07.06.2011

Der an der Liquidation einer GbR nicht beteiligte und über deren Vermögensstand nicht unterrichtete Gesellschafter hat Anspruch auf Rechnungslegung

Der an der Liquidation nicht beteiligte und auch sonst über den Vermögensstand der Gesellschaft nicht unterrichtete Gesellschafter einer GbR hat gegen den die Abwicklung betreibenden Mitgesellschafter einen Anspruch auf Rechnungsabschluss. Dieser trägt den Anspruch auf Rechnungslegung in sich.

BGH 22.3.2011, II ZR 206/09
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist die Alleinerbin des im Februar 2005 verstorbenen T. Dieser betrieb mit der Beklagten in GbR einen Handel mit Antiquitäten, Interieur und Schmuck. Die Gesellschafter kamen im August 2004 überein, die Gesellschaft zu liquidieren. Der Erblasser führte deswegen im November und Dezember 2004 Rabattaktionen durch. Nach dessen Tod setzte die Beklagte die Veräußerung des Inventars fort und gab im September 2005 die gemieteten Geschäftsräume auf.

Die Klägerin hat mit der Klage zunächst - unter Berufung auf § 6 des Gesellschaftsvertrages, nach dem im Fall des Todes eines Gesellschafters der überlebende Gesellschafter die Gesellschaft fortsetzen und die Erben den ihrer Beteiligung entsprechenden Anteil am Gesellschaftsvermögen erhalten sollten - die Hälfte des sich aus einer Abfindungsbilanz zum Todestag des Erblassers ergebenden Wertes des Gesellschaftsvermögens verlangt.

Das LG gab der Klage statt und verurteilte die Beklagte mit Teilurteil zur Zahlung von rd. 20.500 €. Das OLG wies die Klage sowie die in zweiter Instanz hilfsweise erhobene Stufenklage auf Rechnungslegung über die durchgeführte Liquidation und Auskehrung der Hälfte des Liquidationsüberschusses ab. Auf die Revision der Klägerin hob der BGH das Berufungsurteil insoweit auf, als die erstmals in zweiter Instanz hilfsweise erhobene Stufenklage als unzulässig abgewiesen wurden, und gab dieser im Hinblick auf die Rechnungslegung statt. Hinsichtlich des weiteren Verfahrens im Rahmen der Stufenklage verwies der BGH die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurück.

Die Gründe:
Die erstmals in zweiter Instanz hilfsweise erhobene Stufenklage ist zulässig und auf der ersten Stufe entscheidungsreif.

Die Klageänderung ist gem. § 533 ZPO zulässig. Die Beklagte hat in die Klageänderung eingewilligt (§ 533 Nr. 1 Alt. 1, §§ 525, 267 ZPO). Das OLG hat in einem rechtlichen Hinweis die Auffassung des LG, der Klägerin stünden Ansprüche aus § 6 des Gesellschaftsvertrags zu, als rechtsirrig dargestellt und weiter ausgeführt, dass die Klägerin Anspruch auf Auskehrung der Hälfte des Betrages habe, der nach "Versilberung" aller Werte übrig geblieben sei. Der Beklagten wurde aufgegeben, zur Liquidation vorzutragen. Der Klägerin wurde anheim gestellt, ihre Anträge den Auflagen an die Beklagte anzupassen. Die Klägerin hat daraufhin die Hilfsanträge gestellt und es wurde dazu verhandelt, ohne dass die Beklagte diese beanstandet hat. Ihre Einwilligung in die Klageänderung wird daher unwiderleglich vermutet.

Der auf der ersten Stufe geltend gemachte Rechnungslegungsanspruch ist auf der Grundlage der Feststellungen des OLG begründet, weshalb der erkennende Senat in der Sache selbst entscheiden kann (§ 563 Abs. 3 ZPO). Da die Klägerin als Alleinerbin des Mitgesellschafters der Beklagten an dessen Stelle in die Liquidationsgesellschaft eingetreten ist, hat sie - so das OLG zu Recht - Anspruch auf Auskehrung der Hälfte des Betrages, der sich aus dem Überschuss der Liquidation ergibt (§§ 734, 1922 BGB). Deshalb hat sie einen Anspruch auf Rechnungslegung gegen die Beklagte.

Die GbR befand sich zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers in der Abwicklung. Der Erblasser und die Beklagte kamen im August 2004 überein, die Gesellschaft zu liquidieren. Durch diesen einstimmigen Beschluss wurde die GbR aufgelöst. Nachdem zunächst der Erblasser im November und Dezember 2004 durch Rabattaktionen die Liquidation betrieben hatte, setzte die Beklagte nach dessen Tod die Veräußerung des Inventars fort und gab im September 2005 die gemieteten Geschäftsräume auf. Der Klägerin steht daher ein Anspruch auf die Hälfte des Liquidationsüberschusses zu. Die an der Liquidation nicht beteiligte und auch sonst über den Vermögensstand der Gesellschaft nicht unterrichtete Klägerin hat gegen die die Abwicklung betreibende Beklagte gem. § 721 Abs. 1 BGB einen Anspruch auf Rechnungsabschluss, der den Anspruch auf Rechnungslegung in sich trägt.

Im Übrigen - hinsichtlich der weiteren Stufen der Klage - war die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurückzuverweisen.

Linkhinweis:

  • Der Volltext der Entscheidung ist auf den Webseiten des BGH veröffentlicht.
  • Um direkt zum Volltext zu kommen, klicken Sie bitte hier.
BGH online
Zurück