01.10.2013

Für Fahrten zwischen Wohnung und Feuerwache ist auch bei einem Berufsfeuerwehrmann die Entfernungspauschale anzusetzen

Die Feuerwehrwache, der ein Berufsfeuerwehrmann ausschließlich zugeordnet ist und die er an jedem seiner Arbeitstage von seinem Wohnort aus zur Ableistung seines Schichtdienstes regelmäßig anfährt, stellt auch unter Berücksichtigung der neueren Rechtsprechung des BFH (Urteile vom 22.9.2010, VI R 54/09 und vom 9.6.2011, VI R 58/09) die regelmäßige Arbeitsstätte i.S.d. § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 EStG dar. Bei den Werbungskosten kann daher lediglich die Entfernungspauschale angesetzt werden.

Schleswig-Holsteinisches FG 24.6.2013, 5 K 233/12
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist Berufsfeuerwehrmann. Er war im Streitjahr bei der Stadt A beschäftigt und ausschließlich der Hauptfeuerwehrwache zugeordnet war. Die Wache fuhr der Kläger im Rahmen seines Schichtdienstes, den er in der Regel von 7:30 Uhr bis 7:30 Uhr am darauffolgenden Tag ableistete, im Streitjahr von seinem Wohnort aus an 83 Tagen an. Von dort aus nahm der Kläger an Einsätzen zur Lebensrettung, zum Löschen von Bränden oder zur Gefahrgutbeseitigung teil. Nach Beendigung der Einsätze kehrte er regelmäßig zur Wache zurück. Ansonst verrichtete er während der Dienstzeit nach einem genauen Dienstplan auf der Wache Werkstattdienste, machte Fahrzeugkontrollen und Fahrzeugreinigung sowie Wachreinigung. Ferner nahm er an Ausbildungs- und Sporteinheiten teil. In den Abend- und Nachtstunden - am Wochenende zum Teil auch tagsüber - sah der Dienstplan für den Kläger Bereitschaftszeit vor.

In seiner Einkommensteuererklärung machte der Kläger für die insgesamt 83 Fahrten zur Hauptfeuerwehrwache Werbungskosten als Reisekosten bei Auswärtstätigkeit geltend gemacht und legte seiner Berechnung die Entfernungskilometer für Hin- und Rückfahrt zu Grunde. Er ist der Ansicht, dass die Feuerwehrwache nach der neueren Rechtsprechung des BFH nicht seine regelmäßige Arbeitsstätte darstelle. Der ortsgebundene Mittelpunkt der dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit bestimme sich nach den qualitativen Merkmalen der Arbeitsleistung. Der qualitative Schwerpunkt der Tätigkeit eines Berufsfeuerwehrmanns liege aber vor Ort bei den jeweiligen Einsätzen. Demgegenüber fielen die Bereitschaftszeit und die in der Feuerwehrwache ausgeübten Tätigkeiten qualitativ nicht ins Gewicht. Dem folgte das Finanzamt nicht und berücksichtigte für die 83 Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte lediglich die Entfernungspauschale.

Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Das Urteil ist rechtskräftig.

Die Gründe:
Das Finanzamt hat die Fahrten des Klägers von seinem Wohnort zur Hauptwache zu Recht als Fahrten zwischen Wohnort und regelmäßiger Arbeitsstätte angesehen, so dass sie lediglich mit der Entfernungspauschale zu berücksichtigen waren.

Die Feuerwehrwache ist die regelmäßige Arbeitsstätte des Klägers i.S.d. § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 EStG. Bei der Wache handelt es sich um eine ortsfeste dauerhafte betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers des Klägers, die der Kläger auch mit Nachhaltigkeit aufgesucht hat. Die Wache ist auch der ortsgebundene Mittelpunkt der Tätigkeit des Klägers, an der er typischerweise schwerpunktmäßig tätig wurde. Er muss während der gesamten 24-Stunden Schicht grundsätzlich in der Wache anwesend sein; dort werden auch wichtige Arbeiten zur Erhaltung der Einsatzfähigkeit der Feuerwehr verrichtet. Meldungen für die Einsätze laufen in der Wache auf; nach Beendigung eines Einsatzes kehrt der Kläger auch regelmäßig zur Wache zurück.

Auch in zeitlicher Hinsicht verbringt der Kläger in der Regel mehr Zeit auf der Wache als in den Einsätzen. Erst die ständige, nur durch die Einsätze unterbrochene Anwesenheit des Klägers und seiner Berufskollegen auf der Wache gewährleistet die Funktionsfähigkeit und ständige sofortige Einsatzbereitschaft der Berufsfeuerwehr. Anders als beispielsweise ein Betriebsprüfer im Finanzamt sucht der Kläger daher die Wache auch nicht nur gelegentlich auf, um etwa in geringfügigem Umfang an Dienstbesprechungen oder Verwaltungstätigkeiten teilzunehmen. Vor diesem Hintergrund liegt der ortsgebundene qualitative Mittelpunkt der Tätigkeit in der Feuerwehrwache, auch wenn das Außenbild eines Feuerwehrmanns von der eigentlichen Einsatztätigkeit des Löschens von Bränden, der Lebensrettung oder der Gefahrgutbeseitigung geprägt ist.

Selbst dann, wenn man als ein weiteres Kriterium für eine "regelmäßige Arbeitsstätte" darauf abstellte, ob der Arbeitnehmer sich in unterschiedlicher Weise auf die immer gleichen Wege einstellen und auf eine Minderung seiner Wegekosten - etwa durch Bildung von Fahrgemeinschaften, Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel oder ggf. durch Wohnsitznahme - hinwirken kann, ist dieses Kriterium im Streitfall erfüllt.

Linkhinweis:

Schleswig-Holsteinisches FG NL vom 30.9.2013
Zurück