20.09.2013

GbR-Gesellschafter haften allein auf das Interesse und nicht persönlich auf Unterlassung ("Markenheftchen II")

In Fällen, in denen eine vertragliche Unterlassungsverpflichtung einer GbR besteht, haften ihre Gesellschafter regelmäßig allein auf das Interesse und nicht persönlich auf Unterlassung, falls die Gesellschaft das Unterlassungsgebot verletzt. Wird zudem eine Unterlassungserklärung für eine GbR abgegeben, nachdem sie vom Gläubiger abgemahnt wurde, ist es grundsätzlich nicht treuwidrig, wenn sich ihre Gesellschafter darauf berufen, dass für sie keine vertragliche Unterlassungspflicht begründet wurde.

BGH 20.6.2013, I ZB 201/11
Der Sachverhalt:
Der Kläger und die B. sind Verlage, in denen Briefmarkenkataloge für Briefmarkensammler, Händler und Auktionshäuser erscheinen. Sie verwenden in ihren Katalogen jeweils ein Nummernsystem, das es den Sammlern ermöglicht, die einzelnen Briefmarken allein anhand einer individuellen Nummer zuzuordnen. Im Verlag des Klägers erscheinen die sehr bekannten Briefmarkenkataloge "M". Der Beklagte ist im Unternehmen der B. für den Vertrieb der Kataloge verantwortlich. Zuvor war er einer der beiden Gesellschafter der P-GbR. Der damalige anwaltliche Vertreter dieser GbR hatte im August 1998 in deren Namen eine strafbewehrte Unterlassungserklärung hinsichtlich der Briefmarken-Katalognummern der "M"-Kataloge unterzeichnet.

Im Juli 2006 veröffentlichte die B. in erster Auflage ihren "Markenheftchen-Spezial-Katalog BUND 2006". Für die in den Markenheftchen enthaltenen Briefmarken gibt die B. nach ihrer Klassifizierungsnummer ebenfalls jeweils die Nummer des Klägers an. Dieser hielt die Klammerzusätze für urheber- und wettbewerbsrechtlich unzulässig. LG und OLG gaben der Klage auf Unterlassung und Auskunftserteilung statt. Auf die Revision der Beklagten hob der BGH das erste Berufungsurteil auf und wies die Sache an das OLG zurück (Urt. v. 19.5.2010, Az.: I ZR 158/08, "Markenheftchen I").

Das OLG hat daraufhin die Klage gegen die B. abgewiesen und die Verurteilung des Beklagten hinsichtlich Unterlassung und Auskunftserteilung bestätigt. Auf die weitere Revision des Beklagten hob der BGH das zweite Berufungsurteil auf und wies die Klage gegen den Beklagten insgesamt ab.

Gründe:
Zu Unrecht hatte das OLG angenommen, dass der Beklagte unabhängig von seiner Stellung als Gesellschafter der P-GbR auch persönlich an die Unterlassungserklärung gebunden ist.

Die Unterlassungserklärung wurde ausschließlich im Namen der P-GbR abgegeben. Soweit der Beklagte für die Verbindlichkeiten dieser Gesellschaft auch persönlich haftet, ist der jeweilige Bestand der Gesellschaftsschuld analog § 128 HGB also auch für seine persönliche Haftung maßgebend. Er haftete daher für die Verbindlichkeiten der P-GbR in deren jeweiligem Bestand grundsätzlich unbeschränkt und persönlich. Allerdings hat die Unterlassung durch einen Gesellschafter zwangsläufig einen anderen Inhalt als diejenige der Gesellschaft. Denn der Gesellschafter persönlich kann nicht unmittelbar für eine strafbewehrte Verpflichtung der Gesellschaft in Anspruch genommen werden, die darauf gerichtet ist, eine Handlung zu unterlassen. Er haftet vielmehr im Regelfall allein auf das Interesse des Gläubigers, falls die Gesellschaft das Unterlassungsgebot verletzt.

Infolgedessen hatte der Beklagte im Rahmen seiner Haftung als Gesellschafter dafür einzustehen, dass die P-GbR ihre Unterlassungsverpflichtung einhielt. Eine von dieser unabhängige Verpflichtung in eigener Person hatte er nicht übernommen. Die Gesellschaftsgläubiger können die Gesellschafter nur für die von der Gesellschaft geschuldete Leistung in Anspruch nehmen.

Entgegen der Ansicht des LG war eine von dieser Rechtslage abweichende Auslegung der Unterlassungserklärung mit der Folge einer persönlichen Verpflichtung des Beklagten nicht deshalb geboten, weil die BGH-Rechtsprechung sich erst im Jahr 2001 der Akzessorietätstheorie angeschlossen hat. Denn schon bei Unterzeichnung der Erklärung im Jahr 1998 unterschied der BGH zwischen der Verpflichtung der Gesellschaft als Gesamthand und der persönlichen Haftung ihrer Gesellschafter. Und auch die Grundsätze von Treu und Glauben gem. § 242 BGB geboten keine Erstreckung der Unterlassungsverpflichtungserklärung auf den Beklagten persönlich. Denn wird eine Unterlassungserklärung für eine GbR abgegeben, nachdem sie vom Gläubiger abgemahnt wurde, ist es grundsätzlich nicht treuwidrig, wenn sich ihre Gesellschafter darauf berufen, dass für sie keine vertragliche Unterlassungspflicht begründet wurde.

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