04.01.2024

Emotionsschlagwort als Produktname: Kein die wettbewerbliche Eigenart eines Produkts mitbestimmendes Element

Das Konzept, ein Emotionsschlagwort als Produktnamen zu verwenden, kann nicht als ein die wettbewerbliche Eigenart eines Produkts mitbestimmendes Element angesehen werden. Gegenstand des wettbewerbsrechtlichen Nachahmungsschutzes gem. § 4 Nr. 3 UWG ist der Schutz von Waren und Dienstleistungen in ihrer konkreten Gestaltung, nicht die dahinterstehende abstrakte Idee. Auch wenn sich die Gestaltung der Verpackung von Produkten des täglichen Bedarfs deutlich vom Marktumfeld abhebt, ist nicht ausgeschlossen, dass sich der Verkehr auch an darauf angebrachten Produkt- und Herstellerangaben orientiert und deshalb eine Täuschung über die betriebliche Herkunft einer Produktnachahmung auszuschließen ist.

BGH v. 7.12.2023 - I ZR 126/22
Der Sachverhalt:
Die Klägerin stellt Konfitüren und Fruchtaufstriche her. Im Februar 2017 führte sie eine neue Produktreihe von Konfitüren mit der Bezeichnung "Glück" erfolgreich in den deutschen Markt ein. Die Beklagte ist ein im Juli 2019 gegründetes Tochterunternehmen der F., die ebenfalls süße Brotaufstriche herstellt und vertreibt, darunter Honig. Die Beklagte vertreibt seit der Markteinführung im Herbst 2019 Honig in einem immer gleichbleibenden Glas, das in der Gestaltung dem von der Klägerin verwendeten ähnelt, unter der Bezeichnung "LieBee". Die Klägerin erweiterte im Herbst 2019 ihr Sortiment um einen "Glück"-Honig. Dieser befindet sich in den gleichen Gläsern wie ihre "Glück"-Konfitüren, sie haben jedoch einen goldenen Deckel.

Die Klägerin sieht in der Aufmachung der "LieBee"-Honiggläser der Beklagten eine unlautere Nachahmung ihrer "Glück"-Konfitürengläser. Damit täusche die Beklagte über die Herkunft des Produkts und nutze zudem die Wertschätzung der "Glück"-Konfitüren aus. Hilfsweise macht die Klägerin geltend, das Produkt der Beklagten verletze ihre beiden Gemeinschaftsgeschmacksmuster Nr. 003237197-0001 und Nr. 003237197-0002. Die Klägerin hat im Wege einstweiligen Rechtsschutzes eine einstweilige Verfügung des OLG erwirkt, die das LG nach dem Widerspruch der Beklagten bestätigt hat. Im vorliegenden Hauptsacheverfahren nimmt die Klägerin die Beklagte auf Unterlassung des Angebots, der Bewerbung, des Verkaufs und des Inverkehrbringens der "LieBee"-Honiggläser in Anspruch genommen. Außerdem begehrt sie deren Rückruf und Entfernung aus den Vertriebswegen, die Feststellung der Schadensersatzverpflichtung der Beklagten, Auskunftserteilung und Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten.

LG und OLG gaben der Klage statt. Auf die Revision der Beklagten hob der BGH das Urteil des OLG auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung dorthin zurück.

Die Gründe:
Die Revision wendet sich mit Erfolg gegen die Beurteilung des OLG, die Verwendung der Bezeichnung "Glück" als Emotionsschlagwort sei prägendes Gestaltungselement der Konfitürengläser der Klägerin. Die Revision rügt mit Recht, dass das Konzept, ein Emotionsschlagwort als Produktnamen zu verwenden, aus Rechtsgründen nicht als ein die wettbewerbliche Eigenart mitbestimmendes Element angesehen werden kann. Gegenstand des wettbewerbsrechtlichen Nachahmungsschutzes gem. § 4 Nr. 3 UWG ist der Schutz von Waren und Dienstleistungen in ihrer konkreten Gestaltung, nicht die dahinterstehende abstrakte Idee. Hiermit steht die Beurteilung des OLG nicht in Einklang. Es hätte allein darauf abstellen dürfen, dass die konkrete Ausgestaltung der Kennzeichnung des Produkts der Klägerin mit der Bezeichnung "Glück" deutlich hervorsticht und dem Betrachter plakativ gegenübertritt. Mit seiner Einordnung der Produktbezeichnung "Glück" unter den Oberbegriff der Emotionsschlagwörter hat das OLG die Produktbezeichnung jedoch abstrahiert und damit rechtsfehlerhaft den Schutzbereich für das Produkt der Klägerin über die konkrete Gestaltung hinaus erweitert.

Die Revision wendet sich auch mit Erfolg gegen die Beurteilung des OLG, im Streitfall liege eine mittelbare Herkunftstäuschung vor, weil der Verkehr das Produkt der Beklagten für eine neue Serie oder ein unter einer Zweitmarke vertriebenes Produkt des Originalherstellers halte. Nach der Rechtsprechung des BGH kann eine Herkunftstäuschung durch eine deutlich sichtbare, sich vom Originalprodukt unterscheidende Kennzeichnung der Nachahmung mit einer Herstellerangabe ausgeräumt werden, wenn die angesprochenen Verkehrskreise die Nachahmung einem bestimmten Unternehmen nicht allein anhand ihrer Gestaltung zuordnen, sondern sich beim Kauf auch an den Herstellerangaben in der Werbung, den Angebotsunterlagen oder an der am Produkt angebrachten Herstellerkennzeichnung orientieren. Bei Produkten des täglichen Bedarfs, die sich in ihrer äußeren Erscheinungsform und insbesondere in der Gestaltung ihrer Verpackung meist nicht wesentlich unterscheiden, sondern regelmäßig sehr stark ähneln, trotzdem aber von unterschiedlichen Herstellern stammen, wird sich der Verkehr an Produkt- und Herstellerangaben orientieren.

Die Frage, welche Bedeutung der Verkehr der Anbringung von unterschiedlichen Produkt- und Herstellerkennzeichnungen beimisst, bedarf einer umfassenden tatgerichtlichen Würdigung. Bei Konfitüren und Honigen handelt es sich um Produkte des täglichen Bedarfs, bei denen sich der Verkehr einer Fülle von Waren und Sortimenten gegenübersieht. Im Streitfall hat das OLG zwar festgestellt, dass sich die Produkte der Parteien in ihrer Verpackungsgestaltung deutlich vom Marktumfeld abheben. Dies schließt es jedoch nicht aus, dass sich der Verkehr nicht nur, aber auch an darauf angebrachten Produkt- und Herstellerangaben orientiert. Das OLG hat festgestellt, dass die Produkte der Parteien in der Erwerbssituation zwar keine deutlich erkennbaren Herstellerkennzeichen erkennen lassen, aber an hervorgehobener Stelle voneinander abweichende Produktbezeichnungen tragen. Diese können - ebenso wie eine deutlich erkennbare Herstellerkennzeichnung - herkunftshinweisend wirken. Der Umstand, dass es sich bei beiden Produktbezeichnungen um Emotionsschlagwörter handelt, spricht nicht gegen eine Berücksichtigung der unterschiedlichen Produktangaben. Die Nachahmung eines Konzepts bei der Wahl der Produktbezeichnung reicht nicht aus, eine abweichende Produktbezeichnung bei der Prüfung der Frage, ob eine Herkunftstäuschung vorliegt, außer Betracht zu lassen.

Mehr zum Thema:

Rechtsprechung:
Urteil
OLG Hamburg vom 16.06.2022 - 5 U 95/21

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