Der Anwendungsbereich des FernUSG ist nicht auf Fernunterrichtsverträge mit einem Verbraucher beschränkt
BGH v. 12.6.2025 - III ZR 109/24
Der Sachverhalt:
Die Parteien streiten über Zahlungsansprüche aus einem Vertrag über ein "9-Monats-Business-Mentoring-Programm Finanzielle Fitness" (im Folgenden auch: "Mentoring").
Im April 2021 schloss der Kläger einen Vertrag mit der Beklagten über das vorgenannte Programm zum Preis von 47.600 € brutto. Für dieses Programm lag keine Zulassung gemäß § 12 Abs. 1 des Gesetzes zum Schutz der Teilnehmer am Fernunterricht - Fernunterrichtsschutzgesetz (im Folgenden: FernUSG) vor. Durch den Vertrag wurde ein bereits im März 2021 zwischen den Parteien abgeschlossener Vertrag über ein "16-Wochen-Coaching-Programm TRADING-Mastery" (im Folgenden auch: "Trading") zum Bruttopreis von 23.800 € ersetzt, das zu diesem Zeitpunkt noch nicht begonnen hatte und im "Mentoring" als Programmteil enthalten war.
Der Kläger zahlte an die Beklagte 23.800 €; die restliche Hälfte der Vergütung sollte bis Ende Juni 2021 entrichtet werden. Im Juni 2021 erklärte der Kläger die Kündigung des Vertrags und dessen fristlose Kündigung und Anfechtung wegen arglistiger Täuschung.
Der Kläger verlangte die Rückzahlung der bereits entrichteten Vergütung. Das LG wies die Klage ab. Der Vertrag sei nicht gemäß § 7 Abs. 1 FernUSG wegen Verstoßes gegen das Zulassungserfordernis für Fernlehrgänge nichtig. Dieses Gesetz sei mangels Überwachung des Lernerfolgs im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 FernUSG unanwendbar. Die Berufung des Kläger hatte vor dem OLG Erfolg.
Der BGH hat nun die Revision der Beklagten als unbegründet zurückgewiesen.
Die Gründe:
Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass der Kläger gegen die Beklagte einen Anspruch auf Rückzahlung der gezahlten Vergütung in Höhe von 23.800 € aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB hat. Der zwischen den Parteien im April 2021 geschlossene Vertrag ist gemäß § 7 Abs. 1 FernUSG nichtig, weil die Beklagte für das von ihr angebotene "9-Monats-Business-Mentoring-Programm Finanzielle Fitness" nicht über die nach § 12 Abs. 1 Satz 1 FernUSG erforderliche Zulassung verfügte. Der Beklagten steht auch kein zu saldierender Wertersatzanspruch zu.
Bei dem vom Kläger gebuchten Programm handelt es sich um Fernunterricht im Sinne des § 1 Abs. 1 FernUSG. Danach ist Fernunterricht die auf vertraglicher Grundlage erfolgende, entgeltliche Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten, bei der der Lehrende und der Lernende ausschließlich oder überwiegend räumlich getrennt sind (Nr. 1) und der Lehrende oder sein Beauftragter den Lernerfolg überwachen (Nr. 2). Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass nach dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag eine Überwachung des Lernerfolgs durch den Lehrenden oder seinen Beauftragten geschuldet war (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 FernUSG).
§ 7 Abs. 1 und § 12 Abs. 1 FernUSG sind auf den zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag anwendbar, selbst wenn der Kläger ihn nicht als Verbraucher im Sinne des § 13 BGB, sondern als Unternehmer im Sinne des § 14 Abs. 1 BGB abgeschlossen hat, wofür der recht hohe Preis und der Inhalt des "9-Monats-Business-Mentoring-Programms Finanzielle Fitness", welches sich an unternehmerisch tätige Personen richtet, sprechen.
Entgegen einer in Rechtsprechung und Literatur teilweise vertretenen Ansicht (u.a. OLG München v. 17.10.2024 - 29 U 310/21) ist der persönliche Anwendungsbereich des FernUSG nicht auf Fernunterrichtsverträge mit einem Verbraucher im Sinne des § 13 BGB beschränkt. Vielmehr erstreckt er sich auf alle Personen, die mit einem Veranstalter einen Vertrag über die Erbringung von Fernunterricht im Sinne des § 1 FernUSG schließen.
Das von der Beklagten angebotene Programm ist auch nicht nach § 12 Abs. 1 Satz 3 FernUSG vom Zulassungserfordernis befreit, da es nicht ausschließlich der Freizeitgestaltung oder der Unterhaltung dient.
Schließlich wendet sich die Revision ohne Erfolg dagegen, dass das Berufungsgericht eine Einschränkung des Rückzahlungsanspruchs des Klägers aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB nach den Grundsätzen der Saldotheorie verneint hat.
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Link zum Volltext des BGH-Entscheidung
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Im April 2021 schloss der Kläger einen Vertrag mit der Beklagten über das vorgenannte Programm zum Preis von 47.600 € brutto. Für dieses Programm lag keine Zulassung gemäß § 12 Abs. 1 des Gesetzes zum Schutz der Teilnehmer am Fernunterricht - Fernunterrichtsschutzgesetz (im Folgenden: FernUSG) vor. Durch den Vertrag wurde ein bereits im März 2021 zwischen den Parteien abgeschlossener Vertrag über ein "16-Wochen-Coaching-Programm TRADING-Mastery" (im Folgenden auch: "Trading") zum Bruttopreis von 23.800 € ersetzt, das zu diesem Zeitpunkt noch nicht begonnen hatte und im "Mentoring" als Programmteil enthalten war.
Der Kläger zahlte an die Beklagte 23.800 €; die restliche Hälfte der Vergütung sollte bis Ende Juni 2021 entrichtet werden. Im Juni 2021 erklärte der Kläger die Kündigung des Vertrags und dessen fristlose Kündigung und Anfechtung wegen arglistiger Täuschung.
Der Kläger verlangte die Rückzahlung der bereits entrichteten Vergütung. Das LG wies die Klage ab. Der Vertrag sei nicht gemäß § 7 Abs. 1 FernUSG wegen Verstoßes gegen das Zulassungserfordernis für Fernlehrgänge nichtig. Dieses Gesetz sei mangels Überwachung des Lernerfolgs im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 FernUSG unanwendbar. Die Berufung des Kläger hatte vor dem OLG Erfolg.
Der BGH hat nun die Revision der Beklagten als unbegründet zurückgewiesen.
Die Gründe:
Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass der Kläger gegen die Beklagte einen Anspruch auf Rückzahlung der gezahlten Vergütung in Höhe von 23.800 € aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB hat. Der zwischen den Parteien im April 2021 geschlossene Vertrag ist gemäß § 7 Abs. 1 FernUSG nichtig, weil die Beklagte für das von ihr angebotene "9-Monats-Business-Mentoring-Programm Finanzielle Fitness" nicht über die nach § 12 Abs. 1 Satz 1 FernUSG erforderliche Zulassung verfügte. Der Beklagten steht auch kein zu saldierender Wertersatzanspruch zu.
Bei dem vom Kläger gebuchten Programm handelt es sich um Fernunterricht im Sinne des § 1 Abs. 1 FernUSG. Danach ist Fernunterricht die auf vertraglicher Grundlage erfolgende, entgeltliche Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten, bei der der Lehrende und der Lernende ausschließlich oder überwiegend räumlich getrennt sind (Nr. 1) und der Lehrende oder sein Beauftragter den Lernerfolg überwachen (Nr. 2). Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass nach dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag eine Überwachung des Lernerfolgs durch den Lehrenden oder seinen Beauftragten geschuldet war (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 FernUSG).
§ 7 Abs. 1 und § 12 Abs. 1 FernUSG sind auf den zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag anwendbar, selbst wenn der Kläger ihn nicht als Verbraucher im Sinne des § 13 BGB, sondern als Unternehmer im Sinne des § 14 Abs. 1 BGB abgeschlossen hat, wofür der recht hohe Preis und der Inhalt des "9-Monats-Business-Mentoring-Programms Finanzielle Fitness", welches sich an unternehmerisch tätige Personen richtet, sprechen.
Entgegen einer in Rechtsprechung und Literatur teilweise vertretenen Ansicht (u.a. OLG München v. 17.10.2024 - 29 U 310/21) ist der persönliche Anwendungsbereich des FernUSG nicht auf Fernunterrichtsverträge mit einem Verbraucher im Sinne des § 13 BGB beschränkt. Vielmehr erstreckt er sich auf alle Personen, die mit einem Veranstalter einen Vertrag über die Erbringung von Fernunterricht im Sinne des § 1 FernUSG schließen.
Das von der Beklagten angebotene Programm ist auch nicht nach § 12 Abs. 1 Satz 3 FernUSG vom Zulassungserfordernis befreit, da es nicht ausschließlich der Freizeitgestaltung oder der Unterhaltung dient.
Schließlich wendet sich die Revision ohne Erfolg dagegen, dass das Berufungsgericht eine Einschränkung des Rückzahlungsanspruchs des Klägers aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB nach den Grundsätzen der Saldotheorie verneint hat.
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