14.05.2013

Gesellschafter haben in der Regel auch nach ihrer Zugehörigkeit zur Gesellschaft Interesse an Feststellung der Unwirksamkeit eines Gesellschafterbeschlusses

Der Gesellschafter einer Personengesellschaft hat grundsätzlich ein Interesse an der Feststellung der Unwirksamkeit eines Gesellschafterbeschlusses. Dies gilt in der Regel auch über das Bestehen der Gesellschaft oder die Zugehörigkeit des Gesellschafters zu der Gesellschaft hinaus.

BGH 9.4.2013, II ZR 3/12
Der Sachverhalt:
Die Parteien sind Rechtsanwälte. Sie waren in einer Partnerschaftsgesellschaft verbunden. Der Kläger ist zwischen Einreichung und Zustellung der Klage im vorliegenden Verfahren zum 30.6.2010 ausgeschieden. Soweit in der Revisionsinstanz noch von Bedeutung wurden auf einer Gesellschafterversammlung am 19.5.2010 zwei Beschlüsse mit folgendem Wortlaut gefasst:
zu Top 9,
Herr Dr. H. [der Kläger] wird aufgefordert, die von ihm Anfang Mai 2010 von den Konten der Partnerschaft abgeräumten bzw. entnommenen Beträge über insgesamt Euro 85.000,00 unverzüglich, bis spätestens 28.5.2010, an die Partnerschaft zurückzuzahlen.
zu Top 10
Herr Dr. H. [der Kläger] wird aufgefordert, die von ihm bereits aus den Kanzleiräumen entfernten Original-Akten, insbesondere die am Wochenende des 15./16.5.2010 aus der Kanzlei beiseite geschafften Akten in die Kanzleiräume zurückzubringen; dies gilt vor allem, soweit sie Angelegenheiten betreffen, bei denen der Partnerschaft Ansprüche (zum Beispiel auf Auslagenerstattung) zustehen können.

LG und OLG wiesen die Klage, mit der der Kläger die Feststellung begehrt, dass diese Beschlüsse nichtig sind, hilfsweise, dass sie keine Rechtswirkung entfalten, insoweit ab. Auf die hiergegen gerichtete Revision des Klägers hob der BGH das Berufungsurteil insoweit auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurück.

Die Gründe:
Die Klage ist zulässig. Insbes. sind die Voraussetzungen des § 256 Abs. 1 ZPO erfüllt.

Entgegen der Auffassung des OLG ist es für das Bestehen eines Feststellungsinteresses nicht erforderlich, dass die in den Gesellschafterbeschlüssen enthaltenen Aufforderungen eine Rechtspflicht begründen. Der Gesellschafter einer Personengesellschaft hat grundsätzlich ein Interesse i.S.v. § 256 Abs. 1 ZPO an der Feststellung der Unwirksamkeit eines Gesellschafterbeschlusses. Das ergibt sich schon aus seiner Zugehörigkeit zu der Gesellschaft. Er muss es nicht hinnehmen, dass über die Wirksamkeit eines Gesellschafterbeschlusses Rechtsunsicherheit besteht.

Dies gilt grundsätzlich auch über das Bestehen der Gesellschaft oder die Zugehörigkeit des Gesellschafters zu der Gesellschaft hinaus. Daher hat auch der nach der Beschlussfassung ausgeschiedene Gesellschafter im Regelfall ein fortwirkendes Feststellungsinteresse. Es kann dahinstehen, ob Sachverhalte denkbar sind, bei denen mit dem Ausscheiden ein Feststellungsinteresse entfällt. Denn die in den Beschlüssen enthaltenen Aufforderungen zur Rückzahlung von Geld und zur Rückgabe von Akten sollten ersichtlich nicht mit dem Ausscheiden des Klägers aus der Gesellschaft hinfällig werden.

I.Ü. handelt es sich bei den zu Top 9 und Top 10 beschlossenen Aufforderungen nicht nur um eine unverbindliche Meinungsäußerung der Gesellschafter ohne Rechtsfolgewillen, sondern um die verbindliche Feststellung von bestimmten Handlungspflichten des Klägers. Dieser Regelungscharakter innerhalb der Gesellschaft genügt jedenfalls, um ein Interesse des Klägers an der Feststellung der Unwirksamkeit der Beschlüsse zu rechtfertigen.

Der Beschluss war aufzuheben und die Sache an das OLG zurückzuverweisen, damit es die noch notwendigen tatrichterlichen Feststellungen treffen kann.

Linkhinweis:

  • Der Volltext der Entscheidung ist auf den Webseiten des BGH veröffentlicht.
  • Um direkt zum Volltext zu kommen, klicken Sie bitte hier.
BGH online
Zurück