22.07.2014

Entnahme der Vergütung ist maßgeblicher Zeitpunkt für den Beginn der Verzinsungspflicht des Insolvenzverwalters

Die InsO enthält eine planwidrige Regelungslücke, soweit es um die Frage geht, von welchem Zeitpunkt an ein Insolvenzverwalter, der die vor Rechtskraft des Vergütungsfestsetzungsbeschlusses entnommene Vergütung nach dessen Aufhebung in die Masse zurückzahlen muss, diesen Rückzahlungsanspruch zu verzinsen hat. Der Schutz der Insolvenzmasse gebietet es, entsprechend § 717 Abs. 2 S. 2 2. Hs. die Entnahme der Vergütung als maßgeblichen Zeitpunkt für den Beginn der Verzinsungspflicht anzusehen.

BGH 6.5.2014, IX ZR 25/12
Der Sachverhalt:
Der Beklagte war im September 2000 zum vorläufigen Insolvenzverwalter und im Oktober 2000 zum Verwalter im Insolvenzverfahren über das Vermögen der F-GmbH & Co. KG bestellt worden. Im Januar 2001 entnahm der Beklagte 88.646 € für seine Tätigkeit als vorläufiger Insolvenzverwalter nach Beschluss des Insolvenzgerichtes aus der Insolvenzmasse.

Im August 2010 entließ das Insolvenzgericht den Beklagten aus dem Amt. Die Gläubigerversammlung wählte daraufhin den Kläger zum neuen Insolvenzverwalter. Dieser nahm sodann den Beklagten auf Rückzahlung der entnommenen Vergütung zzgl. Zinsen seit dem Tag der Entnahme in Anspruch. Der Beklagte rechnete mit Forderungen i.H.v. 130.590 € auf, die sich aus Beträgen zusammensetzten, die er für die Masse verauslagt habe.

Das LG gab der Klage statt und wies die Widerklage ab. Dabei sprach es dem Kläger einen Zinsanspruch beginnend ab Entnahme der Vergütung im Januar 2001 zu. Auf die Berufung des Beklagten entschied das OLG hingegen, dass die Klageforderung erst ab der Weigerung des Beklagten im August 2010, die entnommene Vergütung zurückzuzahlen, zu verzinsen sei. Auf die Revision des Klägers hob der BGH die Entscheidung des Berufungsgerichts teilweise auf und stellte das erstinstanzlichen Urteil wieder her, soweit das LG den Beklagten verurteilt hatte, den zurückzuzahlenden Betrag schon ab Entnahme zu verzinsen.

Gründe:
Der Schutz der Insolvenzmasse gebietet es, entsprechend § 717 Abs. 2 S. 2 2. Hs., Abs. 3 S. 4 Hs. 2 ZPO die Entnahme der Vergütung als maßgeblichen Zeitpunkt für den Beginn der Verzinsungspflicht anzusehen.

Die InsO enthält eine planwidrige Regelungslücke, soweit es um die Frage geht, von welchem Zeitpunkt an ein Insolvenzverwalter, der die vor Rechtskraft des Vergütungsfestsetzungsbeschlusses entnommene Vergütung nach dessen Aufhebung in die Masse zurückzahlen muss, diesen Rückzahlungsanspruch zu verzinsen hat. Diese Auslassung im Gesetz ist durch eine entsprechende Anwendung des § 717 Abs. 2 S. 2 2. Hs. ZPO zu schließen. Das führt zu einer gerechten Risikoverteilung.

Der Verwalter, der die Vergütung entnimmt, bevor die Festsetzung rechtskräftig ist, muss sich über die Risiken im Klaren sein, die er mit dieser Entnahme eingeht. Zwar ist es ihm unbenommen, aufgrund eines nicht rechtskräftigen Beschlusses auf die Masse zuzugreifen. Er ist in diesem Fall aber spiegelbildlich auch verpflichtet, die entnommene Vergütung sogleich an die Masse zurückzuzahlen, wenn der Beschluss aufgehoben oder zu seinem Nachteil geändert wird. Auf die Inanspruchnahme durch einen Sonderinsolvenzverwalter oder einen neu bestellten Verwalter darf er es nicht ankommen lassen.

Eine unbillige Härte ist mit dieser Verpflichtung nicht verbunden. Zunächst hat der Insolvenzverwalter die Möglichkeit, mit der Entnahme der Vergütung bis zu Rechtskraft des Festsetzungsbeschlusses abzuwarten. Sodann kann er bei Unsicherheiten hinsichtlich der Höhe der Vergütung nur einen Teilbetrag entnehmen, um eventuellen Unwägbarkeiten Rechnung zu tragen. Somit gibt es auch keine Veranlassung, die Pflicht zur Verzinsung ab Rechtshängigkeit nach Treu und Glauben zu begrenzen, wenn es um erhebliche Zinslasten geht oder langwierige Festsetzungsverfahren in Rede stehen. Hat etwa der Verwalter seinen Antrag nicht ausreichend begründet und erfolgt deshalb eine Aufhebung der Festsetzung, so erscheint es geradezu geboten, Zinsen schon ab Entnahme der Vergütung zu erheben.

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