09.09.2013

Einfrieren von Geldern im Zusammenhang mit restriktiven Maßnahmen gegen Iran zur Verhinderung der nuklearen Proliferation teilweise nichtig

Die Rechtsakte des Rates, mit denen die Gelder von sieben Gesellschaften und einer natürlichen Person im Zusammenhang mit den restriktiven Maßnahmen gegen Iran zur Verhinderung der nuklearen Proliferation eingefroren wurden, sind nichtig. Die Aufnahme der Bank Melli Iran und der Europäisch-Iranischen Handelsbank in die Liste der Einrichtungen, deren Gelder eingefroren werden, hat das EuG hingegen aufrechterhalten.

EuG 6.9.2013, T-35/10 u.a.
Der Sachverhalt:
Um Druck auf den Iran auszuüben, damit er proliferationsrelevante nukleare Tätigkeiten und die Entwicklung von Trägersystemen für Kernwaffen einstellt, erließ der Rat der EU Beschlüsse und Verordnungen, mit denen die Gelder von Personen und Einrichtungen eingefroren wurden, deren Beteiligung an der nuklearen Proliferation der Rat festgestellt hat. Die betreffenden Personen und Einrichtungen wurden mit einer Begründung des Rates für die Aufnahme der jeweiligen Person oder Einrichtung in einer Liste im Anhang dieser Verordnungen aufgeführt.

Die klagenden Personen und Einrichtungen der vorliegenden Rechtssachen waren durch Ratsbeschlüsse als am Nuklearprogramm Irans beteiligt bezeichnet worden, woraufhin ihre Namen in die jeweilige Liste in den Anhängen der Verordnungen aufgenommen wurden, die das Einfrieren der Gelder dieser Personen vorsehen. Die Kläger erhoben daraufhin Klage auf Nichtigerklärung der Beschlüsse und Verordnungen, mit denen die restriktiven Maßnahmen gegen sie erlassen oder aufrechterhalten worden waren.

Das EuG erklärte Rechtsakte des Rates für nichtig, soweit sie bestimmte Kläger betreffen.

Die Gründe:
Was die Post Bank Iran, die Iran Insurance Company, Good Luck Shipping und die Export Development Bank of Iran betrifft, hat der Rat für die diesen vier Gesellschaften zur Last gelegten Tatsachen keinen Beweis erbracht. Er konnte daher nicht wirksam feststellen, dass sie einen Beitrag zur Unterstützung der nuklearen Proliferation geleistet haben. Daher werden die Rechtsakte des Rates, mit denen er gegen diese Gesellschaften das Einfrieren von Geldern verfügt hat, für nichtig erklärt.

Für nichtig erklärt wurden auch die Rechtsakte, soweit sie Herrn Bateni, die Persia International Bank und die Iranian Offshore Engineering & Construction Co. betreffen. In allen diesen Rechtssachen hat der Rat einen Beurteilungsfehler begangen, da die von ihm herangezogenen Tatsachen und Beweise (bei Herrn Bateni die Tatsache, dass er Geschäftsführer einer bezeichneten Gesellschaft sei oder gewesen sei, bei der Persia International Bank die Tatsache, dass 60 Prozent ihres Kapitals von einer bezeichneten Gesellschaft, der Bank Mellat, gehalten werde, und bei der Iranian Offshore Engineering & Construction Co. die Tatsache, dass sie mit drei Ausfuhrverboten belegt worden sei) für sich allein den Erlass und/oder die Aufrechterhaltung restriktiver Maßnahmen nicht rechtfertigen.

Hinsichtlich der Bank Refah Kargaran hat der Rat gegen die Begründungspflicht und gegen die Pflicht verstoßen, dieser Bank die ihr zur Last gelegten Tatsachen mitzuteilen. Der einzige Grund, dass nämlich die Bank Refah Kargaran laufende Geschäfte der Bank Melli übernommen habe, nachdem sich restriktive Maßnahmen gegen diese gerichtet hätten, ist nicht hinreichend präzise, da der Rat kein einziges konkretes Geschäft ermittelt hat, das diese Bank als "Relaisstation" der Bank Melli vorgenommen hätte. Infolgedessen wurden auch die Rechtsakte des Rates, mit denen restriktive Maßnahmen gegen die Bank Refah Kargaran verhängt worden waren, für nichtig erklärt.

Was die Europäisch-Iranische Handelsbank angeht, wurden die Rechtsakte vom 23.5.2011 für nichtig erklärt, soweit sie diese Gesellschaft betreffen, da der Rat sich darauf beschränkt hatte, den Vorschlag eines Mitgliedstaats auf deren Aufnahme zu billigen, ohne eine Bewertung der in diesem Vorschlag enthaltenen Behauptungen vorgenommen zu haben. Jedoch sind die Rechtsakte von Dezember 2011, mit denen diese Bank in der Liste belassen wurde, von diesem Verfahrensfehler nicht betroffen. Zudem war auch das gesamte weitere Vorbringen der Bank zurückzuweisen, da die von der Europäisch-Iranischen Handelsbank für Rechnung der bezeichneten iranischen Einrichtungen getätigten Geschäfte den Erlass restriktiver Maßnahmen gegen diese Bank rechtfertigen. Daher werden diese jüngeren Rechtsakte nicht für nichtig erklärt und bleiben die Gelder der Europäisch-Iranischen Handelsbank weiterhin eingefroren.

Die Klage der Bank Melli Iran war in vollem Umfang abzuweisen, da der Umstand, dass sie nach dem Erlass der gegen die Atomenergie-Organisation Irans (AEOI) gerichteten restriktiven Maßnahmen durch den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen Zahlungen von Stipendien für Rechnung der AEOI vorgenommen hat, eine Unterstützung für die nukleare Proliferation darstellt.

Hintergrund:
Die Nichtigerklärung der Rechtsakte durch das Gericht erfolgt nicht mit sofortiger Wirkung. Die Wirkungen der für nichtig erklärten Rechtsakte werden bis zum Ablauf der Frist für die Einlegung eines Rechtsmittels (d.h. zwei Monate und zehn Tage nach Zustellung des Urteils) oder, wenn ein Rechtsmittel eingelegt worden ist, bis zu dessen Zurückweisung aufrechterhalten. In diesem Zeitraum kann der Rat die festgestellten Verstöße heilen, indem er ggf. neue restriktive Maßnahmen gegen die betreffenden Personen und Einrichtungen erlässt.

Linkhinweis:

Für die auf den Webseiten des EuGH veröffentlichte Pressemitteilung (mit den Links zu sämtlichen Volltexten der Entscheidungen) klicken Sie bitte hier.

EuG PM Nr. 99 vom 6.9.2013
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