28.04.2025

Erledigte Forderungen müssen unverzüglich gelöscht werden

Entsprechend der gesetzlichen Wertung des § 882e Abs. 3 Nr. 1 ZPO dürfen Wirtschaftsauskunfteien Informationen über Zahlungsstörungen, die auch in das Schuldnerverzeichnis nach § 882b ZPO eingetragen sind oder dort eingetragen werden könnten, nicht länger speichern, wenn die vollständige Befriedigung des Gläubigers gemeldet worden ist.

OLG Köln v. 10.4.2025 - 15 U 249/24
Der Sachverhalt:
Die Beklagte betreibt eine Wirtschaftsauskunftei und hat Daten über drei gegen den Kläger gerichtete unbestrittene Forderungen gespeichert. Dabei handelte es sich um eine durch Vollstreckungsbescheid vom 15.8.2019 titulierte Forderung i.H.v. 150 €, die der Kläger am 2.12.2020 bezahlt hat, über eine mehrfach angemahnte Forderung i.H.v. 428,27 € aus einer Rechnung vom 31.1.2020, die der Kläger am 4.11.2021 bezahlt hat, und über eine durch Vollstreckungsbescheid vom 7.2.2022 titulierte Forderung i.H.v. 160,99 €, die der Kläger im Dezember 2022 bezahlt hat.

Mit seiner am 25.11.2023 erhobenen Klage hat der Kläger von der Beklagten zunächst die Löschung der oben genannten Einträge, den Ersatz eines immateriellen Schadens i.H.v. 1.500 € und den Ersatz vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten i.H.v. 627,13 € begehrt. Nachdem die Beklagte den Eintrag über die am 2.12.2020 erledigte Forderung nach Ablauf von drei Jahren am 2.12.2023 gelöscht hatte, haben die Parteien den Rechtsstreit bezüglich dieses Löschungsanspruchs übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt erklärt.

Das LG hat die weitergehende Klage abgewiesen. Auf die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers hat das OLG die Entscheidung teilweise abgeändert und der Klage zum Teil stattgegeben. Allerdings wurde für die Beklagte die Revision zugelassen.

Die Gründe:
Die mit dem allein noch rechtshängigen Zahlungsantrag geltend gemachten Schadensersatzansprüche sind entgegen der Auffassung des LG gem. Art. 82 Abs. 1 DSGVO teilweise gerechtfertigt.

Die Beklagte hat gegen die Datenschutz-Grundverordnung verstoßen, indem sie die in den ursprünglichen Klageanträgen genannten Einträge über Zahlungsstörungen des Klägers auch nach dem Ausgleich sämtlicher Forderungen für drei bzw.gut zwei Jahre weiterhin gespeichert und für ihre Kunden zum Abruf bereitgehalten hat. Nach der Erfüllung der Forderungen war die fortdauernde Speicherung der - nunmehr zusätzlich mit einem Erledigungsvermerk versehenen - Einträge betreffend die zuvor aufgetretenen Zahlungsstörungen rechtswidrig, weil die in Art. 6 Abs. 1 DSGVO genannten Bedingungen nicht länger erfüllt waren.

Dies gilt insbesondere für die in Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchstabe f DSGVO genannte Bedingung. Die von dieser Vorschrift geforderte Beurteilung der Frage, ob die berechtigten Interessen der Beklagten vernünftigerweise nicht durch eine kürzere Dauer der Datenspeicherung erreicht werden können, erfordert eine Abwägung der einander gegenüberstehenden Rechte und Interessen (vgl. EuGH, Urt. v. 7.12.2023 - C-26/22). Bei dieser Abwägung ist vorliegend in Ermangelung einer gesetzlichen Regelung der für Wirtschaftsauskunfteien maßgeblichen Speicherfristen (vgl. BT-Drucks. 20/10859 S. 34 ff. [Buchstabe f nebst Begründung]) die gesetzliche Wertung des § 882e Abs. 3 Nr. 1 ZPO maßgeblich zu berücksichtigen. Danach wird eine Eintragung im Schuldnerverzeichnis auf Anordnung des zentralen Vollstreckungsgerichts gelöscht, wenn diesem die vollständige Befriedigung des Gläubigers nachgewiesen worden ist. Unter Berücksichtigung dieser Wertung hätte die Beklagte die fraglichen Einträge über Zahlungsstörungen des Klägers löschen müssen, nachdem ihr die vollständige Befriedigung der Gläubiger durch entsprechende Meldungen der Gläubiger nachgewiesen worden war.

Der EuGH hat entschieden, dass Art. 5 Abs. 1 Buchstabe a und Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchstabe f DSGVO einer Praxis privater Wirtschaftsauskunfteien entgegenstehen, die darin besteht, in ihren eigenen Datenbanken aus einem öffentlichen Register stammende Informationen über die Erteilung einer Restschuldbefreiung zugunsten natürlicher Personen zum Zweck der Lieferung von Auskünften über die Kreditwürdigkeit dieser Personen für einen Zeitraum zu speichern, der über die Speicherdauer der Daten im öffentlichen Register hinausgeht. Die anderslautende Entscheidung des Senats vom 27.1.2022 - 15 U 153/21, die nach Rücknahme der dagegen eingelegten Revision rechtskräftig geworden ist, ist damit ebenso überholt wie die vom LG angeführten Entscheidungen.

Zwar bezieht sich die EuGH-Entscheidung nur auf in einem Insolvenzregister veröffentlichte Informationen über die Erteilung einer Restschuldbefreiung. Für Eintragungen im Schuldnerverzeichnis gem. § 882b ZPO kann aber nichts Anderes gelten, denn zwischen dem Insolvenzregister und dem Schuldnerverzeichnis bestehen keine Unterschiede, die für die vorzunehmende Interessenabwägung von wesentlicher Bedeutung wären. Es ist der Beklagten deshalb verwehrt, aus dem öffentlichen Schuldnerverzeichnis stammende Informationen zum Zweck der Lieferung von Auskünften über die Kreditwürdigkeit der eingetragenen Schuldner für einen Zeitraum zu speichern, der über die Speicherdauer der Daten im öffentlichen Register hinausgeht (vgl. OLG Oldenburg, Beschl. v. 13.3.2024 - 13 W 9/24).

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