29.07.2021

EuGH-Vorlage: Muss der Pfandbetrag in der Werbung gesondert ausgewiesen werden?

Der u.a. für das Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat des BGH hat dem EuGH Fragen dazu vorgelegt, ob bei der Werbung für Waren in Pfandbehältern der Pfandbetrag gesondert ausgewiesen werden darf oder ein Gesamtpreis einschließlich des Pfandbetrags angegeben werden muss.

BGH v. 29.7.2021 - I ZR 135/20
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist ein Verein, der satzungsgemäß das Interesse seiner Mitglieder an der Einhaltung des Wettbewerbsrechts überwacht. Die Beklagte vertreibt Lebensmittel. In einem Faltblatt hatte sie u.a. Getränke in Pfandflaschen beworben sowie Joghurt in Pfandgläsern. Der Pfandbetrag war in die angegebenen Preise nicht einberechnet, sondern mit dem Zusatz "zzgl. ... € Pfand" ausgewiesen.

Der Kläger sah darin einen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht und nahm die Beklagte auf Unterlassung und Ersatz von Abmahnkosten in Anspruch. Das LG hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das OLG Klage abgewiesen.

Das Berufungsgericht war der Ansicht, dem Kläger stehe kein Unterlassungsanspruch wegen eines Verstoßes gegen § 1 Abs. 1 Satz 1 PAngV zu. Unabhängig davon ob ein Pfandbetrag nach der Vorschrift in den Gesamtpreis einzurechnen sei, könne der Klage aus rechtsstaatlichen Gründen nicht stattgegeben werden, weil § 1 Abs. 4 PAngV eine Ausnahmevorschrift enthalte, nach der aus dem Preis für die Ware und dem Pfand kein Gesamtbetrag zu bilden sei. Diese Vorschrift sei zwar europarechtswidrig und deshalb nicht mehr anwendbar, bleibe aber geltendes Recht. Es sei daher mit rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht zu vereinbaren, die Beklagte, die sich an diese Vorschrift gehalten habe, zu verurteilen.

Auf die Revision des Klägers hat der BGH das Verfahren ausgesetzt und dem EuGH Fragen zur Auslegung der Richtlinie 98/6/EG über den Schutz der Verbraucher bei der Angabe der Preise der ihnen angebotenen Erzeugnisse und der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken vorgelegt.

Gründe:
Es stellt sich die Frage, ob der Begriff des Verkaufspreises i.S.v. Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 98/6/EG dahin auszulegen ist, dass er den Pfandbetrag enthalten muss, den der Verbraucher beim Kauf von Waren in Pfandflaschen oder Pfandgläsern zahlen muss.

Falls der Verkaufspreis i.S.v. Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 98/6/EG den Pfandbetrag enthalten muss, möchte der Senat mit der zweiten Vorlagefrage wissen, ob die Mitgliedsstaaten nach Art. 10 der Richtlinie 98/6/EG berechtigt sind, eine von Art. 3 Abs. 1 und 4 in Verbindung mit Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 98/6/EG abweichende Regelung wie die in § 1 Abs. 4 PAngV beizubehalten, wonach für den Fall, dass außer dem Entgelt für eine Ware eine rückerstattbare Sicherheit gefordert wird, deren Höhe neben dem Preis für die Ware anzugeben und kein Gesamtbetrag zu bilden ist, oder ob dem der Ansatz der Vollharmonisierung der Richtlinie 2005/29/EG entgegensteht.
BGH PM Nr. 148 v. 29.7.2021
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