16.12.2011

Das reine Abfüllen von mit einem als Marke geschützten Zeichen versehenen Getränkdosen stellt keine verbotene Benutzung des Zeichens dar

Die Dienstleistung des reinen Abfüllens von Getränkedosen, die mit einem als Marke geschützten Zeichen versehen sind, ist keine Benutzung dieses Zeichens, die verboten werden kann. Der Dienstleistende, der lediglich im Auftrag und nach den Anweisungen eines Dritten das Abfüllen besorgt, schafft nur die technischen Voraussetzungen für eine Benutzung des einer geschützten Marke ähnlichen Zeichens durch diesen Dritten.

EuGH 15.12.2011, C-119/10
Der Sachverhalt:
Die Gesellschaft Red Bull GmbH stellt unter der Marke Red Bull ein Energiegetränk her und handelt damit. Sie hat diese Marke mit Wirkung für u.a. die Beneluxstaaten international registrieren lassen. Die Gesellschaft Winters BV ist ein niederländisches Unternehmen, das u.a. Dosen mit von ihr selbst oder von Dritten hergestellten Getränken befüllt. Im Auftrag der mit Red Bull konkurrierenden Gesellschaft Smart Drinks Ltd befüllte Winters Dosen mit einem Erfrischungsgetränk. Smart Drinks beliefert Winters dazu mit leeren Dosen und den zugehörigen Verschlusskapseln, die mit verschiedenen Zeichen versehen waren, von denen einige der Marke von Red Bull ähnelten. Smart Drinks lieferte Winters auch den Extrakt des Erfrischungsgetränks.

Winters befüllte die Dosen nach den Anweisungen und Rezepten von Smart Drinks mit einer bestimmten Menge des Extrakts, füllte sie mit Wasser und ggf. mit Kohlensäure auf und verschloss sie. Anschließend stellte sie Smart Drinks die abgefüllten Dosen wieder zur Verfügung, die diese in Staaten außerhalb des Beneluxraums ausführte. Winters erbrachte dabei nur diese Abfülldienstleistungen für Smart Drinks, ohne die abgefüllten Dosen zu ihr zu befördern. Auch die Lieferung und/oder der Verkauf der Dosen an Dritte war nicht Teil ihrer Tätigkeit.

Red Bull rief die niederländischen Gerichte an und machte geltend, dass Winters ihre Markenrechte verletze. Sie beantragte, Winters zu verurteilen, jede Benutzung von ihren Marken ähnlichen Zeichen zu unterlassen. Vor diesem Hintergrund fragt das Oberste Gericht der Niederlande den EuGH, ob das reine "Abfüllen" von Aufmachungen, die mit einem Zeichen, das einer geschützten Marke ähnlich ist, versehen sind, als Benutzung dieses Zeichens im geschäftlichen Verkehr i.S.d. Richtlinie über die Marken (89/104/EWG) anzusehen ist, auch wenn das Abfüllen eine Dienstleistung für und im Auftrag eines Dritten darstellt.

Die Gründe:
Die Richtlinie über die Marken ist dahin auszulegen, dass ein Dienstleistender, der im Auftrag und nach den Anweisungen eines Dritten Aufmachungen abfüllt - die der Dritte ihm zur Verfügung gestellt hat, der darauf zuvor ein Zeichen hat anbringen lassen, das mit einem als Marke geschützten Zeichen identisch oder ihm ähnlich ist -, nicht selbst eine Benutzung dieses Zeichens vornimmt, die verboten werden kann.

Nach der Richtlinie kann der Inhaber einer Marke eine ohne seine Zustimmung erfolgende Benutzung eines mit seiner Marke identischen oder ihr ähnlichen Zeichens durch einen Dritten verbieten, wenn die Benutzung im geschäftlichen Verkehr stattfindet, für Waren oder Dienstleistungen erfolgt, die mit denjenigen, für die die Marke eingetragen wurde, identisch oder ihnen ähnlich sind und wegen der für das Publikum bestehenden Gefahr von Verwechslungen die Hauptfunktion der Marke, d.h. die Gewährleistung der Herkunft der Waren oder Dienstleistungen gegenüber den Verbrauchern, beeinträchtigt oder beeinträchtigen kann.

Allerdings bedeutet der Umstand, dass die technischen Voraussetzungen für die Benutzung eines Zeichens geschaffen werden und diese Dienstleistung vergütet wird, nicht, dass deren Erbringer dieses Zeichen selbst benutzt. Ein Dienstleistender, der sich auf das Abfüllen von bereits gestalteten Dosen beschränkt, hat kein eigenes Interesse an der äußeren Gestaltung der Dosen und den darauf angebrachten Zeichen. Er schafft lediglich die technischen Voraussetzungen für eine solche Benutzung durch den Dritten.

Hinzu kommt, dass ein Dienstleistender in der Lage von Winters die betreffenden Zeichen jedenfalls nicht im Sinne dieses Artikels "für Waren oder Dienstleistungen" benutzen würde, die mit denjenigen, für die die Marke eingetragen ist, identisch oder ihnen ähnlich sind. Diese Wendung bezieht sich im Grundsatz auf die Waren oder Dienstleistungen des Dritten, der das Zeichen benutzt. Im vorliegenden Fall steht fest, dass die von Winters erbrachte Dienstleistung im Abfüllen der Dosen besteht und dass diese Dienstleistung keinerlei Ähnlichkeit mit der Ware aufweist, für die die Marken von Red Bull eingetragen worden sind.

Linkhinweis:

Für den auf den Webseiten des EuGH veröffentlichten Volltext der Entscheidung klicken Sie bitte hier.

EuGH PM Nr. 136 vom 15.12.2011
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