01.07.2021

Darlehens- und Fahrzeugkaufvertrag auch bei Anschlussfinanzierung verbundene Geschäfte

Ein Darlehensvertrag und ein Fahrzeugkaufvertrag können auch im Fall einer Anschlussfinanzierung verbundene Geschäfte sein. Auch ein Darlehen zur Anschlussfinanzierung dient der Tilgung des nach dem Leistungsgeschäft geschuldeten Restentgelts, wenn der Käufer dadurch das finanzierte Fahrzeug behalten darf. Das Aufspaltungsrisiko, vor dem § 358 BGB den Verbraucher schützen will, besteht ebenfalls.

BGH v. 8.6.2021 - XI ZR 165/20
Der Sachverhalt:
Die Parteien streiten in der Revisionsinstanz noch um die Wirksamkeit des Widerrufs der auf Abschluss eines im Jahr 2016 geschlossenen Verbraucherdarlehensvertrags gerichteten Willenserklärung des Klägers. Der Kläger erwarb im August 2013 einen neuen Mercedes zum Kaufpreis von rd. 41.000 €, den er in voller Höhe mit einem mit der Beklagten im August 2013 geschlossenen Darlehensvertrag finanzierte. Das verzinsliche Darlehen sollte in 36 mtl. Raten zu je 410 €, die der Kläger in der Folgezeit zahlte, und einer Schlussrate i.H.v. rd. 28.000 € getilgt werden. Zur Finanzierung dieser Schlussrate schloss der Kläger mit der Beklagten im September 2016 einen weiteren, ebenfalls durch den Autohändler vermittelten Darlehensvertrag. Dieses Darlehen sollte in 84 mtl. Raten zu je rd. 380 € getilgt werden. In dem Darlehensvertrag wurden auf Seite 1 in der Zeile "Finanzierungsobjekt" das im Jahr 2013 erworbene Fahrzeug eingetragen und das Kästchen "Gebrauchtfahrzeug" angekreuzt. Über sein Widerrufsrecht informierte die Beklagte den Kläger auf Seite 2 des Darlehensvertrags.

Mit Telefax vom 2.2.2018 erklärte der Kläger den Widerruf seiner auf den Abschluss der beiden Darlehensverträge gerichteten Willenserklärungen. Mit seiner Klage begehrt er, die Beklagte zu verurteilen, (1.) an ihn Nutzungsersatz in Bezug auf den Darlehensvertrag 2013 i.H.v. rd. 4.800 € nebst Rechtshängigkeitszinsen zu zahlen, (2.) festzustellen, dass der Beklagten aufgrund seiner Widerrufserklärung keine Zins- und Tilgungsleistungen aus dem Darlehen 2016 über nominal rd. 28.000 € mehr zustünden, (3.) an ihn sämtliche von ihm erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen einschließlich der Schlussrate aus dem Darlehensvertrag 2013 i.H.v. insgesamt rd. 43.000 € nebst Rechtshängigkeitszinsen Zug um Zug gegen Übereignung und Übergabe des finanzierten Fahrzeugs zu zahlen, (4.) für den Fall, dass der Antrag zu 3 Erfolg hat, festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme des Fahrzeugs in Annahmeverzug befindet, und (5.) die Beklagte zu verurteilen, ihn von vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten i.H.v. rd. 2.000 € freizustellen.

Die Beklagte beantragt im Wege der Hilfswiderklage festzustellen, dass der Kläger verpflichtet sei, (1.) an sie Wertersatz in Höhe der Differenz zwischen dem Verkehrswert des finanzierten Fahrzeugs zum Zeitpunkt der Übergabe an den Kläger nach dem Kauf und dem Verkehrswert des Fahrzeugs zum Zeitpunkt der Herausgabe an sie im Rahmen der Rückabwicklung (Wertverlust) zu zahlen, und (2.) an sie für den Zeitraum zwischen der Auszahlung und der Rückzahlung des Darlehens 2016 durch Rückgabe des Fahrzeugs und anschließender Saldierung der gegenseitigen Rückgewähransprüche Nutzungsersatz i.H.v. 3,44% p.a. auf den jeweils noch offenen Darlehenssaldo zu zahlen.

LG und OLG wiesen die Klage ab. Auf die Revision des Klägers hob der BGH das Berufungsurteil auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurück.

Die Gründe:
Mit der vom OLG gegebenen Begründung kann ein wirksamer Widerruf des streitgegenständlichen Allgemein-Verbraucherdarlehensvertrags nicht verneint werden. Das OLG hat zu Unrecht angenommen, dass die Beklagte ihre aus § 492 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 1 und 2 EGBGB resultierende Verpflichtung, über das nach § 495 Abs. 1 BGB bestehende Widerrufsrecht zu informieren, ordnungsgemäß erfüllt hat.

Die dem Kläger erteilte Widerrufsinformation ist auch deshalb fehlerhaft, weil die Beklagte den Kläger entgegen Art. 247 § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2b EGBGB nicht über die sich aus den §§ 358, 359 BGB ergebenden Rechte und über die Bedingungen für die Ausübung dieser Rechte informiert hat. Es handelt sich bei dem im Jahr 2013 geschlossenen Fahrzeugkaufvertrag um einen mit dem Darlehensvertrag 2016 verbundenen Vertrag i.S.d. § 358 Abs. 3 BGB. Nach § 358 Abs. 3 Satz 1 BGB sind ein Vertrag über die Erbringung einer Leistung und ein Verbraucherdarlehensvertrag verbunden, wenn das Darlehen ganz oder teilweise der Finanzierung des anderen Vertrages dient und beide Verträge eine wirtschaftliche Einheit bilden. Eine wirtschaftliche Einheit ist gem. § 358 Abs. 3 Satz 2 BGB insbesondere anzunehmen, wenn sich der Darlehensgeber bei der Vorbereitung oder dem Abschluss des Verbraucherdarlehensvertrages der Mitwirkung des Unternehmers, d.h. des Partners des Vertrages über die Erbringung einer Leistung, bedient. Dies ist vorliegend der Fall.

Der Darlehensvertrag 2016 diente teilweise, nämlich i.H.v. rd. 28.000 €, der Finanzierung des Fahrzeugkaufvertrages, d.h. eines Vertrages über die Erbringung einer anderen Leistung (§ 358 Abs. 3 Satz 1 BGB). Hiervon sind auch die Parteien selbst nach ihren Einträgen auf Seite 1 des Darlehensvertrags 2016 ausgegangen. Der Annahme eines Verbundgeschäftes steht auch nicht entgegen, dass der Darlehensvertrag 2016 ein Folgevertrag zu dem Darlehensvertrag 2013 ist. Mit dem neuen Vertrag wurde die fällige Schlussrate des Darlehens von 2013 abgelöst. Auch das Darlehen 2016 diente der Tilgung des nach dem Leistungsgeschäft geschuldeten Restentgelts, weil der Kläger dadurch das finanzierte Fahrzeug behalten durfte. Das Aufspaltungsrisiko, vor dem § 358 BGB den Verbraucher schützen will, besteht ebenfalls.

Zwischen dem Darlehensvertrag 2016 und dem Kaufvertrag besteht auch eine wirtschaftliche Einheit. Dies folgt vorliegend bereits aus § 358 Abs. 3 Satz 2 BGB, weil sich die Beklagte sowohl bei der Vorbereitung als auch beim Abschluss des Darlehensvertrages 2016 der Mitwirkung des Autohändlers als Darlehensvermittler bedient hat. Dass es sich bei dem Darlehensvertrag 2016 um eine unechte Abschnittsfinanzierung gehandelt habe, bei der dem Darlehensnehmer kein neues Kapitalnutzungsrecht eingeräumt wird und kein gesetzliches Widerrufsrecht besteht, ist weder von den Parteien vorgetragen noch sonst ersichtlich.
BGH online
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