15.09.2021

Für Folgeansprüche aus der Verletzung einer Unionsmarke sind die Unionsmarkengerichte ausschließlich zuständig

Auch aus der behaupteten Verletzung einer Unionsmarke resultierende Folgeansprüche (hier: Erstattung von Abmahnkosten) sind Unionsmarkenstreitsachen i.S.d. Art. 124 lit. a) UMV. Für Sachentscheidungen über Folgeansprüche sind deshalb die Unionsmarkengerichte ausschließlich zuständig.

OLG Hamm v. 10.6.2021 - 4 U 23/21
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist Inhaberin einer Unionsmarke der Nizza-Klassen 41 und 44. Sie hatte die Beklagte im Frühjahr 2020 wegen einer behaupteten Verletzung dieser Marke aufgrund von Verwechslungsgefahr abgemahnt. Die Beklagte gab daraufhin ohne Anerkennung einer Rechtspflicht eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab. Die Klägerin beantragte erstinstanzlich beim LG Bielefeld die Erstattung der ihr für die Abmahnung entstandenen außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten.

Das LG wies die Klage ab. Zur Begründung führte das Gericht aus, eine Verwechslungsgefahr mit der nationalen deutschen Marke der Klägerin bestehe nicht. Die Klägerin beantragte nunmehr, das Urteil aufzuheben und den Rechtsstreit an das LG Düsseldorf als Unionsmarkengericht zu verweisen. Hiermit hatte sie vor dem OLG Erfolg.

Die Gründe:
Der Rechtsstreit ist eine Unionsmarkenstreitsache i.S.d. Art. 124 lit. a) UMV (Unionsmarkenverordnung), weil die Klägerin Ansprüche aufgrund einer behaupteten Verletzung einer für sie eingetragenen Unionsmarke geltend macht. Von dieser Bestimmung umfasst sind nicht nur Verletzungsverfahren im engeren Sinne, sondern auch Folgeansprüche, z.B. auf Erstattung von Abmahnkosten.

Das LG Bielefeld war vorliegend nicht zur Sachentscheidung befugt, weil das Unionsmarkengericht erster Instanz - hier das LG Düsseldorf - ausschließlich zuständig ist. Die Zuständigkeit konnte deshalb nicht durch eine (stillschweigende) Gerichtsstandsvereinbarung oder durch rügeloses Verhandeln zur Hauptsache begründet werden.

Der Senat war vorliegend für die Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil zuständig, weil die Vorschrift des Art. 133 Abs. 1 UMV nur für Berufungen gegen Entscheidungen der Unionsmarkengerichte erster Instanz greift und das LG Bielefeld gerade kein solches ist. Gleichwohl konnte der Senat nicht in der Sache entscheiden, weil gem. Art. 123 Abs. 1 UMV nur eine "möglichst geringe Anzahl nationaler Gerichte" die in der Unionsmarkenverordnung definierten Aufgaben wahrnehmen sollen. Diese Bestimmung ist teleologisch dahingehend auszulegen, dass ausschließlich Unionsmarkengerichte erster und zweiter Instanz Sachentscheidungen in Unionsmarkenstreitsachen treffen dürfen.

Der Senat konnte das erstinstanzliche Urteil allerdings aufheben und den Rechtsstreit analog § 281 Abs. 1 ZPO an das LG Düsseldorf als Unionsmarkengericht erster Instanz verweisen. § 513 Abs. 2 ZPO steht dem nicht entgegen. Die Vorschrift ist unionsrechtskonform einschränkend dahingehend auszulegen, dass in Fällen wie diesem in der Berufungsinstanz geprüft wird, ob das erstinstanzliche Gericht zu Unrecht seine Zuständigkeit in einer Unionsmarkenstreitsache angenommen hat.

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