19.07.2011

Das Anbieten von Vorrichtungen zur Herstellung von Pflanzenschutzmitteln verstößt nicht gegen das PflSchG

Wer eine Vorrichtung zur Herstellung eines Pflanzenschutzmittels anbietet, handelt keiner im Pflanzenschutzgesetz (PflSchG) enthaltenen Zulassungsbestimmung zuwider. Dies gilt auch für den Fall, dass das mit der Vorrichtung hergestellte Mittel ein nach § 11 Abs. 1 S. 1 PflSchG zulassungspflichtiges, aber nicht zugelassenes Mittel ist.

BGH 1.6.2011, I ZR 25/10
Der Sachverhalt:
Der Beklagte hat ein Verfahren zur Schädlingsbekämpfung in Getreide-, Reis-, Mais- und Trockengemüsesilos entwickelt, dass den Einsatz von Stickstoff vorsieht und bei dem atmende Schädlinge durch die Erhöhung des Stickstoffgehalts und die gleichzeitige Herabsetzung des Sauerstoffgehalts abgetötet werden. Die Klägerin zu 1) stellt Phosphorwasserstoff entwickelnde Produkte her. Die Klägerin zu 2) besitzt eine Zulassung für eine gasförmige Phosphorwasserstoff-/Stickstoff-Zubereitung und wendet diese zur Entwesung von Vorratsgütern an.

Nach Ansicht der Klägerinnen darf der Beklagte sein Verfahren nicht ohne eine ihm vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (Bundesamt) erteilte pflanzenschutzrechtliche Zulassung anbieten und anwenden. Mit ihrer Klage haben die Klägerinnen zuletzt beantragt, den Beklagten unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen, das von ihm entwickelte Verfahren gewerbsmäßig anzubieten und anzuwenden, ohne dass eine Zulassung durch das Bundesamt vorliegt.

LG und OLG wiesen die Klage ab. Die hiergegen gerichtete Revision der Klägerinnen hatte vor dem BGH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Die Annahme des OLG, den Klägerinnen stünde der Unterlassungsanspruch nach § 8 Abs. 1, §§ 3, 4 Nr. 11 UWG nicht zu, weil der Beklagte für diese Verhaltensweise keine Zulassung des Bundesamtes für ein Pflanzenschutzmittel nach § 11 Abs. 1 S. 1 PfSchG benötige, hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

Der Beklagte verstößt durch das beanstandete Verhalten nicht gegen § 11 Abs. 1 S. 1 PflSchG. Nach dieser Bestimmung dürfen Pflanzenschutzmittel in der Formulierung, in der ihre Abgabe an den Anwender vorgesehen ist, nur in den Verkehr gebracht werden, wenn sie vom Bundesamt zugelassen sind. Das OLG hat angenommen, Stickstoff sei nicht als Pflanzenschutzmittel i.S.v. § 2 Nr. 9, § 11 Abs. 1 S. 1 PflSchG anzusehen. Er wirke selbst nicht toxisch auf die zu bekämpfenden Schädlinge, sondern verdränge nur den von den Schädlingen zur Atmung benötigten Sauerstoff und sei deshalb kein Wirkstoff i.S.v. § 2 Nr. 9a PflSchG. Die Frage, ob Stickstoff, wenn er dazu bestimmt ist, Pflanzenerzeugnisse vor Schadorganismen zu schützen, ein Pflanzenschutzmittel nach § 2 Nr. 9 PflSchG ist, braucht vorliegend jedoch nicht entschieden zu werden.

Auch wenn Stickstoff die Voraussetzungen eines Pflanzenschutzmittels i.S.v. § 2 Nr. 9 PflSchG erfüllt, verstößt der Beklagte nicht gegen § 11 Abs. 1 S. 1 PflSchG, weil er den Stickstoff nicht im Sinne dieser Vorschrift in den Verkehr bringt oder einführt. Da § 11 PflSchG richtlinienkonform auszulegen ist, ist für die Frage des Inverkehrbringens die Definition nach Art. 2 Nr. 10 der Richtlinie 91/414/EWG maßgeblich. Danach ist ein Inverkehrbringen jegliche entgeltliche oder unentgeltliche Abgabe, ausgenommen die Abgabe zur Lagerung mit anschließender Ausfuhr aus dem Gebiet der Gemeinschaft (Art. 2 Nr. 10 S. 1 der Richtlinie); die Einfuhr eines Pflanzenschutzmittels in das Gebiet der Gemeinschaft wird als Inverkehrbringen angesehen (Art. 2 Nr. 10 S. 2 der Richtlinie).

Nach diesen Maßstäben bringt der Beklagte das Pflanzenschutzmittel - unterstellt es handelt sich bei Stickstoff um ein Pflanzenschutzmittel - nicht in den Verkehr. Der Beklagte gibt den Stickstoff selbst nicht an Dritte ab, sondern vertreibt nur das Gerät, mit dem sich durch Filterung des Stickstoffs aus der Umgebungsluft die erhöhte Stickstoffkonzentration erzielen lässt, zusammen mit der Anleitung zur Schädlingsbekämpfung. Dies unterfällt nicht der Zulassungspflicht nach § 11 Abs. 1 S. 1 PflSchG.

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