12.12.2019

Der Grüne Punkt: Kollektivbildmarke zu Unrecht für verfallen erklärt

Das EUIPO hat zu Unrecht die Kollektivbildmarke "Der Grüne Punkt" für verfallen erklärt. Eine Kollektivmarke, die ein System zur Sammlung von Verpackungsabfällen betrifft und auf der Verpackung von Waren angebracht ist, kann durchaus auch für die verpackten Waren "ernsthaft benutzt" werden.

EuGH v. 12.12.2019 - C-143/19 P
Der Sachverhalt:
Im Jahr 1999 hat das Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) zugunsten der Klägerin (Der Grüne Punkt - Duales System Deutschland GmbH) eine Kollektivbildmarke u.a. für Waren des täglichen Gebrauchs (wie Lebensmittel, Getränke, Kleider, Körperpflege- und Putzmittel), Waren zur professionellen Verwendung (wie Waren für landwirtschaftliche und gewerbliche Zwecke) und verschiedene Dienstleistungen (wie Recycling und Abfallentsorgung) eingetragen. Die Abbildung zeigt einen Kreis mit zwei ineinander gedrehten Pfeilen (Der Grüne Punkt).

Auf Antrag des slowakischen Unternehmens Halston Properties erklärte das EUIPO die Marke im Jahr 2015 für alle Waren, für die sie eingetragen worden war, mit Ausnahme der aus Verpackungen bestehenden Waren für verfallen. Der Grüne Punkt habe nicht nachgewiesen, dass die Marke entsprechend ihrer Hauptfunktion, nämlich die Ursprungsidentität der Waren, für die sie eingetragen worden sei, zu garantieren, benutzt worden sei. Der Durchschnittsverbraucher der Union nehme die Marke nicht als Hinweis auf die Herkunft dieser Waren wahr, sondern assoziiere sie mit einem umweltbewussten Verhalten der Unternehmen, die an dem Recyclingsystem von DGP teilnähmen. Gegen diese teilweise Verfallserklärung erhob die Klägerin Klage.

Das EuG wies die Klage ab. Auf das Rechtsmittel der Klägerin hob der EuGH das Urteil auf und gab der Klage statt.

Die Gründe:
Die Klägerin hat zu Recht geltend gemacht, dass das EuG die Auslegung des Begriffs "ernsthafte Benutzung" i.S.d. Unionsmarkenverordnung Nr. 207/2009 verkannt und die in dieser Verordnung genannten Eigenschaften von Kollektivmarken nicht gebührend berücksichtigt hat. Das EuG hat daher bei der Anwendung des Begriffs einen Rechtsfehler begangen, so dass das angefochtene Urteil und die Entscheidung des EUIPO aufzuheben waren.

Eine Kollektivmarke, die ein System zur Sammlung von Verpackungsabfällen betrifft und auf der Verpackung von Waren angebracht ist, kann durchaus auch für die verpackten Waren ernsthaft benutzt werden. Die Hauptfunktion einer Kollektivmarke besteht darin, die Waren oder Dienstleistungen der Mitglieder des Verbands, der Markeninhaber ist, von denen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Im Unterschied zu einer Individualmarke hat eine Kollektivmarke somit nicht die Funktion, den Verbraucher darauf hinzuweisen, was die "Ursprungsidentität" der Waren oder Dienstleistungen ist, für die sie eingetragen ist. Die Verordnung verlangt keineswegs, dass die Hersteller, Erzeuger, Dienstleistungsunternehmer oder Händler, die sich einem Verband anschließen, der Inhaber einer Unionskollektivmarke ist, zu ein und derselben Gruppe von Gesellschaften gehören, die Waren oder Dienstleistungen unter einheitlicher Kontrolle herstellt oder erbringt. Kollektivmarken sind jedoch wie Individualmarken im Geschäftsleben angesiedelt. Ihre Benutzung muss sich daher, um als "ernsthaft" i.S.d. Verordnung eingestuft werden zu können, tatsächlich in das Ziel der betreffenden Unternehmen einfügen, einen Absatzmarkt für ihre Waren oder Dienstleistungen zu erschließen oder zu sichern.

Eine Kollektivmarke wird entsprechend ihrer Hauptfunktion ab dem Augenblick benutzt, in dem die Benutzung dem Verbraucher ermöglicht, nachzuvollziehen, dass die betreffenden Waren oder Dienstleistungen von Unternehmen stammen, die Mitglieder des Verbands sind, der Markeninhaber ist, und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denen zu unterscheiden, die von anderen Unternehmen stammen, die nicht Mitglieder dieses Verbands sind. Aus den Feststellungen des EuG geht hervor, dass in Anbetracht der Tatsache, dass der Hersteller oder Verteiler der streitigen Waren Teil des Lizenzvertragssystems der Rechtsmittelführerin ist, die Kollektivmarke gemäß ihrer Hauptfunktion benutzt worden ist.

Die Beurteilung, ob die Benutzung der Marke ernsthaft ist, hat durch eine Bewertung insbesondere der Verwendungen, die im betreffenden Wirtschaftszweig als gerechtfertigt angesehen werden, um Marktanteile für die durch die Marke geschützten Waren oder Dienstleistungen zu behalten oder zu gewinnen, der Art dieser Waren oder Dienstleistungen, der Merkmale des Marktes sowie des Umfangs und der Häufigkeit der Benutzung der Marke zu erfolgen. Diese Kriterien hat das EuG nicht auf den vorliegenden Fall angewandt. Es oblag dem EuG, zu prüfen, ob die im vorliegenden Fall ordnungsgemäß nachgewiesene Benutzung, d.h. die Anbringung der in Rede stehenden Marke auf der Verpackung der Waren der dem System zur ortsnahen Sammlung und ökologischen Verwertung von Abfällen angeschlossenen Unternehmen, in den betreffenden Wirtschaftszweigen als gerechtfertigt angesehen wird, um Marktanteile für die Waren zu behalten oder zu gewinnen. Es kann hier nicht ausgeschlossen werden, dass sich der vom Hersteller oder Verteiler auf der Verpackung von Waren des täglichen Gebrauchs angebrachte Hinweis auf die Zugehörigkeit zu einem solchen System auf die Kaufentscheidungen der Verbraucher auswirken und so zur Erhaltung oder Erschließung von Marktanteilen bezüglich dieser Produkte beitragen kann.
EuGH online
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