05.04.2016

Bohrer-Werbung mit DIN EN-Norm für Schleifwerkzeuge ist wettbewerbswidrig

Die Kennzeichnung von Bohrern/Bohrkronen, die an Fachhändler vertrieben werden, mit "EN 13236 - Sicherheitsanforderungen für Schleifwerkzeuge mit Diamant oder Bornitrid" ist irreführend, diese Werkzeuge von der DIN EN-Norm nicht erfasst werden. Eine Aufbrauchsfrist ist nicht zu gewähren, wenn der Unterlassungsschuldner aufgrund einer Abmahnung mit einem Verbot rechnen musste und bis zum dann ausgesprochenen gerichtlichen Verbot hinreichend Zeit hatte, sich hierauf einzustellen.

LG Wuppertal 5.2.2016, 12 O 135/15
Der Sachverhalt:
Beide Parteien produzieren und vertreiben Diamantwerkzeuge. Die Antragsgegnerin lässt die in ihrem Katalog beworbenen Fliesen Trocken-/ Nassbohrkronen ("Bohrkronen") und die Diamant-Trockenbohrer ("Dosensenker") in China fertigen und vertreibt sie an Fachhändler. Beide Werkzeuge weisen jeweils u.a. die Angabe "EN 13236" auf. Diese normiert die "Sicherheitsanforderungen für Schleifwerkzeuge mit Diamant oder Bornitrid". Die beiden vorbeschriebenen Werkzeuge erwarb die Antragstellerin bei von der Antragsgegnerin belieferten Händlern in Deutschland.

Eine wegen des streitgegenständlichen Verhaltens von der Antragstellerin im November 2015 gegenüber der Antragsgegnerin ausgesprochene Abmahnung wurde von Letzterer zurückgewiesen. Die Antragstellerin hielt die Kennzeichnung der Werkzeuge der Antragsgegnerin mit EN 13236 weiterhin für wettbewerbswidrig. Sie war der Ansicht, die Kennzeichnung erfasse nur Schleifwerkzeuge, wie etwa Diamant-Trennscheiben, und gerade keine Bohrkronen/Bohrer. Durch den Hinweis auf die angebliche Konformität mit dieser DIN werde der irreführende Eindruck erweckt, als einzige Wettbewerberin solche Werkzeuge anzubieten, die die hohen Sicherheitsanforderungen besagter Norm erfüllten, obwohl diese nicht einschlägig sei.

Das LG gab dem Unterlassungsbegehren der Antragstellerin statt.

Die Gründe:
Das Unterlassungsbegehren der Antragstellerin als Mitbewerberin der Antragsgegnerin war nach §§ 3 Abs. 1, 5 Nr. 1, 8 Abs. 1 u. Abs. 3 Nr. 1 UWG gerechtfertigt.

Eine Ware kann grundsätzlich nur dann einer genannten DIN EN-Norm entsprechen, wenn sie der Norm unterfällt. Das aber ist bei den von der Antragsgegnerin vertriebenen Bohrern/Bohrkronen nicht der Fall, denn sie gehören nicht zu den Schleifwerkzeugen die von der DIN EN 13236 "Sicherheitsanforderungen für Schleifwerkzeuge mit Diamant oder Bornitrid" erfasst werden. Dies folgt schon daraus, dass es sich beim Bohren und beim Schleifen um sehr unterschiedliche Bearbeitungsverfahren handelt.

Das entspricht nicht nur dem allgemeinen Sprachgebrauch. Es ist auch entsprechend normiert. Denn nach DIN 8589 Teil 2 ist Bohren definiert als Spanen mit kreisförmiger Schnittbewegung, bei dem die Drehachse des Werkzeuges und die Achse der zu erzeugenden Innenfläche identisch sind und die Vorschubbewegung in Richtung dieser Achse verläuft. Schleifen hingegen ist gem. DIN 8589 Teil 11 ein Fertigungsverfahren mit vielschneidigen Werkzeugen, bei denen die geometrisch unbestimmten Schneiden von einer Vielzahl gebundener Schleifkörner aus natürlichen oder synthetischen Schleifmitteln gebildet werden, die mit hoher Geschwindigkeit, meist unter nichtständiger Berührung zwischen Werkstück und Schleifkorn, den Werkstoff abtrennen. Dass die genannte DIN EN-Norm Bohrer gerade nicht erfasst, folgt im Übrigen auch daraus, dass diese neben den Schleifwerkzeugen wohl mit am häufigsten verwendeten Bearbeitungswerkzeuge für Stein, Metall etc., dort gerade nicht ausdrücklich erwähnt werden.

Durch die falsche Angabe einer DIN-EN Norm verschaffte sich die Antragsgegnerin gegenüber ihren Mitbewerbern einen nicht unerheblichen Wettbewerbsvorteil. Eine Aufbrauchsfrist, also die Möglichkeit die falsch gekennzeichneten Bohrer bis zur Produktionsumstellung und Neubelieferung aus China abzuverkaufen, war der Antragsgegnerin nicht zu gewähren. Schließlich ist eine Aufbrauchsfrist nicht zu gewähren, wenn der Unterlassungsschuldner aufgrund einer Abmahnung mit einem Verbot rechnen musste und bis zum dann ausgesprochenen gerichtlichen Verbot hinreichend Zeit hatte, sich hierauf einzustellen.

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