18.01.2021

Fristermittlung bei Insolvenzanfechtung: Zeitpunkt des Eintritts der rechtlichen Wirkungen der Sicherungsabtretung

Werden sämtliche Ansprüche aus einer Kapitallebensversicherung an ein Kreditinstitut zur Sicherung einer fremden Darlehensschuld abgetreten, ist die Zuwendung der Sicherheit an den persönlichen Schuldner mit der Abtretung vorgenommen.

BGH v. 17.12.2020 - IX ZR 205/19
Der Sachverhalt:
Im Dezember 1997 schloss der Ehemann der Beklagten (künftig: Schuldner) bei der H. eine Kapitallebensversicherung ab, welche bei Tod des versicherten Schuldners, spätestens aber am 1.12.2012, fällig werden sollte; bezugsberechtigt für den Todesfall war die Beklagte. Im November 2001 nahm diese zum Zwecke der Gründung einer ärztlichen Praxis bei der D. (künftig: Kreditinstitut) einen Kredit über 120.000 DM auf. Zur Sicherung der Rückzahlungsansprüche des Kreditinstituts trat der Schuldner seine Rechte aus der Lebensversicherung an das Kreditinstitut ab. Die Abtretung wurde dem Versicherer am 9.11.2001 angezeigt; das Bezugsrecht wurde widerrufen. Nach Eintritt des Sicherungsfalls zog das Kreditinstitut im Oktober 2007 einen Betrag i.H.v. ca. 13.200 € aus der Lebensversicherung ein, der dem Schuldsaldo der Beklagten gutgeschrieben wurde.

Der Schuldner verstarb am 17.5.2010. 2012 wurde das Insolvenzverfahren über seinen Nachlass eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt. Dieser verlangt von der Beklagten die Rückgewähr des deren Kreditkonto gutgeschriebenen Betrages. Das LG hatte seiner Zahlungsklage stattgegeben, das Berufungsgericht hatte das Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen.

Der BGH hat nun auch die Revision des Klägers abgewiesen.

Die Gründe:
Rückgewähransprüche aus § 143 Abs. 1 InsO stehen dem Kläger im Zusammenhang mit der Sicherungsabtretung der Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag durch den Schuldner an das Kreditinstitut im Jahr 2001 einerseits und der Verwertung der Sicherheit durch das Kreditinstitut und der Gutschrift des eingezogenen Betrags auf dem Kreditkonto der Beklagten im Oktober 2007 andererseits nicht zu.

Die Zuwendung der Sicherheit durch den Schuldner für den durch das Kreditinstitut der Beklagten gewährten Kredit ist nicht nach § 134 Abs. 1, § 129 InsO anfechtbar. Nach § 134 Abs. 1 InsO ist eine unentgeltliche Leistung des Schuldners anfechtbar, die innerhalb von vier Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden ist. Die Leistung ist vorliegend aber bereits im Jahr 2001 und somit außerhalb des Vierjahreszeitraums vorgenommen worden.

Mit Recht hat das Berufungsgericht den Zeitpunkt der Sicherungsabtretung zwischen dem Schuldner und dem Kreditinstitut im Jahr 2001 als maßgeblich für die Vornahme der Leistung erachtet.

Wann eine Leistung im Sinne von § 134 Abs. 1 InsO als vorgenommen gilt, bestimmt sich nach § 140 InsO. Maßgeblich ist nach dessen Absatz 1 der Zeitpunkt, in dem die rechtlichen Wirkungen einer Rechtshandlung eintreten. Bei mehraktigen Rechtshandlungen treten die rechtlichen Wirkungen der Rechtshandlung mit dem letzten zur Erfüllung ihres Tatbestandes erforderlichen Teilakt ein. Bei der Vorausabtretung einer (künftigen) Forderung ist dies das Entstehen der zedierten Forderung.

Anderes gilt für die Abtretung einer aufschiebend bedingten Forderung, wenn der Zessionar eine gesicherte Rechtsposition an der abgetretenen Forderung erlangt. Diese Forderung entsteht dann nicht erst mit dem Eintritt der Bedingung. Allerdings befindet sich während des Schwebens der Bedingung das vollwirksame unbedingte Recht noch nicht im Vermögen des bedingt Berechtigten, wohl aber die bedingte Forderung, die rechtlich gesicherte und geschützte, abtretbare und pfändbare Anwartschaft auf das Recht. Eine solche Anwartschaft bildet einen Vermögensgegenstand, der schon mit der Abtretung und nicht erst mit dem Eintritt der Bedingung aus dem Vermögen des Leistenden ausscheidet.

Nach diesen Maßstäben sind die rechtlichen Wirkungen der Sicherungsabtretung bereits mit der Abtretung eingetreten und hat der Schuldner mithin die Leistung bereits im Jahr 2001 erbracht.
 
BGH online
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