05.10.2011

Durch Werbung finanzierte kostenlose Arzneimitteldatenbank stellt keine Werbegabe dar

Bietet ein Unternehmen eine durch Werbung finanzierte und deswegen für Ärzte kostenlose Datenbank an, die Informationen und Hinweise für die Verordnung von Arzneimitteln gibt, stellt dies keine Werbegabe i.S.d. § 7 Abs. 1 S. 1 HWG dar. Ärzte sind heute ebenso wie die Angehörigen anderer Berufskreise daran gewöhnt, dass ihnen anzeigenfinanziert Informationen - etwa über das Internet, im Fernsehen oder in einer Zeitschrift - unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden.

BGH 17.8.2011, I ZR 13/10
Der Sachverhalt:
Die Parteien stehen beim Vertrieb von Arzneimitteldatenbanken in Konkurrenz. Diese Datenbanken geben Ärzten Informationen und Hinweise für die Verordnung von Arzneimitteln gem. § 73 Abs. 8 SGB V. Im Rahmen der Anwendung können die Ärzte auch Rezepte ausdrucken. Infolgedessen machen sie typischerweise bei der Auswahl der zu verschreibenden Arzneimittel davon Gebrauch.

Die Beklagte vertreibt neben einer entgeltlichen Arzneimitteldatenbank, die keine Werbung enthält, eine kostenlose Arzneimitteldatenbank, die während der Recherche hersteller- und produktbezogene Werbung in Form von Produktwerbebannern für einzelne Arzneimittel, Herstellerwerbebannern in Arzneimittellisten und Firmennamen einschließlich Bannerwerbung mit Registerkarten einblendet. Die Klägerin war der Ansicht, die Beklagte handele mit dem Angebot ihrer kostenlosen Datenbank wettbewerbswidrig, da das Angebot die Ärzte zu einem berufsordnungswidrigen Verhalten verlockt, eine nach dem HWG verbotene Zuwendung darstelle, die Ärzte unangemessen unsachlich beeinflusse sowie zu einer allgemeinen Marktbehinderung bzw. Marktstörung führe.

Das LG gab der auf Untersagung sowie Schadensersatz gerichteten Klage statt; das OLG wies sie ab. Die Revision der Klägerin blieb vor dem BGH erfolglos.

Die Gründe:
Die Verhaltensweise der Beklagten hatte weder gegen § 7 Abs. 1 S. 1 HWG noch gegen § 33 Abs. 2 der Berufsordnung verstoßen und war auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer gem. § 4 Nr. 1 UWG unzulässigen Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit der mit der beanstandeten Werbung angesprochenen Ärzte oder einer allgemeinen Marktbehinderung oder Marktstörung unlauter.

Bei der kostenlosen Datenbank der Beklagten handelte es sich nicht um eine Werbegabe i.S.v. § 7 HWG. Wie der Senat schon im Fall "Fortbildungs-Kassetten" im Jahr 1990 (Az.: I ZR 240/88) entschieden hat, kann im Hinblick auf das mit § 7 HWG verfolgte Ziel, durch weitgehende Eindämmung von Werbegeschenken im Arzneimittelbereich der abstrakten Gefahr einer unsachlichen Beeinflussung zu begegnen, auch ein Medium der Fachinformation wie etwa eine Kassette, eine Zeitschrift oder ein Buch als Werbegabe i.S.d. Vorschrift in Betracht kommen, wenn es kostenlos an Ärzte abgegeben wird und diese Abgabe in einem dem Gesetzeszweck genügenden Zusammenhang mit der Werbung für Arzneimittel steht.

Im vorliegenden Fall hatte das Berufungsgericht angenommen, dass die Ärzte, denen die Arzneimitteldatenbank zur Verfügung gestellt wird, einen Zusammenhang mit einer Heilmittelwerbung nicht erkennen und die Datenbank daher auch nicht als Zuwendung der dort werbenden Arzneimittelhersteller verstehen. Diese Einschätzung war korrekt, da Ärzte heute ebenso wie die Angehörigen anderer Berufskreise daran gewöhnt sind, dass ihnen anzeigenfinanziert Informationen - etwa über das Internet, im Fernsehen oder in einer Zeitschrift - unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden. Eine solche Informationsvermittlung wird daher nicht als Geschenk empfunden, für das man sich - etwa durch das Verschreiben bestimmter Präparate - in irgendeiner Weise gegenüber dem Zuwendenden dankbar erweisen müsste.

Infolgedessen stellte die streitgegenständliche Datenbank auch vor einem unionsrechtlichen Hintergrund keine Werbegabe i.S.d. § 7 Abs. 1 S. 1 HWG dar. Außerdem war das OLG mit Recht davon ausgegangen, dass das in § 33 Abs. 2 der Berufsordnung enthaltene Verbot im Zusammenhang mit § 7 HWG gesehen werden musste. Danach lag in dem mit § 7 HWG zu vereinbarenden Verhalten der Beklagten auch keine Anstiftung der ihre Datenbank nutzenden Ärzte zu einem berufsrechtswidrigen Verhalten. Letztlich war die Verhaltensweise der Beklagten auch nicht i.S.d. § 4 Nr. 1 UWG geeignet, die Entscheidungsfreiheit der die kostenlose Arzneimitteldatenbank nutzenden Ärzte durch unangemessenen unsachlichen Einfluss zu beeinträchtigen.

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