28.08.2019

Gerichtsstand nach Art. 31 Abs. 1 Satz 1 Buchst. b CMR

Der Gerichtsstand gem. Art. 31 Abs. 1 Satz 1 Buchst. b CMR ist auch für den gegen den Haftpflichtversicherer des Frachtführers nach dem insoweit anwendbaren nationalen Recht (hier: Art. 822 § 4 des Polnischen Zivilgesetzbuchs) gegebenen Direktanspruch des Absenders oder des Empfängers oder - aus übergegangenem Recht - ihres Versicherers eröffnet.

BGH v. 29.5.2019 - I ZR 194/18
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist der Versicherer der D. Internationale Spedition s.r.o. (Versicherungsnehmerin). Diese war von der V-AG mit dem Transport von 15.840 Einlassventilen für die Motorenproduktion von Mailand nach Salzgitter beauftragt worden und hatte ihrerseits den in W. in Polen geschäftsansässigen Beklagten zu 1), dessen Güterschaden-Haftpflichtversicherer die in Wa. in Polen ansässige Beklagte zu 2) ist, mit dem Transport unterbeauftragt. Bei der Anlieferung der Ware am 13.5.2015 durch den von der Beklagten zu 2) weiter unterbeauftragten polnischen Transporteur Da. G. wurden Schäden am Transportgut festgestellt, die die Klägerin reguliert hat.

Im vorliegenden Rechtsstreit nimmt die Klägerin die beiden Beklagten als Gesamtschuldner aus abgetretenem Recht der Versicherungsnehmerin auf Schadensersatz i.H.v. rd. 11.000 € nebst Zinsen in Anspruch. Sie beruft sich dabei hinsichtlich der Beklagten zu 2) auf die Bestimmung des Art. 822 § 4 des Polnischen Zivilgesetzbuchs. Nach dieser Vorschrift steht dem Geschädigten ein Direktanspruch gegen den Haftpflichtversicherer des Schädigers zu.

Die Beklagte zu 2) rügte die internationale Zuständigkeit des von der Klägerin angerufenen LG Braunschweig. Dieses ordnete die abgesonderte Verhandlung über die Zulässigkeit der Klage an und sprach mit Zwischenurteil aus, dass die Klage zulässig und das angerufene LG Braunschweig international, sachlich und örtlich zuständig ist. Die Berufung der Beklagten zu 2) blieb vor dem OLG ebenso ohne Erfolg wie die vorliegende Revision vor dem BGH.

Die Gründe:
Das OLG hat mit Recht angenommen, dass sich die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte im Streitfall aus Art. 31 Abs. 1 Satz 1 Buchst. b CMR ergibt.

Soweit Bestimmungen der CMR gem. Art. 28 CMR auch für Ansprüche von Personen gelten, die nicht als Absender, Frachtführer oder Empfänger am Beförderungsvertrag beteiligt sind, ist auf diese Ansprüche Art. 31 Abs. 1 CMR ebenfalls anwendbar. Die Regelungen des Art. 31 Abs. 1 CMR gelten ferner für Klagen gegen Hilfspersonen des Frachtführers i.S.d. Art. 3 CMR. Der Anwendungsbereich des Art. 31 Abs. 1 Satz 1 Buchst. b CMR beschränkt sich allerdings auf Ansprüche, die mit dem Beförderungsvertrag noch in einem hinreichend engen Zusammenhang stehen. Erfasst werden dabei jedenfalls Ansprüche von und gegen Personen, die an der Beförderung als solcher unmittelbar beteiligt waren.

Nach diesen Maßstäben ist der Gerichtsstand gem. Art. 31 Abs. 1 Satz 1 Buchst. b CMR im Streitfall auch für den Direktanspruch eröffnet, den die Klägerin aus übergegangenem Recht ihrer als Frachtführerin von der Absenderin in Anspruch genommenen Versicherungsnehmerin gegen die Beklagte zu 2) als Haftpflichtversicherer des Beklagten zu 1) geltend macht. Die vom OLG in dieser Hinsicht vorgenommene Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

Für einen hinreichend engen Zusammenhang des gegen die Beklagte zu 2) als Güterschaden-Haftpflichtversicherer des Schädigers geltend gemachten Direktanspruchs mit dem Beförderungsvertrag spricht insbesondere der Umstand, dass die Anwendung des Art. 31 Abs. 1 Satz 1 Buchst. b CMR es dem Geschädigten ermöglicht, mehrere aus demselben Beförderungsvertrag herrührende Streitigkeiten vor den Gerichten eines einzigen Vertragsstaates abzuwickeln. Der Umstand, dass der im Wege einer Direktklage in Anspruch genommene Versicherer (hier: die Beklagte zu 2) sich möglicherweise allein oder auch zusätzlich auf Einwendungen aus dem Versicherungsverhältnis zu seinem Versicherungsnehmer berufen kann, löst den Zusammenhang mit dem Beförderungsvertrag nicht auf.

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