06.11.2025

DSGVO: Foto von Beifahrer auf Falschparker-App hochgeladen - Schadensersatz

Die Rechtmäßigkeit der Nutzung eines Lichtbilds mit personenbezogenen Daten des Betroffenen für eine Ordnungswidrigkeitenanzeige beurteilt sich allein nach den Vorschriften der DSGVO. Die Anzeige von Ordnungswidrigkeiten kann zur Wahrung eines berechtigten Interesses auch dann erforderlich sein, wenn der Anzeigende von diesem Verstoß nicht selbst konkret betroffen ist. Der Grundsatz der Datenminierung gebietet es jedoch, auf dem der Anzeige beigefügten Foto abgebildete Dritte zu anonymisieren.

OLG Dresden v. 9.9.2025 - 4 U 464/25
Der Sachverhalt:
Beklagten hatte am 28.1.2024 gegen 12 Uhr an einer Straße auf Höhe einer Bushaltestelle mit seinem Handy ein Foto gemacht, das den Kläger als Beifahrer in einem Fahrzeug zeigt. Das Foto hat er auf seinem Handy abgespeichert und sodann auf dem Server der "weg.li"-App hochgeladen. Hierbei handelt es sich um eine Falschparker-App. Die Betreiber der Website "weg.li.de" haben die Daten in seinem Auftrag verarbeitet. Die Daten waren rund eineinhalb Jahre im Internet abrufbar. Dadurch sind auch weitere Daten wie der Name des Klägers ermittelt und teilweise bekannt geworden.

Der Kläger hat vom Beklagten gerichtlich die Löschung der Daten sowie Schadensersatz und Übernahme der vorgerichtlichen Kosten verlangt. Das LG hat der Klage stattgegeben. Das OLG hat die Entscheidung im Berufungsverfahren weitestgehend bestätigt.

Die Gründe:
Dem Kläger steht gegenüber dem Beklagten ein Löschungsanspruch gem. Art. 17 Abs. 1 DS-GVO sowie ein Anspruch auf immateriellen Schadensersatz gem. Art.  82 Abs. 1 DS-GVO i.H.v. 100 €. Außerdem hat er einen Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Anwaltskosten. Diese beliefen sich wegen des Gegenstandswerts des Löschungsanspruchs von 5.100 € auf 627,13 €.

Die Rechtmäßigkeit der Nutzung eines Lichtbilds mit personenbezogenen Daten des Betroffenen für eine Ordnungswidrigkeitenanzeige beurteilt sich allein nach den Vorschriften der DSGVO. Die Anzeige kann zur Wahrung eines berechtigten Interesses auch dann erforderlich sein, wenn der Anzeigende von diesem Verstoß nicht selbst konkret betroffen ist. Denn die Anzeige von Straftaten durch "Jedermann" liegt im allgemeinen Interesse am Erhalt des Rechtsfriedens und an der Aufklärung von Straftaten; ein individualisierbares Eigeninteresse oder auch eine konkrete Betroffenheit ist dagegen nicht erforderlich.

Der Grundsatz der Datenminierungg, der in Erwägungsgrund 39 S. 9 DSGVO näher konkretisiert wird, gebietet es jedoch, auf dem der Anzeige beigefügten Foto abgebildete Dritte zu anonymisieren. Danach muss die Verarbeitung für den konkreten Zweck derart erforderlich sein, dass sich die berechtigten Interessen mit weniger intensiven Datenverarbeitungen nicht in gleichem Maße verwirklichen lassen. Weniger intensive Datenverarbeitungen bei gleicher Interessenwahrnehmung standen dem Beklagten hier zur Verfügung. So hätte er den von ihm wahrgenommenen Parkverstoß etwa so fotografieren können, dass der Kläger nicht erkennbar gewesen wäre.

Der Beklagte konnte auch nicht mit Erfolg geltend machen, dass das auf Löschung des streitgegenständlichen Fotos gerichtete Klagebegehren wegen Fehlens eines Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig war. Für eine Unterlassungsklage eines Dritten (hier: Beifahrer) gegen die Verbreitung seines Lichtbildes besteht auch dann ein Rechtsschutzbedürfnis, wenn der Verantwortliche das Bild in der Anzeige in einem Bußgeldverfahren beigefügt hat; eine "privilegierte Verbreitung" lag hier nicht vor. Durch die Löschung des Fotos auf der Internet-Plattform wurde nicht belegt, dass der Beklagte dieses Foto auch auf seinem Handy und/oder in Email-Programmen bzw. seinem eigenen Computer zwischenzeitlich unwiederbringlich gelöscht hat. Davon hat er den Senat nicht mit der nach § 286 ZPO erforderlichen Gewissheit überzeugen können.

Der Kläger hat wegen des Datenschutzverstoßes des Beklagten auch einen Anspruch auf immateriellen Schadenersatz aus Art. 82 Abs. 1 DSGVO. Das Hochladen eines Lichtbildes mit personenbezogenen Daten des Betroffenen auf einer Anzeigeplattform im Internet kann einen datenschutzrechtlichen Kontrollverlust begründen. Da nach Abschluss des Bußgeldverfahrens und Löschung der URL in der App sowie auf dem Handy des Beklagten davon auszugehen war, dass der Kläger die Kontrolle über seine Daten umfassend wiedererlangt hat, war der Betrag von 100 € als immaterielle Entschädigung angemessen anzusehen.

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