06.06.2011

Der aus Insolvenzanfechtung folgende Rückgewähranspruch kann abgetreten werden

Der Zweck des Anfechtungsrechts, den Bestand des den Gläubigern haftenden Schuldnervermögens dadurch wiederherzustellen, dass bestimmte Vermögensverschiebungen rückgängig gemacht werden, kann auch dann erreicht werden, wenn der Insolvenzverwalter nicht den anfechtbar weggegebenen Vermögensgegenstand zurückerhält, sondern den Rückgewähranspruch verwertet. Voraussetzung ist nur, dass eine gleichwertige Gegenleistung zur Masse gelangt.

BGH 17.2.2011, IX ZR 91/10
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist Verwalter in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der G-GmbH & Co. oHG (fortan: Schuldnerin). Eine der Gesellschafterinnen der Schuldnerin, die G-GmbH (fortan: Gesellschafterin), ist ebenfalls insolvent. Der Beklagte ist Geschäftsführer und Mehrheitsgesellschafter der Gesellschafterin. Im Mai 2009 trat der Verwalter im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gesellschafterin Insolvenzanfechtungs- und Bereicherungsansprüche gegen den Beklagten an den Kläger ab, die ein Pfandrecht an zwei näher bezeichneten Konten betrafen.

Der Kläger hat aus eigenem, hilfsweise aus abgetretenem Recht des Verwalters im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gesellschafterin beantragt, den Beklagten zu verurteilen, der Aufhebung des Pfandrechts an den Konten zuzustimmen.

Das LG gab der Klage antragsgemäß statt und leitete dabei die Aktivlegitimation des Klägers aus seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter sowie aus der Abtretung her. Das OLG wies die Klage ab. Auf die Revision des Klägers, mit der er seinen bisherigen Klageantrag weiterverfolgt, soweit er auf abgetretenem Recht beruht, hob der BGH das Berufungsurteil insoweit auf, als es die Klage aus abgetretenem Recht des Verwalters im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gesellschafterin betrifft, und verwies die Sache an das OLG zurück.

Die Gründe:
Das OLG ist zu Unrecht davon ausgegangen, die Abtretung des Insolvenzanfechtungsrechts sei aus Rechtsgründen unwirksam.

Eine Forderung kann von dem Gläubiger durch Vertrag mit einem anderen auf diesen übertragen werden. Mit dem Abschluss des Vertrages tritt der neue Gläubiger an die Stelle des bisherigen Gläubigers (§ 398 BGB). Entgegen der Ansicht des OLG ist die Abtretung des Anfechtungsanspruchs nicht gem. § 399 Hs. 1 BGB ausgeschlossen. Die Rückgewähr eines anfechtbar aus dem Vermögen des Schuldners weggegebenen Vermögensgegenstandes durch dessen Übertragung an einen anderen Gläubiger als die Insolvenzmasse (vgl. § 143 InsO) kann ohne Veränderung des Anspruchsinhalts erfolgen.

Die Rückgewähr des Vermögensgegenstandes an einen Dritten widerspricht nicht dem Zweck des Anfechtungsrechts. Aufgabe der Insolvenzanfechtung ist, den Bestand des den Gläubigern haftenden Schuldnervermögens dadurch wiederherzustellen, dass bestimmte Vermögensverschiebungen rückgängig gemacht werden. Dieser Zweck kann auch dann erreicht werden, wenn der Insolvenzverwalter nicht den anfechtbar weggegebenen Vermögensgegenstand zurückerhält, sondern den Rückgewähranspruch verwertet. Voraussetzung ist nur, dass eine gleichwertige Gegenleistung zur Masse gelangt.

Die Rechte des Anfechtungsschuldners werden durch die Abtretung nicht beeinträchtigt. Gem. § 404 BGB kann er dem neuen Gläubiger diejenigen Einwendungen entgegensetzen, die zur Zeit der Abtretung der Forderung gegen den bisherigen Gläubiger begründet waren. Seine Ansprüche aus § 144 InsO bleiben dem Anfechtungsgegner ebenfalls erhalten. Er kann sie auch nach der Abtretung gegen den Insolvenzverwalter geltend machen.

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