22.11.2023

Einheitlicher Abwicklungsausschuss: Abwicklung der spanischen Bank Banco Popular

Bei der Abwicklung von Banco Popular, stand den betroffenen Anteilseignern und Gläubigern kein Anspruch auf Entschädigung aus dem einheitlichen Abwicklungsfonds zu. Im Fall einer Liquidation der Bank wären sie nämlich nicht besser behandelt worden als bei ihrer Abwicklung.

EuG v. 22.11.2023 - T-302/20
Der Sachverhalt:
Nach der weltweiten Finanzkrise von 2008 hat der Unionsgesetzgeber eine Reihe von Maßnahmen (Bankenunion) zum Schutz der Finanzmärkte der EU eingeführt. Eine dieser Maßnahmen ist der einheitliche Abwicklungsmechanismus, dessen Hauptziel darin besteht, eine geordnete Abwicklung von Banken ohne Inanspruchnahme von Steuergeldern zu ermöglichen und gleichzeitig die Finanzstabilität zu fördern. Wenn eine Bank ausfällt oder wahrscheinlich ausfällt, kann der Ausschuss für die einheitliche Abwicklung (Single Resolution Board, SRB), eine Agentur der Union, unter bestimmten Voraussetzungen ein Abwicklungskonzept annehmen, das von der Kommission genehmigt werden muss. Der einheitliche Abwicklungsfonds gehört ebenfalls zur Bankenunion. Es handelt sich um einen Notfallfonds, der in Krisenzeiten genutzt werden kann und vom Bankensektor selbst finanziert wird.

Im Juni 2017 nahm der SRB ein Abwicklungskonzept hinsichtlich der spanischen Bank Banco Popular an, das von der Kommission genehmigt wurde und zum Kauf der Aktien von Banco Popular durch die spanische Bank Banco Santander zum Preis von 1 € führte. Nach der Verordnung (EU) Nr. 806/2014 über die Abwicklung von Kreditinstituten kann der SRB, wenn festgestellt wird, dass Anteilseigner oder Gläubiger eines Unternehmens, das Gegenstand einer Abwicklungsmaßnahme war, größere Verluste erlitten haben, als sie ihnen bei einer Liquidation dieses Unternehmens im Rahmen eines regulären Insolvenzverfahrens entstanden wären, für ihre Entschädigung den einheitlichen Abwicklungsfonds heranziehen.

Im Fall von Banco Popular wurde zur Einschätzung dieser potenziellen Ungleichbehandlung von einem unabhängigen Gutachter eine Bewertung der Bank in einem hypothetischen Liquidationsszenario vorgenommen, und die betroffenen Anteilseigner und Gläubiger hatten Gelegenheit, sich dazu zu äußern. Der SRB entschied in der Folge, dass die betroffenen Anteilseigner und Gläubiger im Fall einer Liquidation von Banco Popular nicht besser behandelt worden wären als bei der Abwicklung und dass ihnen kein Anspruch auf Entschädigung aus dem einheitlichen Abwicklungsfonds zustehe. Mehrere betroffene Anteilseigner und Gläubiger fochten diese Entscheidung vor dem EuG an.

Das EuG wies die Klagen ab. Gegen Entscheidungen des EuG kann ein auf Rechtsfragen beschränktes Rechtsmittel eingelegt werden.

Die Gründe:
Die Klagen waren abzuweisen, insbesondere was die Infragestellung der Unabhängigkeit des Gutachters und die Nichtbeachtung des Anhörungsrechts der betroffenen Anteilseigner und Gläubiger betrifft. Im Übrigen ist davon auszugehen, dass sich der Gutachter bei seiner Bewertung auf eine korrekte Methodik gestützt und bei der Bewertung der Vermögenswerte von Banco Popular keine offensichtlichen Fehler begangen hat. Ein reguläres Insolvenzverfahren hätte somit zu demselben Ergebnis geführt wie die Abwicklung, so dass das Eigentumsrecht der betroffenen Anteilseigner und Gläubiger nicht verletzt wurde.

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EuGH PM Nr. 175 vom 22.11.2023
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