04.04.2012

Flughafen Frankfurt Main: Planmäßige Flüge in der Nacht bleiben unzulässig

Das BVerwG hat entschieden, dass planmäßige Flüge in der sog. Mediationsnacht (23 bis 5 Uhr) weiterhin unzulässig sind. Während der gesamten Nacht (22 bis 6 Uhr) sind künftig durchschnittlich 133 - statt bisher 150 - Flüge erlaubt.

BVerwG 4.4.2012, 4 C 8.09 u.a.
Der Sachverhalt:
Gegenstand der Verfahren sind Musterklagen gegen den Planfeststellungsbeschluss zum Ausbau des Flughafens Frankfurt Main, insbes. zum Nachtflugverbot und zur Anlegung einer neuen Landebahn. Kläger in den acht Musterklageverfahren sind die Städte Offenbach a.M., Mörfelden-Walldorf, Neu-Isenburg, Raunheim und Rüsselsheim sowie Privatpersonen, Gewerbetreibende und eine kommunalen Klinik.

Im Planfeststellungsbeschluss des beklagten Landes Hessen sind für die Gesamtnacht (22 bis 6 Uhr) - auf das Kalenderjahr bezogen - durchschnittlich 150 planmäßige Flugbewegungen je Nacht zugelassen. In der sog. Mediationsnacht (23 bis 5 Uhr) sind durchschnittlich 17 planmäßige Flugbewegungen von Luftfahrzeugen im ausschließlichen Luftfrachtverkehr bzw. Luftpostverkehr sowie übergangsweise und nachrangig auch Touristik- und Passagierflüge zugelassen.

Der VGH Kassel gab den Klagen insoweit statt, als er das Land Hessen verpflichtete, über die Zulassung planmäßiger Flüge in der Zeit von 23 bis 5 Uhr und über den Bezugszeitraum für die Zulassung von durchschnittlich 150 planmäßigen Flügen je Nacht neu zu entscheiden. Den Planfeststellungsbeschluss hob er insoweit auf. Im Übrigen wies der VGH die Klagen ab. Das BVerwG bestätigte im Wesentlichen das erstinstanzliche Urteil.

Die Gründe:
In der Mediationsnacht (23 bis 5 Uhr) sind Flüge bis zu einer Neubescheidung (weiterhin) unzulässig. Die Zulassung von 17 planmäßigen Flügen, die im ursprünglichen Betriebskonzept nicht vorgesehen waren, war allerdings bereits wegen fehlender Anhörung der Betroffenen aufzuheben. Zu Recht hat der VGH die Regelung als abwägungsfehlerhaft beanstandet, weil sie den besonderen Anforderungen an den Nachtlärmschutz der Bevölkerung nicht genügt. Bundesrechtlich unbedenklich ist auch, dass der VGH dem Grundsatz in Nr. III 1 der Landesentwicklungsplan-Änderung 2007 die Wirkung einer "konkretisierenden Gewichtungsvorgabe" beigemessen hat, die als grundsätzliches Verbot planmäßiger Flüge in der Mediationsnacht zu verstehen sei und den Gestaltungsspielraum sehr weit - auf annähernd Null - einschränke.

In den sog. Nachtrandstunden (22 bis 23 Uhr und 5 bis 6 Uhr) dürfen ab sofort nicht mehr 150, sondern nur noch durchschnittlich 133 planmäßige Flüge stattfinden. Über die Zulassung eines darüber hinausgehenden Kontingents hat das Land neu zu entscheiden. Dabei hat es zu beachten, dass die Nachtrandstunden nicht als bloße Verlängerung des Tagflugbetriebes angesehen werden dürfen. Selbst im Falle eines nahezu vollständigen Flugverbots in den Kernstunden der Nacht bleibt die Verhältnismäßigkeit nur gewahrt, wenn das Konzept eines zum Kern der Nacht hin abschwellenden und danach wieder ansteigenden Flugverkehrs auch in diesem Zeitsegment durchgehalten wird. Absehbare tagähnliche Belastungsspitzen in den einzelnen Nachtrandstunden oder in längeren, insbes. kernzeitnahen Zeitabschnitten müssen deswegen in den jeweils betroffenen Überfluggebieten vermieden werden.

Zu korrigieren war das VGH, soweit es das Schutzkonzept des Planfeststellungsbeschlusses für gewerbliche Anlagen gebilligt hat. Der Schutz gewerblicher Anlagen ist im FluglärmG nicht geregelt. Es ist deshalb Aufgabe der Planfeststellungsbehörde, die fachplanerische Zumutbarkeitsgrenze fluglärmbedingter Beeinträchtigungen von Gewerbebetrieben selbst zu bestimmen und auf dieser Grundlage dem Vorhabenträger im Planfeststellungsbeschluss diejenigen Schutzmaßnahmen aufzuerlegen, die zur Sicherung der Benutzung der benachbarten Gewerbegrundstücke gegen Gefahren oder Nachteile notwendig sind. Das an die Kriterien des Arbeitsstättenrechts anknüpfende Schutzkonzept des Planfeststellungsbeschlusses genügt diesen Anforderungen nicht. Auch in diesem Punkt bedarf der Planfeststellungsbeschluss der Nachbesserung.

Im Übrigen hat der VGH die Entscheidung des beklagten Landes Hessen für den planfestgestellten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main zu Recht nicht beanstandet.

Linkhinweis:

Auf den Webseiten des BVerwG finden Sie die Pressemitteilung hier.

BVerwG PM Nr. 33 vom 4.4.2012
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