20.11.2012

Der gegen einen Treugeber gerichtete Anspruch auf Leistung der Einlage kann unmittelbar der Gesellschaft zustehen

Der gegen einen Treugeber gerichtete Anspruch auf Leistung der Einlage steht unmittelbar der Gesellschaft zu, wenn der in den Treuhandvertrag einbezogene Gesellschaftsvertrag eine unmittelbare Verpflichtung der Treugeber vorsieht und ihnen im Innenverhältnis die Stellung eines unmittelbaren Gesellschafters einräumt.

BGH 18.9.2012, II ZR 201/10
Der Sachverhalt:
Der Beklagte trat im Juli 1999 über die Treuhandkommanditistin P-GmbH der Klägerin bei, einem Immobilienfonds in der Rechtsform einer Kommanditgesellschaft. Er übernahm eine Gesamteinlage von 20.000 DM zzgl. 5 Prozent Agio; darauf waren ab dem 1.9.1999 190 Monatsraten zu 105 DM (53,69 €) zu leisten. Der Beklagte zahlte lediglich die Raten bis einschließlich August 2006.

Der Gesellschaftsvertrag (Anlage BK 2 künftig: GV) der Klägerin, der in den Treuhandvertrag zwischen der Beklagten und der P-GmbH als dessen Bestandteil einbezogen wurde, enthält u.a. folgende Regelungen:

§ 5 Haft-/Festkapital, variables Kapital

2. Die Treugeber der Treuhandkommanditistin sind zur Barleistung ihrer Gesamteinlage verpflichtet. Die Barleistung hat innerhalb von zehn Tagen ab Annahme des Treuhandvertragsangebotes auf das Gesellschaftskonto zu erfolgen, soweit nicht die Erbringung der Gesamteinlage nach einem Einzahlungsplan vereinbart wurde.

§ 6 Rechtsstellung der treuhänderisch beteiligten Gesellschafter

2. Im Innenverhältnis der Gesellschafter untereinander werden die Treugeber, für die die Treuhandkommanditistin die Gesellschaftsbeteiligungen treuhänderisch hält, wie unmittelbar beteiligte Gesellschafter behandelt.

§ 17 Beteiligung am Vermögen und am Ergebnis, Ausschüttungen

3. Für Gesellschafter oder Treugeber, die ihre Einlage nach einem mit der Gesellschaft vereinbarten Einzahlungsplan (mindestens 60 Monatsraten) leisten, gilt statt Abs. 2 folgende Regelung: Mit wirksamem Beitritt ist der Gesellschafter oder Treugeber entsprechend den Einzahlungen auf die bedungene Gesamteinlage mit je vollen DM 1.000 gem. Abs. 1 am Vermögen der Gesellschaft beteiligt.
Wird der Einzahlungsplan nicht nach den vereinbarten Bedingungen bedient (§ 22 Abs. 1 e), ohne dass der Gesellschafter oder Treugeber aus der Gesellschaft ausscheidet, so wird seine Gesamteinlage herabgesetzt.
§ 22 Ausscheiden von Gesellschaftern
1. Ein Kommanditist oder Treugeber scheidet aus der Gesellschaft aus, wenn
e) der vereinbarte Einzahlungsplan nicht vertragsgerecht erfüllt wird und die Summe der Einzahlungen auf die Gesamteinlage geringer ist als die Summe der auf dem Kapitalkonto III belasteten Aufwendungen und Kosten zzgl. DM 2.500.

Die Klägerin beansprucht die von September 2006 bis Dezember 2008 angefallenen Raten i.H.v. insgesamt rd. 1.500 € zzgl. Zinsen und Rücklastschriftkosten. Der Beklagte beruft sich insbes. darauf, dass die Einstellung der Ratenzahlung nach § 17 Nr. 3 GV zur Herabsetzung der Gesamteinlage auf die bisher geleisteten Einzahlungen geführt habe, so dass keine weitere Zahlungspflicht bestehe.

Das LG gab der Klage statt; das OLG wies sie ab und stellte fest, dass die Beteiligung des Beklagten an der Klägerin auf 2.250 € herabgesetzt sei und keine Zahlungspflichten des Beklagten mehr bestünden. Die hiergegen gerichtete Revision der Klägerin hatte vor dem BGH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Die Klägerin kann entgegen der Auffassung des OLG ausstehende Einlagezahlungen aus eigenem Recht einfordern.

Nach dem Gesellschaftsvertrag werden die Treugeber im Innenverhältnis wie unmittelbar beteiligte Gesellschafter behandelt (§ 6 Nr. 2 GV). Demzufolge haben sie im Innenverhältnis zur Klägerin die Stellung eines unmittelbaren Gesellschafters (Quasi-Gesellschafter) erlangt. Daraus ergeben sich einerseits unmittelbar gegen die Gesellschaft bestehende Rechte der Treugeber; andererseits können gesellschaftsrechtliche Verpflichtungen im Innenverhältnis die Treugeber unmittelbar treffen. Vor diesem Hintergrund ist den einschlägigen Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages (§ 5 Nr. 2, § 22a GV) zu entnehmen, dass der gegen einen Treugeber gerichtete Anspruch auf Leistung der Gesamteinlage der Gesellschaft aus eigenem Recht zusteht.

Die Abweisung der Klage und die Feststellung des OLG, es bestünden keine weiteren Zahlungspflichten des Beklagten, stellt sich aber aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Der Klägerin steht gegen den Beklagten kein Anspruch auf weitere Einlagezahlungen ab dem 1.9.2006 zu. Wie das OLG in anderem Zusammenhang rechtsfehlerfrei angenommen hat, ist die Gesamteinlage des Beklagten gem. § 17 Nr. 3 GV auf einen Betrag herabgesetzt, der der Summe der auf die Einlage geleisteten Einzahlungen, vermindert um die in § 17 Nr. 3 GV aufgeführten Abzugspositionen, entspricht. Die dort genannten Voraussetzungen für die Herabsetzung der Gesamteinlage sind erfüllt. Erforderlich ist nach dieser Vertragsbestimmung, dass der Einzahlungsplan nicht nach den vereinbarten Bedingungen bedient wurde (§ 22 Abs. 1 Buchst. e GV), ohne dass der Treugeber (deshalb) aus der Gesellschaft ausgeschieden ist. Beides ist vorliegend der Fall.

Die Herabsetzung der Gesamteinlage ist auch nicht von einer Entscheidung der Klägerin abhängig, wie die Revision meint. Denn schon nach §§ 133, 157 BGB ist dem Gesellschaftsvertrag unabhängig von der Anwendbarkeit des § 5 AGBG (§ 305c Abs. 2 BGB nF) aus der Sicht eines durchschnittlichen Anlegers zu entnehmen, dass die Herabsetzung der Gesamteinlage nicht der Zustimmung der Klägerin bedarf. Das OLG hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass die Herabsetzung der Einlage bei Erfüllung der Voraussetzungen ohne weiteres eintritt.

Die Herabsetzung der Gesamteinlage nach § 17 Nr. 3 GV hat zur Folge, dass der Gesellschafter oder Treugeber keine weiteren Raten zu leisten hat, da der Betrag der Gesamteinlage für die in § 5 Nr. 2 GV begründete Zahlungspflicht maßgebend ist. Der Gesellschafter ist auch nicht (mehr) verpflichtet, die bis zum Abbruch des Einzahlungsplans fällig gewordenen Raten nachzuentrichten. Denn die vertragliche Regelung legt unmissverständlich fest, dass die herabgesetzte Gesamteinlage im Ausgangsbetrag, von dem sodann noch die in § 17 Nr. 3 GV im Einzelnen geregelten Abzüge vorzunehmen sind, der Summe der auf die Einlage geleisteten Einzahlungen entspricht.

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