I ZR 162/10, I ZR 30/11, I ZR 28/11, I ZR 29/11) auf Zahlung einer Vergütung für diese Geräte in Anspruch.

Das OLG Stuttgart und das OLG München gaben den dort erhobenen Klagen weitgehend statt. Der BGH hob diese Urteile auf und wies die Klagen ab. Das OLG Düsseldorf wies in zwei weiteren Verfahren die dort erhobenen Klagen ab. Die hiergegen gerichteten Revisionen hatten vor dem BGH keinen Erfolg. Das BVerfG hob sämtliche Entscheidungen des BGH auf und verwies die Sachen an den BGH zurück.

Daraufhin setzte der BGH die Verfahren nunmehr aus und legte dem EuGH einige Fragen zur Auslegung der Richtlinie 2001/29/EG zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft zur Vorabentscheidung vor.

Die Gründe:
Mit Blick darauf, dass nach § 54a Abs. 1 S. 1 UrhG a.F. eine Vergütungspflicht nur für Geräte besteht, die dazu bestimmt sind, ein Werk "durch Ablichtung eines Werkstücks oder in einem Verfahren vergleichbarer Wirkung" zu vervielfältigen, stellt sich die Frage, ob es sich bei Vervielfältigungen mittels Druckern und PCs um solche "mittels beliebiger fotomechanischer Verfahren oder anderer Verfahren mit ähnlicher Wirkung" i.S.v. Art. 5 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie handelt. Dabei dürfte es darauf ankommen, innerhalb welcher Geräteketten Drucker und PCs zur Vornahme von Vervielfältigungen verwendet werden. Mit einer aus Scanner, PC und Drucker bestehenden Gerätekette können Vervielfältigungen wie mit einem herkömmlichen Fotokopiergerät hergestellt werden. Bei einer nur aus PC und Drucker bestehenden Funktionseinheit ist dies nicht der Fall, weil damit nur digitale Vorlagen vervielfältigt werden können.

Weiter fragt der BGH, ob die Anforderungen der Richtlinie an einen gerechten Ausgleich für Ausnahmen oder Beschränkungen in Bezug auf das Vervielfältigungsrecht (Art. 5 Abs. 2 und 3 der Richtlinie) unter Berücksichtigung des Grundrechts auf Gleichbehandlung auch dann erfüllt sein können, wenn nicht die Hersteller, Importeure und Händler der Drucker oder der PCs, sondern die Hersteller, Importeure und Händler eines anderen Geräts oder mehrerer anderer Geräte einer zur Vornahme entsprechender Vervielfältigungen geeigneten Gerätekette den gerechten Ausgleich der Rechtsinhaber zu finanzieren haben. Der BGH hat bislang die Auffassung vertreten, es sei grundsätzlich nur dasjenige Gerät einer solchen Funktionseinheit nach § 54a Abs. 1 UrhG a.F. vergütungspflichtig, das am deutlichsten dazu bestimmt ist, zusammen mit den anderen Geräten wie ein Vervielfältigungsgerät eingesetzt zu werden; in der aus Scanner, PC und Drucker bestehenden Funktionseinheit sei dies der Scanner.

Soweit Drucker und PCs dem Grunde nach zu den vergütungspflichtigen Vervielfältigungsgeräten gehören sollten, stellen sich nach Auffassung des BGH im Zusammenhang mit der Bemessung der Höhe der Vergütung weitere Fragen zur Auslegung der Richtlinie. Insbes. stellt sich die Frage, ob die Mitgliedstaaten auch dann für Einschränkungen des Vervielfältigungsrechts einen i.S.d. Richtlinie gerechten Ausgleich zugunsten der Rechtsinhaber vorsehen müssen oder dürfen, wenn die Rechtsinhaber einer Vervielfältigung ihrer Werke ausdrücklich oder konkludent zugestimmt haben.

Hintergrund:
Nach der seit dem 1.1.2008 geltenden Regelung, die in den in Rede stehenden Fällen noch nicht anzuwenden ist, besteht ein Vergütungsanspruch hinsichtlich sämtlicher Gerätetypen, die zur Vornahme von bestimmten Vervielfältigungen zum eigenen Gebrauch benutzt werden (§ 54 Abs. 1 UrhG). Der Vergütungsanspruch hängt danach nicht mehr davon ab, dass die Geräte dazu bestimmt sind, ein Werk "durch Ablichtung eines Werkstücks oder in einem Verfahren vergleichbarer Wirkung" zu vervielfältigen.

Linkhinweis:

  • Der Volltext der Entscheidung wird demnächst auf den Webseiten des BGH veröffentlicht.
  • Für die Pressemitteilung des BGH klicken Sie bitte hier.
BGH PM Nr. 134 vom 21.7.2011
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