10.04.2014

Edelmetallankäufer dürfen mit Hinweis "kostenlose Schätzung" werben

Die Werbung eines Edelmetallankäufers mit dem Hinweis "kostenlose Schätzung" ist nicht irreführend. Sie verstößt insbesondere nicht als "Werbung mit einer Selbstverständlichkeit" gegen das Irreführungsverbot des § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 UWG.

BGH 28.11.2013, I ZR 34/13
Der Sachverhalt:
Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Erstattung von Abmahnkosten in Anspruch. Die Parteien betätigen sich auf dem Gebiet des Ankaufs von Altedelmetallen. Die Klägerin hat ihren Geschäftssitz in Pforzheim, die Beklagte betreibt in Schneverdingen/Niedersachsen ein Ladengeschäft. Die Beklagte warb im September 2011 in einer im "Heidekurier" erschienenen Anzeige für den Ankauf von Edelmetallen und offerierte dabei eine "Kostenlose Schätzung" der ihr zum Kauf angebotenen Waren.

Die Klägerin hält die Werbung mit dem Hinweis "Kostenlose Schätzung" für irreführend. Sie mahnte die Beklagte deshalb mit Schreiben ihrer Rechtsanwälte im Oktober 2011 ab und verlangte die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung. Die Beklagte trat dem geltend gemachten Unterlassungsbegehren mit anwaltlichem Schreiben von Oktober 2011 entgegen. Dennoch verpflichtete sie sich, ohne Anerkennung einer Rechtspflicht, aber gleichwohl rechtsverbindlich gegenüber der Klägerin, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr beim Goldankauf mit der Formulierung "kostenlose Schätzung" zu werben.

Die mit der Abmahnung geltend gemachten vorprozessualen Anwaltskosten der Klägerin bezahlte die Beklagte nicht. Die Klägerin nimmt die Beklagte deshalb auf Zahlung von rd. 650 € nebst Zinsen in Anspruch.

Das LG gab der Klage statt; das OLG wies sie ab. Die Revision der Klägerin hatte vor dem BGH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Das OLG hat einen Anspruch der Klägerin auf Erstattung der Abmahnkosten aus § 12 Abs. 1 S. 2 UWG zu Recht abgelehnt. Die Abmahnung der Klägerin war nicht berechtigt i.S.d. Vorschrift.

Nach der Rechtsprechung des Senats kann eine Werbung mit objektiv richtigen Angaben gem. § 5 Abs. 1 UWG unzulässig sein, wenn sie bei einem erheblichen Teil der maßgeblichen Verkehrskreise einen unrichtigen Eindruck erweckt. Dieser kann etwa entstehen, wenn etwas Selbstverständliches in einer Weise hervorgehoben wird, dass der Adressat der Werbung hierin einen besonderen Vorzug der beworbenen Ware oder Leistung vermutet. Das ist insbes. dann der Fall, wenn gesetzlich vorgeschriebene Eigenschaften oder zum Wesen der angebotenen Ware oder Leistung gehörende Umstände besonders hervorgehoben werden, so dass die Werbeadressaten davon ausgehen, es werde mit einem Vorzug gegenüber anderen Waren gleicher Gattung oder Konkurrenzangeboten geworben, obwohl es sich tatsächlich um Merkmale handelt, die das Leistungsangebot des Werbenden gegenüber anderen Angeboten nicht auszeichnen.

Entscheidend ist, dass der angesprochene Verkehr in der herausgestellten Eigenschaft der beworbenen Ware oder Leistung irrtümlich einen Vorteil sieht, den er nicht ohne weiteres, insbes. auch nicht bei Bezug der gleichen Ware oder Leistung bei einem Mitbewerber, erwarten kann. Vorliegend umfasst die Werbung mit dem Hinweis "kostenlose Schätzung" nicht nur die Fallgestaltung, dass der Wert eines der Beklagten zum Kauf angebotenen Gegenstands vor Abgabe eines Ankaufgebots kostenfrei ermittelt wird. Diese Schätzung muss die Beklagte schon deshalb vornehmen, um dem potenziellen Kunden einen konkreten Preis für den Fall eines Ankaufs nennen zu können. Dass diese Wertermittlung kostenlos erfolgt, ist  eine Selbstverständlichkeit und wird auch ohne weiteres erkannt, so dass eine Irreführung bereits von vornherein ausscheidet.

Die von der Klägerin beanstandete Werbung der Beklagten erstreckt sich ihrem Wortlaut nach auch auf den Fall, dass die Beklagte von einem Verbraucher, der keine Verkaufsabsicht hat, um eine Schätzung gebeten wird, weil er erfahren möchte, wieviel ein bestimmter Gegenstand wert ist. Es ist weder festgestellt und vorgetragen, dass die Beklagte für eine derartige Wertermittlung ein Entgelt verlangt. Auch wenn es sich bei der Schätzung des Wertes einer zum Kauf angebotenen Sache um eine üblicherweise von Edelmetallankäufern unentgeltlich vorgenommene Leistung handelt, bleibt es doch gerade in den Fällen, in denen die Wertermittlung unabhängig von einer Verkaufsabsicht des Verbrauchers erfolgt, eine freiwillige Sonderleistung der Beklagten, die nicht als selbstverständlich angesehen werden kann und daher auch nicht mit einer gesetzlich vorgeschriebenen Angabe oder mit einem zum Wesen der Ware gehörenden Umstand vergleichbar ist.

Hinzu kommt, dass es sich bei dem in Rede stehenden Angebot um eine unentgeltliche Leistung handelt, die zumindest dann, wenn ein Vertragsschluss mit der Beklagten nicht beabsichtigt ist, nicht der Beklagten, sondern nur dem nachfragenden Verbraucher dient. Auf eine solche freiwillige, für einen Verbraucher nicht mit finanziellen Risiken verbundene Leistung muss der Anbieter auch dann werbend hinweisen dürfen, wenn er sie nicht allein gewährt, sondern eine entsprechende Übung auch bei seinen Mitbewerbern besteht. Da die Abmahnung der Klägerin im Oktober 2011 somit nicht berechtigt war, besteht auch kein Kostenerstattungsanspruch aus § 12 Abs. 1 S. 2 UWG.

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