27.10.2025

Direktzahlungsanspruch gegen Geldwäscher ohne Mitverschulden

Selbst wenn das Opfer einer Geldwäsche grob fahrlässig Zahlungen auf ein unbekanntes Konto veranlasst, ist auf den entstandenen Schaden ein Mitverschulden nicht anzurechnen. Das Opfer schuldet dem Täter diesbezüglich keine Sorgfaltspflicht.

OLG Frankfurt a.M. 17.10.2025 - 29 U 100/24
Der Sachverhalt:
Die Klägerin war von einem Betrüger, der sich ihr gegenüber als Mitarbeiter der Beklagten ausgegeben hatte, während eines am 11.1.2023 geführten Telefonats durch Überrumpelung dazu gebracht worden, Überweisungen vorzunehmen. Eine über eine PhotoTAN-App autorisierten Überweisungen i.H.v. 9.500 € erfolgte auf ein Konto des Beklagten. Dieser sich selbst als Opfer. Ein Rückforderungsantrag der Klägerin an die Bank blieb ohne Erfolg.

Das LG hat die Klage abgewiesen, da der Klägerin gegen den Beklagten kein Anspruch auf Zahlung wegen des ihm gutgeschriebenen Betrages zustehe. Im Fall einer nicht autorisierten Zahlung habe nicht der vermeintliche Zahler ("Anweisender", hier die Klägerin), sondern nur die angewiesene Bank ("Angewiesene", Zahlungsdienstleister) einen Anspruch gegen den Zahlungsempfänger (hier den Beklagten) aus Nichtleistungskondiktion, § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB.

Auf die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin hat das OLG das Urteil abgeändert und den Beklagten verurteilt, an die Klägerin 9.500 € zu zahlen.

Die Gründe:
Der Klägerin steht gegen den Beklagten ein Anspruch aus unerlaubter Handlung gem. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 261 Abs. 1, Abs. 6 StGB wegen leichtfertiger Geldwäsche zu. Nach dem BGH ist auch derjenige, der sein Bankkonto leichtfertig für die Abwicklung betrügerischer Internetgeschäfte zur Verfügung stellt, den durch den Betrug Geschädigten zum Schadensersatz verpflichtet (vgl. BGH, Urt. v. 19.12.2012 - VIII ZR 302/11).

Der Beklagte hat sich jedenfalls der leichtfertigen Geldwäsche gem. § 261 Abs. 1 u. Abs. 6 StGB schuldig gemacht. Eine rechtswidrige Vortat i.S.v. § 261 Abs. 1 S. 1 StGB lag in Form eines Betruges zu Lasten der Klägerin gem. § 263 StGB durch unbekannte Personen vor. Die Klägerin war unstreitig durch Täuschung veranlasst worden, die streitgegenständlichen Überweisungen auf das Konto des Beklagten zu tätigen. Der Betrug war - ohne dass es hierauf entscheidungserheblich ankäme - mit der klägerseits vorgenommenen Überweisung bereits vollendet.

Die Erfüllung des Straftatbestandes durch den Beklagten hing auch nicht davon ab, dass die Haupttäter der Vortat "Betrug" nicht ermittelt werden konnten. Täter und Teilnehmer der Vortat müssen nicht bekannt sein, ebenso wenig Tatort und Tatmodalität (vgl. BGH, Beschl. v. 21.1.2016 - 4 StR 384/15). Nach der Gesetzesänderung im Jahr 2021 genügt für die Geldwäsche das Herrühren aus irgendeiner rechtswidrigen Tat (BGH, Beschl. v. 25.4.2022 - 5 StR 100/22). Der Beklagte hatte das aus der Vortat herrührende "Geld" in Form der Kontogutschrift auf seinem Konto gem. § 261 Abs. 1 Nr. 3 StGB durch Abhebung am Geldautomaten und der Verfügung an verschiedenen Supermarktkassen zunächst sich und durch Aushändigung dann einem Dritten verschafft. Der sich aufdrängenden Möglichkeit, dass der Geldbetrag nicht rechtmäßig, sondern durch eine rechtswidrige Tat auf sein Konto gelangt war, hat er sich leichtsinnig oder gleichgültig verschlossen.

Der Beklagte handelte auch rechtswidrig, da die Rechtswidrigkeit durch die Rechtsgutverletzung indiziert wird und schuldhaft, wobei für die Tatbestandserfüllung des § 823 BGB insoweit bereits einfache Fahrlässigkeit gem. § 276 BGB ausreicht, also geringe Anforderungen als an die Leichtfertigkeit zu stellen sind. Ein Mitverschulden gem. § 254 BGB war der Klägerin nicht anzurechnen. Selbst wenn das Opfer einer Geldwäsche grob fahrlässig Zahlungen auf ein unbekanntes Konto veranlasst, ist auf den entstandenen Schaden ein Mitverschulden nicht anzurechnen. Das Opfer schuldet dem Täter diesbezüglich keine Sorgfaltspflicht.

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